Alles richtig gemacht! Prost!

Von Dietmar Lüer
Sebastian Vettel überzeugt in dieser Saison bislang
© getty

Mit seinem Wechsel zu Ferrari überraschte Sebastian Vettel viele Fans und Experten. Doch die Kritiker sind mittlerweile verstummt. Der Weltmeister überzeugt bei der Scuderia. Ein fiktives Gespräch.

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Ich hatte einen Traum. Einen Traum über die Formel 1 und ihre Piloten. Die folgende Geschichte ist zwar fiktiv, doch ich bilde mir ein, es genau so geträumt zu haben.

Wie immer nach einem Formel-1-Rennen sitze ich in meiner Lieblingsbar in Monaco und genehmige mir einen Single-Malt, als mir jemand auf die Schulter tippt. Ich drehe mich um und dort steht kein geringerer als Sebastian Vettel, der mich auch sofort anspricht.

"Sag mal, bist du nicht der HSV_in_Portugal, der Blogger von SPOX, der im letzten Jahr so schlecht über mich gesprochen hat?", fragt er.

"Mal ehrlich Seb, willst du mir jetzt auf die Nüsse gehen, weil ich letztes Jahr die Wahrheit über dich geschrieben habe? Pass auf, du bezahlst ne Flasche Single-Malt und ich erkläre dir, wie ich das gemeint habe und wie ich das aktuelle Jahr sehe."

Dann haben wir uns gemeinsam an einen leeren Tisch mit bequemen Sesseln gesetzt. Seb hat uns einen leckeren Highland eingeschenkt.

Einfach Glück gehabt?

"Klar, du bist vierfacher Weltmeister, das ist aller Ehren wert. Doch zu Red-Bull-Zeiten gab es für deine Kritiker doch die wundervolle Angriffsfläche, dass du nur mit dem stärksten Auto vorne weg fahren kannst und deshalb Weltmeister geworden bist. Ich muss zugeben: Hin und wieder sah das auch so aus. Nicht, dass ich dir deine Titel madig machen will, man muss ja auch erst einmal ins Ziel kommen.

Als du dann im letzten Jahr nur Murks auf die Strecke gebracht hast und dies größtenteils mit einem schlechten Auto und anderen unsinnigen Ausreden wegargumentiert hast, wo dir auf der anderen Seite der absolute Neuling, Daniel Ricciardo, um die Ohren gefahren ist, habe ich ernsthaft an dir gezweifelt und dich in die Schublade "Glück gehabt und jahrelang im richtigen Auto gesessen" gepackt. Du hast dich wie eine Zicke benommen, unmotiviert und lustlos. Ich hätte dir im letzten Jahr keinen Pfenning Gehalt gezahlt, das war für die Zuschauer visuelle Körperverletzung, was du da gezeigt hast. Das Jahr kannst du getrost als gebrauchtes Jahr bezeichnen!

Daumen hoch für den Wechsel

Das erste Mal, dass ich wirklich geglaubt habe, dass du Eier hast, als du den Wechsel zu Ferrari verkündet hast. Einem Team, das irgendwie mitfuhr und eigentlich nur dank Fernando Alonsos, zu selten aufblitzendem, Können mal ein paar Pünktchen einfuhr. Dabei schien es, als wenn es auch kommunikativ sehr sauber mit Red Bull Racing ablief, doch haben alle - inklusive mir - dich irgendwie belächelt. Sonnenscheinfahrer wechselt zu einem Team, bei dem Geld verbrannt wird und das trotzdem nichts auf die Reihe bekommt. Dazu noch ein Iceman, der ein Schatten seiner früheren Tage war. Ferrari eben ... und da wechselt jemand hin, der eigentlich nur im schnellsten Auto etwas zustande bringt. Das versprach viele Sprüche und Ausreden am Mikro.

Eins kannst du mir glauben, ich hatte schon die bissigsten Kommentare im Kopf, mit denen ich dich in diesem Jahr eindecken wollte.

Doch dann kommt es komplett anders, als man es sich in den kühnsten Träumen ausgerechnet hat. Du wirktest in den Tests vor der Saison motiviert, angriffslustig und sogar wirklich schnell. Der Versuch vorsichtig optimistisch zu sein, wurde von der Erfahrung torpediert, dass die Tests oft nicht wirklich etwas darüber aussagen, was in der Saison passiert. Ok, eins hattest du erreicht: Ich war neugierig.

Starke Leistungen in dieser Saison

Dann das erste Rennen und du fährst wie der Teufel. Training top, perfekt in der Quali und im Rennen mal so richtig ne Marke in den Asphalte gebrannt - sofort aufs Podium. Spätestens ab da hatte ich wieder Bock F1-Rennen zu schauen, du warst wieder so heiß wie der Ausschnitt der Grid-Girls!

Dann das zweite Rennen und du gewinnst das Ding. Sogar aus eigener Kraft. Oh Mann, ich glaube, da hast du dir durch diesen Sieg bei deinen Kritikern mehr Respekt erarbeitet als bei manchem WM-Titel.

Danach folgten auch fast nur Podiumsplätze, so gut wie immer hast du das Maximum aus dem Auto geholt, Ferrari an die zweite Stelle der Teams katapultiert und der Iceman endlich wieder mit echter Pace an deiner Seite.

Parallelen zu Schumi

Italien liegt dir zu Füßen. Es erinnert stark an Schumi, als er zu den Roten wechselte. Da hat ihn auch jeder belächelt und es nicht verstanden.

Im Gegensatz zu Alonso hast du gezeigt, dass du ein Auto auch verstehst und es weiterentwickeln kannst, was für mich einen richtig guten Fahrer ausmacht.

Fassen wir also nochmal ganz nüchtern zusammen:

  • Dein Ex-Team fährt nur noch um die hinteren Punkteränge mit
  • Deinen Vorgänger und Doppelweltmeister Alonso siehst du nur bei Überrundungen und morgens beim Buffett im Fahrerlager
  • Du hast einen großen Anteil an dem Erfolg von Ferrari, DEM Kultteam in der F1, denn nur, wenn du hier Erfolg hattest, bist du ein ganz großer
  • usw.

Natürlich kannst du dieser Jahr nicht Weltmeister werden, dafür sind die Mercedes faktisch zu stark, doch Platz zwei der Teams und Platz drei der Fahrer sollte ein machbares und lohnenswertes Ziel sein.
Ich würde sagen alles richtig gemacht, Seb! Prost!"

Sebastian Vettel im Steckbrief