Von Maklern und Modesündern

Von Sebastian Hahn
Ben McAdoo und Chip Kelly haben beide einen (neuen) Head-Coaching-Posten angetreten
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Philadelphia Eagles: Doug Pederson

Vorgänger: Chip Kelly

vorheriger Job: Offensive Coordinator, Kansas City Chiefs

Ein alter Bekannter übernimmt nach drei wilden Jahren unter Chip Kelly den Posten an der Seitenlinie in der "City of Brotherly Love". Doug Pederson spielte einst selbst als Quarterback bei den Eagles, jetzt soll der ehemalige Offensive Coordinator der Kansas City Chiefs genau auf dieser Position Philadelphias größtes Problem beheben. Chip Kelly holte im vergangenen Frühjahr Sam Bradford für Nick Foles nach Philly, der verletzungsanfällige ehemalige Top-Pick überzeugte in seiner ersten Saison aber nicht restlos. Auch, weil die O-Line der Eagles meistens von der gegnerischen Defense aufgefressen wurde.

"Sam ist ein Quarterback mit Qualität, er ist einer der besten der Liga. Und vor allem: Er ist ein Spieler, der in mein System passen würde", erklärte Pederson bei seiner Antritts-PK. Tatsächlich sind die Optionen für die Eagles rar gesät. In der Draft wird Philadelphia wahrscheinlich andere Personalsorgen beheben, in der Free Agency wären Brock Osweiler, Ryan Fitzpatrick oder Kirk Cousins zu haben - wobei Letzterer mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Washington verlängern wird. Bradford scheint also fast die einzige Option für Pederson zu sein - was aber auch nicht schlecht ist. Denn: Unter dem 48-Jährigen entwickelte sich Alex Smith zu einem Star-Quarterback, der fast ohne Fehler agierte und die Chiefs 2014 ohne einen einzigen Wide-Receiver-Touchdown beinahe in die Postseason geführt hätte. In diesem Jahr war er mit seiner Fähigkeiten außerhalb der Pocket einer der gefährlichsten Runner unter den QBs der Liga.

Tatsächlich läuten die Eagles mit der Verpflichtung von Pederson aber einen Neuanfang á la "Zurück in die Zukunft" ein. Denn Pederson spielte nicht nur für die Eagles, sondern war unter (dem jetzigen Chiefs-Coach) Andy Reid vier Jahre lang auch als Assistant Coach tätig und in seinen letzten beiden Jahren sogar Quarterback-Coach. Owner Jeffrey Lurie scheint sich an die erfolgreichen Zeiten unter Reid zu erinnern, die immerhin sechs Division-Titel, fünf NFC-Championship-Games und eine Super-Bowl-Teilnahme brachten, zu erinnern und will Philadelphia mit einem weniger futuristischen Ansatz als Kelly wieder zurück in die Erfolgspur bringen.

San Francisco 49ers: Chip Kelly

Vorgänger: Jim Tomsula

vorheriger Job: Head Coach, Philadelphia Eagles

Kaum wurde Chip Kelly in Philadelphia an der Ostküste vom Hof gejagt, kamen schon die ersten Gerüchte auf, dass die 49ers großes Interesse am ehemaligen College-Maestro der Oregon Ducks haben sollten. Nur traute eben niemand GM Trent Baalke zu, Coach Jim Tomsula nach nur einem Jahr als Head Coach, in dem Blaine Gabbert (!) den Großteil der Verantwortung als Starting-QB schulterte, wirklich schon zu entlassen. Baalke machte das aber trotzdem - und damit den Weg frei für den Mann, der seine Up-Tempo-Offense in der NFL salonfähig machte.

Kellys Stil mag enorm kontrovers sein, genau wie seine teilweise schwer zu verstehenden Kader-Umbauten. Fakt ist aber auch, dass die Eagles in seinen ersten beiden Jahren entweder in der Postseason oder knapp davor standen und er in diesem Jahr eine verletzungsgeplagte Truppe enorm lang im Playoff-Rennen hielt, auch wenn das von ihm zusammengestellte Roster sich so gar nicht mit seinem System anfreunden konnte.

