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PERFECT SEASON!

Von Florian Regelmann
New England Patriots, NFL, Bruschi
© Getty

München - Tom Brady ballte nicht die Faust, Bill Belichick sprang nicht in die Arme seiner Assistenztrainer, Rodney Harrison weinte nicht.

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Diese Bilder sind für Super-Bowl-Triumphe reserviert. Die Körpersprache der New England Patriots nach ihrem dramatischen 38:35-Sieg bei den New York Giants und der geschafften Perfect Season sagte alles.

Sie haben Geschichte geschrieben, mehrfach, eine sensationelle Leistung vollbracht, aber wenn sie am 3. Februar 2008 in Arizona nicht auch den Super Bowl holen, ist alles nichts wert. Vor allem sind die Pats dann auf keinen Fall das beste Team aller Zeiten. Denn die Miami Dolphins von 1972 gingen damals den Weg zu Ende.

Beeindruckendes Comeback

Die Patriots sind sich dessen bewusst. "Es ist eine schwierige Situation. 16-0 bedeutet nicht wirklich viel, aber es bedeutet sehr viel", sagte Brady (32/42, 356 Yards, 2 TDs). Es ist ein Widerspruch in sich selbst, aber ein in diesem Fall stimmiger.

Die Patriots bewiesen im Giants Stadium eindrucksvoll, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Ihre ganzen Kantersiege während der Saison waren faszinierend. Aber die Qualitäten eines echten Champions demonstrierte das Team im letzten regulären Saisonspiel mit einem atemberaubenden Comeback.

9 Minuten und 12 Sekunden waren im dritten Viertel noch zu spielen, als sich viele, oder soll man sagen alle TV-Zuschauer verwundert die Augen rieben.

Giants mit 12 Punkten vorne 

Giants-Quarterback Eli Manning, "Mister Fumble" höchstpersönlich, der in den vergangenen Wochen desaströs agierte, sah plötzlich wie sein Bruder Peyton aus.

Sein 19-Yard-Touchdown-Pass auf Plaxico Burress brachte die Giants mit zwölf Punkten in Führung (28:16). Es lief nicht rund bei New England.

Offensiv musste man sich zu diesem Zeitpunkt statt mit Touchdowns mit drei Field Goals von Stephen Gostkowski zufrieden geben. Die Special Teams hatten beim 74-Yard-Kickoff-Return-Touchdown von Domenik Hixon versagt und überhaupt schien man total überrascht, dass die Giants nach allen Diskussionen während der Woche keinen ihrer Stars schonten und völlig von jedem Druck befreit ihr bestes Saisonspiel zeigten.

In Miami freute man sich schon auf den kalt gestellten Champagner. Es sah tatsächlich so aus, als würde es nichts werden mit der Perfect Season. Doch dann taten die Patriots das, was Champions eben tun. Sie schlugen zurück.

Spektakulär - Brady auf Moss

Ein 6-Yard-Run von Laurence Maroney verkürzte den Rückstand auf fünf Punkte (23:28). Die Defense machte ihren Job und beim nächsten Ballbesitz schickte Brady Randy Moss auf die Reise. 65 Yards zum Touchdown. Oft gesehen diese Saison, aber immer wieder spektakulär. Touchdown-Pass Nummer 50 für Brady - zack, neuer Rekord. Touchdown-Reception Nummer 23 für Moss - zack, neuer Rekord.

Peyton Manning und Jerry Rice waren als Rekordhalter abgelöst, aber noch viel wichtiger: New England hatte das Spiel gedreht. Die Two-Point-Conversion gelang auch, es hieß 31:28.

Nun war klar, dass die Patriots nicht mehr zu besiegen sein würden. Ein weiterer Touchdown-Lauf von Maroney baute die Führung auf 38:28 aus. Den vierten Touchdown-Pass von Eli Manning (den zweiten auf Burress) konnten die Pats locker verschmerzen. Die Giants versuchten es noch mit einem Onside-Kick, aber Mike Vrabel sicherte den Ball und die Perfect Season war perfekt.

Großer Tag für Belichick

Im Vorbeigehen stellte New England auch noch mit 589 Punkten einen neuen Scoringrekord auf.

Sogar der stoische Belichick gab zu, dass man sich nun den Luxus von ein paar freien Tagen leisten werde. Für den Coach war der Erfolg ein ganz spezieller.

Der 55-Jährige erlebte ausgerechnet in dem Stadion, in dem er zwölf Jahre für die Giants und Jets gearbeitet hatte, aber auch in dem Stadion des Spionage-Skandals, einen ganz großen Tag.

Eines ist allerdings auch offensichtlich: Der Druck für die Patriots wird immer größer. Sollten sie nicht den vierten Super Bowl in sieben Jahren holen, es wäre mehr als eine Enttäuschung. Es wäre eine Katastrophe.

Kunstwerk noch nicht vollendet

16-0 ist bemerkenswert, aber was New England wirklich im Sinn hat, ist zu einer echten Dynastie zu werden. "Es fühlt sich gut an, aber wir wissen, was noch vor uns liegt", so Brady, bevor er in die Kabine schritt.

Noch ist es wie ein schönes, aber nur fast vollendetes Kunstwerk von Michelangelo. Aber noch drei Siege, dann ist es vollendet. Die Jubel-Bilder werden kommen. Die obligatorische Gatorade-Dusche, das Tragen auf den Schultern.

19-0 plus Lombardi-Trophy und Super-Bowl-Ring, erst dann ist die Mission der New England Patriots beendet.

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