Bomber, March Madness und junge Götter

Von Fatih Demireli/Oliver Wittenburg
Rafati, Dortmund, Barca: Das war das Fußball-Jahr 2011
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M wie March Madness: Im März geht's drunter und drüber in der Bundesliga. Mal eine Liste der Neu-Anmeldungen im Arbeitsamt gefällig? Dieter Hoeneß, Michael Skibbe, Armin Veh, Bernd Hoffmann, Louis van Gaal, Felix Magath. Letzerer meldete sich aber gleich wieder an. Und auch Christoph Daum sagte auch mal kurz Hallo und macht jetzt große Karriere in Belgien.

N wie Neuer, Manuel: Ungeteilt ist die Meinung, dass der Torhüter wohl derzeit der Beste seiner Zunft ist - international. Geteilt waren aber die Ansichten darüber, dass Manuel Neuer zum FC Bayern wechseln sollte oder nicht. Es waren nicht nur die Schalker Fans, die freilich ihr Aushängeschild nicht verlieren wollten. Aber es waren auch vor allem die Fans des FC Bayern München, die den Ur-Schalker nicht in ihren Reihen haben wollten. Sie rebellierten gegen ihr eigenes Idol Uli Hoeneß, gingen per Sprechchöre und Spruchbänder gegen den Transfer vor. Als der Transfer nicht mehr verhindert werden konnte, stellten sie einen Kodex auf, an den sich Neuer zu halten hat: Kein Trikotküssen, kein Humba-Humba mit den Fans, etc. Inzwischen ist Neuer beim FC Bayern angekommen.

O wie O lala! Auch in diesem Jahn wurden wieder einige schöne Tore erzielt. Die FIFA hat die zehn schönsten Tore ausgesucht und zur Wahl gestellt. Im Finale stehen Neymar (Video), Messi (Video) und Rooney (Video) - am 9. Januar wird der Sieger gekürt. Auch diese Tore standen zur Auswahl: Benjamin de Cuelaer, Zlatan Ibrahimovic, Heather O'Reilly, Lisandro Lopez, Giovani Dos Santos, Dejan Stankovic, Julio Gomez. Und euer Favorit?

P wie Psyche: Fast jedes Spiel von Hannover 96 erinnert doch irgendwie immer noch an Robert Enke und dessen Schicksal hat uns immer noch im Griff. 2011 gab es leider zu viele Gelegenheiten, dass wir uns an dieses Drama erinnern mussten. Markus Miller, einer der Nachfolger von Robert Enke in Hannover, meldete sich vom Profi-Fußball für eine Zeit ab, weil ein Burn-out dem Schlussmann zu schaffen machte. Gleiches gilt für Ralf Rangnick. Martin Fenin, uns bekannt als Frohnatur, erlitt nach einem Fenstersturz Hirnblutungen und bekannte sich später zu seiner Depression. Spätestens der Suizidversuch von Babak Rafati sollte allen Beteiligten in Erinnerungen führen, dass der Fußball eigentlich immer noch ein Sport ist und eigentlich die Menschen glücklich machen sollte. Nicht umgekehrt.

Die Verlierer des Jahres 2011

Q wie Quälix: Felix Magath scheint ein wenig das Glück verlassen zu haben. Sein Blitzwechsel im Frühjahr von Schalke nach Wolfsburg hatte durchaus Charme, aber die erhoffte Wirkung erzielten bisher weder der VfL Wolfsburg noch Magath selbst. Der Erfolg hält sich in Grenzen und Magath wird sich wieder damit behelfen, was er am besten kann: Spielertransfers. Aber zu behaupten, dass sich der Meistertrainer 2009 auf einem absteigenden Ast befindet, wäre dennoch übertrieben: Champions-League-Viertelfinale mit Schalke und Klassenerhalt mit Wolfsburg - es gibt Trainer, die in ihrer Vita weniger erreicht haben.

R wie Ralle: Sollte Ralf Rangnick mal eine Autobiographie schreiben - ihm würden wir es immerhin zutrauen, selbst zur Feder zu greifen -, dann würden die Ereignisse des Jahres 2011 sicherlich ein fettes Kapitel ergeben. In Hoffenheim schmiss er zu Neujahr die Brocken hin, weil man seinen besten Spieler Luiz Gustavo hinter seinem Rücken an die Bayern verscherbelte. Dann wollte er eigentlich ausgiebig ausspannen, ließ sich aber schon im Frühjahr von Schalke zum Comeback überreden, weil man dort den Schinderhannes, also Magath, satt hatte. Schließlich streckte er schon in der Anfangsphase der neuen Saison die Waffen. Burnout! Was für ein Jahr.

S wie Süper Lig im Sumpf: Eines Morgens klingelte es an der Tür von Aziz Yildirim. Wer da? Die Polizei. Sie führten den Präsidenten des türkischen Rekordmeisters Fenerbahce ab. Zeitgleich statteten Einheiten "Organisiertes Verbrechen" weitere Besuche ab. Bei den Vizepräsidenten Fenerbahces, beim Präsidenten von Sivasspor, dem Torhüter von Sivasspor. Der Trainer und Sportdirektor von Eskisehirspor - und viele andere. Über 100 Personen wurden bis heute vernommen, viele wurden freigelassen, doch sehr viele sitzen in Haft. Am 14. Februar startet der Prozess im Manipulationsskandal, der den türkischen Fußball heimgesucht hat. Fenerbahce soll Gegner manipuliert haben, um den 18. Titel zu holen. Besiktas steht unter Verdacht, das Pokalfinale manipuliert zu haben und gab vorsorglich die Trophäe sogar zurück an den Verband. Die Anklageschrift, mit all ihren Zusatzdokumenten und Beweisstücken, ist längst in den Händen der Medien. Wenn Staatsanwalt Mehmet Berk nicht phantasiert hat, dann gute Nacht, türkischer Fußball!

