NBA

Renaissance der Totgeglaubten

Von Philipp Dornhegge
Mit purer Willenskraft führte Dirk Nowitzki seine Mavericks zum Sieg gegen die Utah Jazz
© Getty

Man sollte die Dallas Mavericks nie abschreiben. Nach vier Niederlagen in Folge war man schon fast geneigt, das Team von Dirk Nowitzki für dieses Jahr aufzugeben. Zu Unrecht, denn nach einem sehenswerten Offensivspektakel beim 115:108-Sieg gegen die Utah Jazz ist Dallas wieder da.

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Dallas gegen Utah - da war doch was? Richtig, beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Westteams im Dezember wurde Dirk Nowitzki derart hart angegangen, dass der Deutsche sich zu einem Schwinger gegen Forward Matt Harpring hinreißen ließ und vom Platz flog.

Nowitzki wurde daraufhin für ein Spiel gesperrt. Es war nicht das erste Mal, dass dem 30-Jährigen gegen die Jazz die Nerven durchgegangen waren.

Diesmal vor heimischer Kulisse sollte ihm das jedoch nicht passieren. Stattdessen zahlte es Nowitzki seinem "Lieblingsgegner" auf dem Platz heim. Und wie: 39 Punkte, überirdische 16 von 20 aus dem Feld, 8 Rebounds - der Deutsche machte erneut ein überragendes Spiel.

Dass die Mavs das Spiel für sich entschieden, lag aber nicht allein an Nowitzki: Guard Jason Terry steuerte 22 Zähler bei und in Brandon Bass (17) hatte Dallas nach dem erneuten Ausfall von Josh Howard den so dringend benötigten dritten Scorer. Zudem punkteten auch Antoine Wright und Routinier Jason Kidd (je 11) zweistellig.

Einbruch nach Nowitzkis Auswechslung

Von Anfang an war Dallas hellwach und konnte dem Spiel gleich den Stempel aufdrücken. Das physische Spiel der Jazz schien Nowitzki überhaupt nicht zu stören, der Deutsche erzielte neun schnelle Punkte. "Wir haben permanent den Korb attackiert und uns so auch zweite und dritte Chancen erarbeitet", gab Kidd ansschließend zu Protokoll. "Das müssen wir beibehalten."

Beim Stand von 17:12 mit 3:56 auf der Uhr nahm Utah seine erste Auszeit. Die Jazz wechselten Andrei Kirilenko ein und schalteten defensiv einen Gang höher. Nowitzki nahm für den Moment auf der Bank Platz.

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Und prompt ließen die Mavs nach: In den restlichen vier Minuten des ersten Viertels erzielte Dallas keinen Punkt mehr und vergab neun Würfe in Folge. Mit 17:23 ging es in die Pause. Im zweiten Viertel zunächst das gleiche Bild: Utah punktete dreimal in Folge und ging erstmals zweistellig in Führung.

Doch wie aus dem Nichts lief es wieder bei Dallas, ein Fastbreak brachte den zuvor schwachen Terry ins Spiel, der von da an wie aufgedreht spielte: Der vielleicht beste sechste Mann der Liga war einmal mehr Nowitzkis kongenialer Partner. Insbesondere mit dem direkten Zusammenspiel der beiden Topscorer kam Utah überhaupt nicht zurecht.

Beide Teams mit Problemen in der Defense

Zunächst jedoch blieb es ein enges Spiel. Das lag vor allem daran, dass Dallas seinerseits Probleme in der Defensive hatte. Wie zuletzt ließen die Mavs auch gegen Utah zu viele leichte Punkte zu. Mit 55:51 endete die erste Hälfte.

Im dritten Viertel ließ keins der beiden Teams einen Lauf des Gegners zu, Terry und Nowitzki auf der einen, Deron Williams (30 Punkte) auf der anderen Seite lieferten sich zu Beginn einen wahren Shootout.

Williams war derart gut aufgelegt, dass sich Dallas' Wright Mitte des Viertels nur noch mit einem Tritt in die Weichteile des Point Guards zu helfen wusste - der war zwar unbeabsichtigt, tat deshalb aber nicht weniger weh.

Die Aktion zeigte Wirkung, für den Rest des Viertels erzielte Williams keine Punkte mehr. Utah blieb dennoch im Spiel, denn mit einer weiteren Verschnaufpause für Nowitzki geriet das Offensivspiel der Mavs abermals ins Stocken.

Nowitzki verlässt verletzt die Halle

Im vierten Viertel überschlugen sich dann die Ereignisse: Sechs Minuten vor dem Ende schien den Jazz plötzlich die Puste auszugehen. Nowitzki erzielte seine Punkte 34 und 35, Dallas ging mit 97:90 in Führung.

Aber noch immer gab Utah nicht auf. Zwei Dreipunktspiele von Ronnie Brewer (14) und ein Dreier von Mehmet Okur (23) hielten das Team aus dem Mormonenstaat im Spiel. Hinzu kam, dass sich Nowitzki beim Blockversuch gegen Okur den Ellenbogen überdehnte und für kurze Zeit angeschlagen wirkte.

Nowitzki schüttelte die Blessur ab, und brachte sein Team mit einem krachenden Dunk auf die Siegerstraße. Aber kurz darauf die nächste Schrecksekunde: Beim Stande von 104:99 mit dreieinhalb Minuten auf der Uhr knickte der Deutsche ohne Einwirkung des Gegners um und musste zur Behandlung in die Katakomben des American Airlines Center. Die Halle war schlagartig mucksmäuschenstill, die Fans sahen den Sieg aus den Händen der Mavs gleiten.

Doch nicht Dallas, sondern Utah gelang plötzlich nichts mehr. Außer fünf Freiwürfen von Williams blieben die Jazz für drei Minuten ohne Punkte. Terry und Kidd - der zu seinen 11 Punkten 7 Rebounds, 15 Assists und 4 Steals verzeichnete -  nahmen das Ruder in die Hand und hielten die Mavs auf Kurs.

Terry versetzt Jazz den Gnadenstoß

Als dann kurz vor Schluss Nowitzki zurückkehrte, gab es auf dem Feld und auf den Rängen kein Halten mehr: Die Fans drehten durch und Terry gab den Jazz mit einem Dreier aus der linken Ecke den Gnadenstoß.

"Ich musste nur ein paar Schritte im Tunnel machen, um wieder locker zu werden", spielte Nowitzki seine Verletzung herunter. "Ich konnte nicht draußen bleiben, wir brauchten diesen Sieg unbedingt."

Dallas hatte Utah in einem atemberaubend schnellen Spiel, in dem beide Teams über 50 Prozent aus dem Feld trafen und Traumwerte von der Freiwurflinie (23/26 bzw. 22/24) aufwiesen, in die Knie gezwungen.

Playoffrennen spitzt sich zu

"Dieses Spiel mussten wir uns einfach holen", freute sich Coach Rick Carlisle. "Die mentale Stärke, die wir heute gezeigt haben, will ich aber in jedem Spiel sehen." Mit dem Erfolg gegen ihren direkten Konkurrenten bleiben die Mavericks weiter im Rennen um die Playoffplätze im Westen.

Zwar sind die Mavs weiter nur Neunter, haben aber nur noch einen Sieg weniger als die Jazz (24-17). Außer den Lakers (31-8) sind auch alle anderen Teams weiter in Reichweite.

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