Pops Monster von der Bank

Von Sebastian Hahn
Boban Marjanovic spielt seit Sommer 2015 bei den San Antonio Spurs
© getty

Boban Marjanovic ist der wohl faszinierendste Rookie der NBA-Saison 2015/16. Ausgestattet mit den größten Händen im Profi-Basketball und einer Körpergröße von 2,21 Metern ist der Serbe mittlerweile Publikumsliebling bei den San Antonio Spurs und ein Social-Media-Phänomen. Dabei überzeugt der 27-Jährige eigentlich von Anfang an auf dem Court.

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Ray McCallum war das erste "Opfer" von Boban Marjanovic. Der Guard, der mittlerweile bei den Memphis Grizzlies spielt, besuchte im Herbst noch gemeinsam mit Spurs-Center Marjanovic ein Spiel der Arizona Wildcats. Der Serbe machte dabei ein Selfie auf dem er seine Hand um die Schulter von McCallum legt - und schon waren "Bobans Hände" über Nacht ein Hit im Internet. Denn die riesigen Pranken des Rookies könnten den Kopf von McCallum einfach mal in sich verschwinden lassen.

Das Foto auf Marjanovics Instagram-Account, seiner einzigen offiziellen Social-Media-Präsenz, stellte den Beginn der "Bobanmania" dar. Auf "Reddit" existiert ein eigener Thread mit dem Titel "Boban Holding Things", indem regelmäßig Fotos von dem gepostet werden, was der serbische Center alles so in seine Hände bekommt.

Auf Twitter kann ein User derweil für den Account "@DidBobanPlay" herausfinden, ob der Center denn bei dem jeweiligen Spiel der Spurs auf dem Feld stand oder nicht.

Im Januar mussten die Spurs eine Autogrammstunde des Centers vorzeitig schließen, weil statt 200 ganze 500 Fans aufliefen. "Ich kriege diesen ganzen Hype um mich nicht wirklich mit, ein paar Mal die Woche schicken mir Freunde ein paar Tweets, aber mehr auch nicht", erklärte der 2,21 Meter große Hüne bescheiden.

"Wandelndes Laborexperiment"

Mit so einem Kult um seine Person hätte er wohl vor Saisonbeginn nicht gerechnet. Im Juli wagt Marjanovic, der aus dem Stand locker den Ring berühren kann, den Sprung aus Europa nach San Antonio und verlässt damit Roter Stern Belgrad, wo er an der Seite vom deutschen Nationalspieler Maik Zirbes nicht nur den Meistertitel in Serbien, sondern auch den MVP-Award der heimischen Liga abräumt.

Boban Marjanovic: Gigantische Effizienz

16,6 Punkte und 10,7 Rebounds im Schnitt reichen Spurs-GM R.C. Buford, um den 27-Jährigen für ein Jahr und 1,2 Millionen Dollar an den Alamo zu holen. Der Plan ist einfach: Der Serbe soll den Platz von Tiago Splitter füllen, nachdem die Spurs den Brasilianer nach Atlanta getradet hatten, um Cap Space für LaMarcus Aldridge freizuschaufeln. Neben den Veteranen Boris Diaw und David West, sowie "Red Rocket" Matt Bonner komplettiert der Serbe damit die Frontcourt-Rotation hinter Duncan und Aldridge.

Eingewöhnungsprobleme hat der Serbe kaum, bereits früh versteht er sich klasse mit seinen Teamkollegen. "Er sieht zwar aus wie ein wandelndes Laborexperiment, aber er ist total nett und einfach ein lustiger Typ", erklärt etwa Shooting Guard Danny Green gegenüber Bleacher Report, nachdem er gemeinsam mit Marjanovic einen Werbespot für ein Autohaus gedreht hatte.

In der Rotation angekommen

Aber auch auf dem Platz macht Marjanovic mittlerweile auf sich aufmerksam. Im Januar gelingt ihm gegen Phoenix mit 17 Punkten und 13 Rebounds sein erstes Double-Double, sechs Tage später lässt er gegen Houston 13 Punkte und zehn Rebounds folgen. Zwar drückt ihm Coach Gregg Popovich das ein oder andere Mal noch ein "DNP-CD" rein, dennoch ist der Serbe immer öfter eine Option von der Bank.