T wie Tschüss: Einige liebgewonnene Haudegen verabschiedeten sich im Frühjahr aus der Bundesliga. Und es gehört sich einfach, noch mal darauf hinzuweisen, dass die heimische Szene ohne sie schon ein bisschen ärmer geworden ist. Wir vermissen: Miro Klose, Torsten Frings und Frank Rost.

U wie Untergang: Name, Tradition, frühere Erfolge, Kader - alles spricht dafür, dass sie in die erste Liga gehören, doch Klubs wie Deportivo La Coruna, AS Monaco, Sampdoria Genua oder West Ham United stiegen in diesem Jahr in die Zweitklassigkeit ab und versuchen - einer mehr, einer weniger erfolgreich - in die Eliteklasse zurückzukehren. Die größte Erschütterung erlebte die Fußball-Welt aber sicher mit River Plate. Der traditionsreiche Klub aus Argentinien musste nach 80 Jahren Erstklassigkeit absteigen. Als im Playoff-Rückspiel gegen Zweitligist Atletico Belgrano quasi feststand, dass River Plate absteigen wird, kam es zu wüsten Szenen im Monumental-Stadion. Gut sieht es aus, was den direkten Wiederaufstieg betrifft: River Plate, ab sofort mit Neuzugang David Trezeguet, steht auf einem Aufstiegsplatz.

V wie Villa, brennende: Es war eine Tragödie. Ein junger Mensch wurde aufgrund von schweren Verletzungen immer wieder daran gehindert, seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: Fußballspielen. Es war jedes Mal eine Sisyphus-Arbeit für Breno, sich wieder heranzukämpfen und dann doch einen Rückschlag zu erieiden. Dann brannte auch noch im September die Villa des zweifachen Familienvaters aus. Verletzt wurde niemand, geschockt waren alle. Die Bestürzung wurde um ein Vielfaches erhöht, als die Staatsanwaltschaft wegen Brandstiftung ermittelte: gegen Breno! Zwei Wochen saß der Youngster in Untersuchungshaft, ist aktuell gegen Kaution auf freiem Fuß. Das Jahr scheint - zumindest ein kleines bisschen - versöhnlich für Breno zu enden: Das Landesgericht München erlaubt dem Brasilianer, mit seiner Mannschaft ins Trainingslager nach Katar zu fliegen, nachdem der erste Vorstoß abgelehnt wurde. Der nächste Schritt Richtung Normaliät.

W wie Wiederwahl: Sepp Blatter regiert nicht nur einen Staat im Staat, er lebt auch in seiner eigenen Welt. In einer Welt, in der Gutsherrenart, Chauvinismus und Gefälligkeiten unter Freunden völlig okay sind. Weshalb es Blatter auch nicht mehr als ein müdes Lächeln kostet, seine Kritiker - die ihm Gutsherrenart, Chauvinismus und Korruption vorwerfen - einfach links liegen zu lassen. Doch das Schönste an Blatters Welt: Dort leben ausschließlich alte Männer, die entweder selbst Dreck am Stecken haben oder das Interesse an dreckigen Stecken unterwegs verloren haben. Und das reicht locker für eine Wiederwahl als FIFA-Präsident. Glückwunsch, Sepp! Die Tassen hoch!

Y wie Young Gods: Da bekommt Erich Ribbeck Tränen in den Augen! Der deutsche Fußball hat in diesem Jahr vor allem seine Jüngsten gefeiert. Marco Reus, Mario Götze, Toni Kroos, Andre Schürrle - die Nationalmannschaft ist voller junger Götter. Die U 17 ist bei der WM in Mexiko Dritter geworden und auch da kommen einige vielversprechende Talente hoch. Am wenigsten Sorgen muss sich der deutsche Fußball aber weiter um seine Torhüterposition haben: Dass Torhüter im Alter immer besser werden, ist Schnee von gestern. Marc-Andre ter Stegen und Ron-Robert Zieler werden ins kalte Wasser geschmissen und schwimmen gleich prächtig. Kevin Trapp aus Kaiserslautern und Bernd Leno sind die nächsten Granaten. Und vergessen wir ja den Sven Ulreich nicht. Doch sie alle haben Unglück im Unglück und dieser heißt Manuel Neuer.

Z wie Zwanziger: Dr. Theo ist ein reiner Gutmensch. Und er legt Wert darauf, dass das auch alle mitbekommen. Und so geriet ihm auch die Ankündigung sein Rücktritts ein ganz klein wenig eitel. Das jedenfalls behaupteten seine Kritiker. Dr. Theo selbst freilich erklärte, er habe durchaus Gründe für Art und Zeitpunkt seiner Mitteilung, kurz zusammengefasst nämlich in etwa, dass er ein reiner Gutmensch sei. Fakt ist jedenfalls: 2012 ist Schluss für Zwanziger, Wolfgang Niersbach wird neuer DFB-Präsident. Befreit von seinem Amt widmet sich Dr. Theo übrigens fortan dem Kampf gegen das Böse.