NHL

Federer auf Kufen

Von Interview: Florian Regelmann
Dennis Seidenberg, Carolina Hurricanes
© Getty

München - Hätte Dennis Seidenberg gewollt, dann hätte er sich in diesen Tagen ganz in Ruhe auf den Start der Tennis-Saison und die Australian Open vorbereiten können.

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Seidenberg war nicht nur im Eishockey hoch talentiert, sondern konnte auch die gelbe Filzkugel mehr als unfallfrei übers Netz peitschen. Eine Tennis-Karriere wäre möglich gewesen, doch der 26-Jährige entschied sich anders.

Auch wenn der Einzelsport Tennis sicher viele Vorteile gebracht hätte - zum Beispiel könnte ihn sein Coach nicht einfach auf die Tribüne verbannen - Seidenbergs Wahl war die richtige.

Der Verteidiger spielt seine siebte Saison in der NHL und ist diese Saison bei den Carolina Hurricanes auf dem Weg zum Stammspieler und vielleicht zum Stanley Cup.

Im SPOX.com-Interview spricht Seidenberg über Visum-Probleme, harte Hits und er klärt auf, wie es mit seinen Tennis-Künsten steht.

 

SPOX: Herr Seidenberg, wann haben Sie eigentlich das letzte Mal Tennis gespielt?

Dennis Seidenberg: Das letzte Mal habe ich mit meinem Bruder gespielt, als er mich im Sommer besucht hat. Es ist einfach schwer, jemanden zu finden, der den Ball zurückbekommt. Ich spiele vielleicht fünf Mal pro Sommer und das war's eigentlich. Ansonsten spiele ich jetzt auch schon lieber Golf.

SPOX: Kommen wir zur NHL. Sie hatten vor einigen Wochen Probleme mit dem Visum. Was war da denn los?

Seidenberg: Mein normales Visum ist vor ein paar Jahren abgelaufen. Seitdem hatte ich eine Sondererlaubnis. So lange ich Übersee nicht verlasse und nicht nach Deutschland oder Europa reise, sollte alles ok sein. Dann waren wir in Montreal und als wir nach Carolina zurückgekommen sind, hieß es plötzlich, dass es so nicht geht. Dann haben Sie mich zwar rein gelassen, aber ich musste nach Toronto, um alles zu regeln. Dann bin ich dort zum US-Konsulat und habe meine Papiere abgegeben. Normalerweise dauert das einen Tag, aber der Computer ist irgendwie abgestürzt und ich musste vier Tage in Toronto bleiben. Jeden Tag bin ich aus dem Hotel ausgecheckt und dann später wieder eingecheckt. Das war richtig langweilig.  

SPOX: Sie haben gerade eine Serie von Auswärtsspiele hinter sich. Wie vertreibt man sich denn da so die Zeit? Ist Ihr bester Freund die Playstation?

Seidenberg: Bei mir eigentlich nicht so. Viele haben die Playstation dabei, aber ich lese lieber oder schaue einen Film.

SPOX: Wie sind Sie zufrieden mit Ihrer Situation in Carolina?

Seidenberg: Im Moment läuft es gut und ich bin sehr zufrieden. Davor habe ich zwar auch gut gespielt, aber es ist einfach so, dass Carolina eine Mannschaft mit vielen älteren Spielern hat und man traut sich nicht so, diese draußen zu lassen. Ich muss geduldig bleiben und dann sieht es auch für die nächsten Jahre gut aus. 

SPOX: Was ist das schwerste an Ihrer Rolle?

Seidenberg: Mental ist es nicht einfach, durch die Saison zu kommen. Du wirst raus genommen, obwohl Du gespielt hast. Dann kommt man aus dem Rhythmus, ein paar Spiele später wird man wieder eingesetzt und muss ihn wieder finden, das ist das schwierigste.

SPOX: Sie haben noch kein Saisontor auf dem Konto. Aber auch als Verteidiger muss man mal einen rein schießen - gerade im Power Play.

Seidenberg: Es ist einfach schwer, von der blauen Linie ein Tor zu schießen. Da braucht man auch mal etwas Glück, dass dem Goalie die Sicht versperrt wird, sonst ist es fast unmöglich. Zurzeit habe ich das Glück nicht, irgendwann wird aber hoffentlich einer wieder rein gehen.

SPOX: Lebt der Traum vom Stanley Cup diese Saison besonders?

Seidenberg: Auf jeden Fall. Mit Philadelphia war ich mal relativ nahe dran. Mal schauen, was diese Saison mit Carolina möglich ist.

SPOX: Sie sind ein richtig physischer Spieler geworden, der auch gerne harte Hits austeilt.

Seidenberg: Mir gefällt das körperliche Spiel. Gegen Tampa Bay habe ich einen Spieler über die Bande auf unsere Bank gecheckt. Mittlerweile wiege ich auch 96 Kilo, ein bisschen mehr, als zu der Zeit, als ich noch Tennis gespielt habe... 

SPOX: Gibt es in der Mannschaft einen besonderen "Fitness-Freak"?

Seidenberg: Rod Brind'Amour ist unglaublich durchtrainiert. Der ist echt Tag und Nacht im Kraftraum. 

SPOX: Wenn Sie zurückblicken auf Ihre jetzt schon sieben Jahre in Amerika. Erst in Philadelphia, dann in Phoenix, jetzt Carolina, wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Seidenberg: In Philadelphia anfangs ein Hoch, gegen Ende mehr ein Tief. In Phoenix am Anfang wieder ein ziemlich gutes Hoch, es war natürlich etwas Besonderes mit Wayne Gretzky als Coach. Zum Schluss ging es aber wieder runter. In Carolina ist es jetzt auch ein Auf und Ab. Wenn ich gespielt habe, haben sie mir auch viel Eiszeit gegeben. Und dann haben sie mich aber wieder ohne Grund raus genommen. Es geht immer hoch und runter. 

SPOX: Wie ist das Leben in Carolina?

Seidenberg: Es ist total anders als Philadelphia oder Phoenix. Philly ist natürlich eine Großstadt, wo man viel unternehmen konnte. Phoenix mit Sonne und Palmen war dann eigentlich wie im Urlaub abseits vom Eishockey. Die Gegend hier in Carolina ist schön, aber es ist wirklich sehr, sehr ruhig. Gut fürs Familienleben...

SPOX: Wie viel Kontakt haben Sie noch nach Deutschland?

Seidenberg: Die letzten zwei Jahre bin ich nicht mehr nach Hause gekommen. Ich habe eine amerikanische Freundin. Aber per Telefon habe ich ständig Kontakt, vor allem mit meinem Bruder. 

SPOX: Ihr Bruder Yannick spielt in Ingolstadt eine gute Saison. Vielleicht könnten sie mal beide in der NHL spielen.

Seidenberg: Hoffentlich. Darüber nachgedacht hat er auf jeden Fall. Jetzt muss er einfach den richtigen Zeitpunkt finden und es probieren. Das wäre natürlich eine Riesensache, wenn das klappen würde.

SPOX: Sie hoffen natürlich, mit Carolina weit zu kommen, aber Sie würden auch gerne mal wieder für Deutschland spielen, oder?

Seidenberg: Wenn es passt und wir früh ausscheiden sollten, dann würde ich sehr gerne wieder in der Nationalmannschaft spielen.

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