Mit seinen großen Händen fängt er fast jeden Pass, zudem pflückt er alleine aufgrund seiner Größe einige wichtige Rebounds und belegt mit einer Reboundrate von 22,3 Prozent im Moment Platz 4 unter den Centern. Im Schnitt darf der "Schornstein von Kostolac", ein Spitzname, den er dem gleichnamigen größten Gebäude in Serbien verdankt, 8,6 Minuten aufs Feld und legt dabei 5,1 Punkte und 3,4 Rebounds bei einer Wurfquote von 58,4 Prozent auf.

Definitiv keine Zahlen, die einen vom Hocker hauen, auf 36 Minuten hochgerechnet kommt Marjanovic aber auf beeindruckende 21,3 Punkte und 14,1 Rebounds, garniert mit 1,5 Assists, 1,5 Blocks und einem Steal pro Spiel. Klar sind diese Hochrechnungen immer ein wenig schwammig, zeigen aber immerhin: Steht der Serbe auf dem Feld, macht er daraus sein Bestmögliches.

"Einfach nur glücklich"

"Ich bin einfach nur glücklich, dass ich meinem Team mit meinen Leistungen weiterhelfen kann. Wenn ich unter dem Korb stehe, dann will ich nicht irgendwas Verrücktes machen, sondern einfach punkten", bestätigt der Center gegenüber Bleacher Report diesen Eindruck.

Seine Usage Rate von 23,6 Prozent reicht für den fünften Platz unter den Centern, sein PER von 27,8 ist sogar der vierthöchste Wert der Liga. Auch wenn diese Werte mit zunehmender Spielzeit sicherlich etwas schwächer werden dürften, Marjanovic empfiehlt sich alleine aufgrund seiner Arbeitseinstellung für mehr Minuten in der Pop-Rotation.

Denn den Status als "Gym Rat" hat sich der Rookie, der 2010 in der Draft nicht berücksichtigt wurde, spätestens damit verdient, dass er als letzter Spieler die Halle verlässt. "Er arbeitet unglaublich hart an sich und versucht sein Spiel immer mehr zu verbessern und zu erweitern. Viele halten ihn für einen steifen Riesen, aber das ist er nicht", erklärt Teamkollege David West.

Mentor Tim Duncan

Zudem schaut sich der 27-Jährige immer mehr von Tim Duncan ab. "Du lernst von ihm einfach unfassbar viel und merkst, dass viele Dinge, die du machst, einfach unnötig sind, weil es viel einfacher geht. Er hat mein Spiel schon stark beeinflusst", lobt Marjanovic "The Big Fundamental", der vor allem nach einer Knieverletzung vor dem All-Star-Break intensiv mit dem Serben im Training arbeitete.

Denn im Moment macht Marjanovic noch den Großteil seiner Punkte in unmittelbarer Korbnähe und trifft dort fast drei Viertel seiner Versuche. Nicht mal 15 Prozent seiner Abschlüsse nimmt er außerhalb der Zone, auch wenn er seine Mitteldistanz-Würfe mit einer guten Quote von 41,9 Prozent trifft.

Extra-Schichten mit Becky Hammon

Das zeigt allerdings bereits: Marjanovic arbeitet an seinem Spiel und wird auf kurz oder lang auch ein vernünftiges Midrange-Game entwickeln, dass bei den Spurs enorm wichtig ist. Gregg Popovichs Big Men verfügen alle mindestens über einen ordentlichen Sprungwurf, die meisten sogar über einen Dreier.

Den wird Marjanovic wahrscheinlich nie entwickeln, schon jetzt orientiert er sich aber stark an dem Spiel Duncans und arbeitet stetig an seinen Basketball-Skills. In den letzten Wochen schob er Extra-Schichten mit Spurs-Assistant-Coach und Ex-WNBA-Point-Guard Becky Hammon, um sein Ballhandling zu verbessern und mehr als ein reiner Resteverwerter unter dem Korb zu sein.

Vergangene Woche erzielte er im Duell mit den Miami Heat ein neues Career-High von 19 Punkten und traf dabei neun von zwölf Würfen, fing sich aber trotzdem eine (nicht ganz ernstgemeinte) Schelte von Coach Popovich ein: "Für einen Rookie ist er ziemlich egoistisch, er sollte sich bei seinen Teamkollegen entschuldigen".

Trotzdem hat Marjanovic bei allem Hype um seine äußerliche Erscheinung mittlerweile gezeigt, dass er mehr als nur ein Internet-Phänomen ist. Vertragsverhandlungen mit den Spurs sollten bald anstehen.

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