NBA

Gesicht gesucht

Von Haruka Gruber
Foye, Randy
© Getty

München - Er ist noch immer allgegenwärtig. Auch wenn er bereits vor zwei Monaten aus dem kalten Minnesota wegzog, auch wenn er sich in seinem neuen Zuhause in Boston bereits heimisch fühlt: Kevin Garnett ist bei den Timberwolves nach wie vor omnipräsent.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Es fühlt sich seltsam an, obwohl er schon vor einigen Wochen getradet wurde. Kevin war so lange das Gesicht der Franchise", beschreibt etwa Randy Foye im Gespräch mit SPOX.com die Stimmung im Klub. "Ich werde ihn sehr vermissen. Er war mein Mentor, mein Vorbild, mein großer Bruder."

Der Mega-Deal, durch den Garnett für sieben Spieler an die Atlantik-Küste zu den Celtics gespült wurde, mag Ende Juli vonstattengegangen sein - die Nachwehen des größten Trades für einen einzelnen Spieler in der NBA-Geschichte sind weiterhin spürbar.

Tausche Masse gegen Garnett

Garnett war Minnesota. Minnesota war Garnett. Zwölf Jahre lang. Wie kaum ein anderer Spieler vor ihm bestimmte der Power Forward das Schicksal einer gesamten Franchise.

Wegen ihm etablierten sich die Wolves als Playoff-Team, wegen seines 126-Millionen-Vertrags war es gleichzeitig aber auch nicht möglich, der Mannschaft die benötigte Frischzellenkur zu verpassen.  Seit 2004, nach acht Playoff-Teilnahmen in Serie, qualifizierte sich Minnesota nicht mehr für die Postseason.

Daher kam der Umbruch nicht ganz überraschend. Überraschend war nur, dass es die Wolves in Gestalt von General Manager Kevin McHale nicht  verstanden haben, für einen zukünftigen Hall-of-Famer wie Garnett mehr herauszuschlagen als einen bunten Strauß an mehr oder minder befähigten Talenten, den Vertrag  von Theo Ratliff sowie zwei Draft-Picks.

Jungspunde unter sich

Coach Randy Wittman nimmt seinen Vorgesetzten gegenüber SPOX.com aber ausdrücklich in Schutz. "Natürlich kann man jede Entscheidung hinterfragen. Aber wir mussten den Neuanfang einleiten. Und das geht nun mal am besten mit hungrigen Spielern, Salary-Cap-Flexibilität und Picks."

In der Basketball-Executive-Volkshochschule mag dies gelehrt werden, dennoch sind Zweifel an den kurz- wie mittelfristigen Perspektiven der Wolves angebracht. Foye und Neuzugang Al Jefferson sind hoch veranlagt, sie werden aber noch eine Weile brauchen, um konstant auf hohem Niveau zu spielen. Neben den beiden stehen weitere sechs Spieler im Kader, die jünger sind als 25 Jahre.

Den Zweiflern zum Trotz: Playoffs im Blick

Besonders knifflig wird es für Foye. Letzte Saison galt noch als Schnupperjahr, urplötzlich ist der Nummer-sieben-Pick von 2006 als Franchise-Player gefragt. Für ihn aber kein Problem. "Auch wenn Kevin geblieben wäre, hätte ich eine größere Rolle gespielt. Jetzt habe ich die Chance, etwas besonderes aus der Situation zu machen", sagt der Combo-Guard.  "Ich liebe es regelrecht, dass uns keiner beachtet und etwas zutraut. Ich bin mir sicher, dass wir jeden überraschen werden."

Ähnlich sein Trainer. Auf die Frage, ob die Playoffs schon vor der Saison abgeschrieben sind, antwortet Wittman: "Um Gottes willen. Natürlich gibt es etliche Skeptiker, dennoch können wir einiges erreichen. So eine Zielsetzung ist auch wichtig, sonst gibt man den Jungen eine Entschuldigung. Wenn wir als Mannschaft spielen, können wir mit jedem Gegner mithalten."

Wiedersehen in London

Und damit die grundsanierte Truppe, wie es sich Wittman wünscht, zueinanderfindet, kommt das derzeit stattfindende Trainingslager in der Türkei und England im Rahmen der "NBA Europe Live Tour" gerade recht.

Zehn Tage lang werden die Spieler gemeinsam reisen, trainieren, ausgehen - und Vorbereitungsspiele absolvieren. Eines davon findet übrigens am 10. Oktober in London statt, der Gegner heißt Boston Celtics - mit einem gewissen Kevin Garnett.

Es mögen bereits Wochen vergangen sein, das frühere Gesicht der Timberwolves bleibt nun mal allgegenwärtig.

Artikel und Videos zum Thema