NBA

Der Nowitzki-Cocktail

Von Haruka Gruber
Nowitzki, Dirk, Dallas, Mavericks, Los Angels, Lakers
© Getty

München - Die Aussagen sind ungewohnt deutlich und fordernd. Selbst etwas Kritik an seinen ehemaligen Mitspielern ist zu vernehmen, wenn Dirk Nowitzki den Weg in die Öffentlichkeit sucht.

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Beispiel 1: "Die Leute reden sich den Mund fusselig, wann der richtige Zeitpunkt für uns ist, Meister zu werden. Ich sage: Nicht nächstes, nicht übernächstes Jahr, der richtige Zeitpunkt ist im Hier und Heute. Wir wollen dieses Jahr Meister werden."

Beispiel 2: "In den letzten Jahren habe ich einen Teamkollegen wie Steve Nash vermisst, der mir die Pässe auf dem Silbertablett serviert. Daher freue ich mich so sehr über Jason Kidds Wechsel zu uns."

Zurückhaltung war gestern, angesichts der durchwachsenen Saison der Mavs (40 Siege, 23 Niederlagen) haut Nowitzki auf den Putz und profiliert sich als Rädelsführer einer ansonsten verunsicherten Mannschaft - Kidd eingeschlossen.

"Dirk weiß eben, dass wir ein höheres Level erreichen müssen. Und deswegen treibt er uns so an", sagt Coach Avery Johnson. Nowitzki als Einpeitscher. Nowitzki als amtierender MVP in MVP-Form. Seine vergangenen elf Partien in Zahlen: 30,7 Punkte und 9,2 Rebounds im Schnitt.

Es bleibt jedoch die Frage nach dem Warum. Warum präsentiert sich Nowitzki plötzlich derart stabil? Warum war dies zu Beginn der Saison nicht der Fall? In vier Schritten analysiert Scouting-Experte David Thorpe für SPOX.com die Wandlung des 29-Jährigen.

Der Wurf

Es wäre die naheliegende Erklärung: Kidd kommt, Nowitzki trifft. Die Wurfquote des Deutschen vor dem Trade: 46,7 Prozent. Nach dem Trade: 52,4.

"Ich glaube dennoch nicht, dass Dirk derart von Kidd profitiert, wie es viele Experten behaupten", sagt Thorpe.>

"Dirks Wurf war ja schon immer phänomenal, in letzter Zeit wirkt er jedoch fokussierter, er glaubt mehr an seine Stärken. Ich habe den Eindruck, dass Dirk umso effizienter spielt, je näher die Playoffs rücken."

Die Ausrechenbarkeit

Anfang der Saison von Johnson regelrecht dazu oktruiert, sich auf den Spielaufbau und Assists zu konzentrieren, kehrte Nowitzki - auch schon vor dem Kidd-Trade - zu seinem basketballerischen Selbst zurück. Distanzwürfe hier, Post-up-Moves da, fertig ist der Nowitzki-Cocktail.

Thorpe: "Schon vor der Saison bin ich davon ausgegangen, dass sich Dirk vor allem am Korb verbessert. Mittlerweile hat er eine sehr gute Mischung gefunden: Er erzwingt im rechten Moment eigene Würfe, passt, wenn es sein muss, und bindet Verteidiger auch mal in der Zone. Und was am meisten fasziniert: Er ist noch nicht am Zenit. Er wird weiter besser werden. "

Die Verteidigung

"Da gibt es nichts Neues bei ihm. Die Defense ist ordentlich bis gut, mehr aber auch nicht", sagt Thorpe. Kann sich Nowitzki in der Verteidigungsarbeit etwas zurücklehnen, weil mit Kidd ein hervorragender Rebounder dazugestoßen ist? "Für einen Power Forward ist es relativ egal, wie gut ein Spielmacher am Brett arbeitet", so Thorpe, der vielmehr zu Bedenken gibt: "Dass Dallas für Kidd auch DeSagana Diop ziehen ließ, könnte sich als Bumerang erweisen."

Warum? "Wenn Jamaal Magloire nicht die Lücke füllen kann, wird Nowitzki häufiger in der Zone aushelfen müssen. Und das kostet Energie für die Postseason."

Die Führungsqualitäten                                                  

Über zwei Wochen trägt Kidd das Mavericks-Trikot, der Leader ist aber nach wie vor Nowitzki. "Ich glaube nicht daran, dass sich Kidd in der Zukunft als absoluter Lautsprecher profiliert und Nowitzki den Rang abläuft. Beide sind Superstars, beide werden sich gegenseitig helfen und die Verantwortung teilen", so Thorpe.

Er gibt jedoch zu Bedenken: "Was helfen zwei Führungsköpfe, wenn es dennoch nicht für den Titel reicht? Wenn Dallas einfach zu schlecht ist? Wenn andere Teams wie die Spurs, die Lakers oder die Suns talentierter sind?", sagt Thorpe.

Sein Fazit: "Wenn ich ehrlich sein soll: Es sieht ganz danach aus, als ob es für Dallas nicht reicht."

David Thorpe arbeitet als NBA-Analyst für ESPN.com und ist Geschäftsführer des Pro Training Centers, einem Basketball-Zentrum der IMG Academies in Bradenton, Florida, wo er die Weiterbildung von NBA- und College-Spielern beaufsichtigt. Zu seinen Schützlingen gehörten unter anderem Sacramentos Kevin Martin, Zweiter der letztjährigen Most-Improved-Player-Wahl, und Miami-Heat-Star Udonis Haslem.

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