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In San Francisco muss Kelly aber als allererstes eine Frage beantworten: Was geschieht mit Colin Kaepernick? Vor knapp drei Jahren war "Kaep" noch der Prototyp des modernen NFL-Quarterbacks, nach einem schwachen Saisonstart in diesem Jahr mit anschließender Verletzung inklusive Saison-Aus galt Kaepernick plötzlich als heißer Trade-Kandidat. Zuletzt gab es sogar Gerüchte um einen Trade zu den New York Jets.

Für Kelly könnte der angeschlagene Kaepernick dagegen genau der richtige Spieler sein. Am College hatte er mit Marcus Mariota einen Quarterback, der nicht nur gut passen, sondern eben auch rennen konnte. Die Read Option war in Philadelphia mit Nick Foles und Sam Bradford nie drin, vielleicht oder gerade deswegen ging Kellys Vision von seinen Eagles nie auf. Fakt ist aber auch: Versagt Chip auch bei den Niners, dürften andere NFL-Franchises ihn in den kommenden Jahren meiden.

Tampa Buy Buccaneers: Dick Koetter

Vorgänger: Lovie Smith

vorheriger Job: Offensive Coordinator, Tampa Bay Buccaneers

Lovie Smiths Entlassung war wohl die überraschendste nach Ende der Regular Season. Gut, die Buccaneers hatten auch im zweiten Jahr unter ihm nur den letzten Platz in der NFC South belegt, zwischendurch stand die Truppe um Rookie of the Year Jameis Winston und dem talentierten Wideout Mike Evans aber bei einer Bilanz von 6-6 und klopfte sogar an der Tür zu den Playoffs. Auch wenn die letzten vier Saisonspiele verloren gingen, Smith verbesserte sowohl die Defense, als auch die Offense in seinem zweiten Jahr als Head Coach bei den Bucs.

Aber GM Jason Licht entdeckte in der abgelaufenen Saison eben auch, dass ein vielleicht noch besser passender Mann an der Seitenlinie stand. Offensive Coordinator Dirk Koetter führte in seiner Premieren-Saison laut Pro Football Focus die fünftbeste Offense der Liga - obwohl Evans lange verletzt war und Winston seine erste Saison under Center spielte.

Mit einem wiedererstarkten Doug Martin als Running Back, Tight End Austin Seferian-Jenkins und eben Evans und Winston schein die Offense für die Zukunft gerüstet, eventuell legen die Bucs über die Draft noch in der Defense nach. Somit sind die Erwartungen an Koetter enorm hoch, als fünfter Head Coach in neun Jahren soll er endlich den Erfolg zurück nach Tampa Bay bringen.

Tennessee Titans: Mike Mularkey

Vorgänger: Ken Whisenhunt

vorheriger Job: Interims-Head-Coach, Tennessee Titans

Lange schien Chip Kelly der nahezu ideale Head Coach für die Titans zu sein, immerhin trainierte er Quarterback Marcus Mariota bereits am College bei den Oregon Ducks. Vor der Entlassung Kellys sollen die Titans sogar überlegt haben, Kelly per Trade von der Ostküste loszueisen. Nach der Unterschrift des Ex-Eagles-Coaches in San Francisco waren diese Überlegungen aber obsolet, Mariota selbst erklärte Paul Kuharsky von ESPN: "Das Front Office hat mich nach zwei Coaches gefragt: Mike Mularkey und Chip Kelly."

An den Gerüchten über eine mögliche Erneuerung der Liaison zwischen Kelly und Mariota schien also was dran zu sein, dennoch wurde Mularkey im Endeffekt vom Interims- zum offiziellen Head Coach befördert. Das hat auch in gewisser Weise mit Mariota zu tun. Abgesehen von einigen Verletzungen spielte Mariota eine starke Rookie-Saison, warf in seinem Debüt vier Touchdown-Pässe und erzielte im späteren Saisonverlauf noch mehrere Running Touchdowns und einen sogar per Catch. Er hat sich bereits an das Playbook von Mularkey gewöhnt, beide sollen sich zudem blendend verstehen.

In Nashville wollen die Titans etwas aufbauen, Kellys Verpflichtung wäre zwar spektakulär gewesen, der Niners-Coach hätte aber wieder viel umgeworfen und die Franchise so womöglich in ein noch größeres Chaos gestürzt. Mularkey kann mit dem ersten Draft-Pick entweder die Defense verstärken (ein QB macht in dieser Stelle keinen Sinn), oder diesen für einen Trade nutzen.

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