Kiriasis ohne Medaille in Rente

SID
Der Druck für Rekord-Weltmeisterin Sandra Kiriasis war in Sotschi offenbar zu groß
© getty

Nach der historischen Schmach für die Zweierbob-Männer gelang auch Sandra Kiriasis zum Abschluss ihrer Karriere kein Erfolgserlebnis. Dem Team droht erstmals seit 1964 ein medaillenloser Olympia-Auftritt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Das deutsche Bobteam hat in den Chaos-Tagen von Sotschi einen neuen Tiefpunkt erreicht und muss das schlechteste Olympia-Ergebnis seit 50 Jahren fürchten.

Rekord-Weltmeisterin Sandra Kiriasis (39) leitete im letzten Wettbewerb ihrer Karriere die Wende nach der historischen Schmach der Zweierbob-Männer auch nicht ein und verabschiedete sich ohne jede Medaillenchance noch hinter der Niederländerin Esme Kamphuis auf dem enttäuschenden fünften Platz in die sportliche Rente.

Tränen im TV

"Es ist irgendwo schade, aber es hat nicht sollen sein. Das Thema Material müssen wir nicht mehr besprechen, so schlecht sind wir nicht gefahren", sagte Kiriasis unter Tränen im "ZDF". Die erfolgreichste Bobfahrerin der Welt war mit Anschieberin Franziska Fritz aber immer noch beste deutsche Pilotin.

Ex-Weltmeisterin Cathleen Martini und Anja Schneiderheinze enttäuschten als Siebte und Zehnte. So schlecht waren deutsche Bob-Frauen bei Winterspielen noch nie gewesen. Die Mannschaft des umstrittenen Bundestrainers Christoph Langen sammelt im Sanki Sliding Center eine historische Negativmarke nach der anderen.

Schon im Rennen am Montag hatten die Zweierbob-Männern ihr schlechtestes Ergebnis der Olympia-Geschichte eingestellt. Sollte ihnen in der Königsdisziplin Vierer zum Abschluss am kommenden Wochenende keine Medaille gelingen, würden die früheren "Gold-Hamster" erstmals seit 1964 ohne Edelmetall nach Hause reisen.

Der Druck auf den zweimaligen Olympiasieger Langen würde in diesem Fall nochmals deutlich steigen.

Kiriasis mit Karriereende

Kiriasis dürfte das egal sein, sie verabschiedete sich ohne den Hauch einer Medaillenchance vom Leistungssport. Ihr Rückstand auf die Drittplatzierte Jamie Greubel (USA) betrug nach vier Läufen 0,68 Sekunden, der auf die kanadische Olympiasiegerin Kaillie Humphries sogar 1,68 Sekunden.

Silber ging an Elana Meyers (USA), die im letzten Lauf Gold herschenkte (+0,10). Humphries hatte schon vor vier Jahren Gold gewonnen.

Damit findet Kiriasis' einmalige Karriere ein unwürdiges Ende. Die streitbare Athletin ist mit je einmal Olympia-Gold (2006) und Silber (2002) sowie drei WM-Titeln und neun Weltcup-Gesamtsiegen die erfolgreichste Bobpilotin der Geschichte. "Sandra hat so viel für den Bobsport getan. Durch sie ist man doch auf Frauen-Bobsport erst aufmerksam geworden. Hier noch einmal gegen sie zu fahren, war besonders", sagte die zweitplatzierte Meyers.

Startprobleme

Am Start konnte Kiriasis mit der jüngeren Konkurrenz schon lange nicht mehr mithalten, dafür glänzte die Stuttgarterin oft mit ihrer Klasse und Erfahrung an den Lenkseilen. Nicht aber in Sotschi, hier unterliefen ihr an beiden Tagen unerklärliche Fehler.

Zudem schien der Olympiaschlitten "208" des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) wie schon bei den Männern überhaupt nicht zu laufen.

Im offen ausgetragenen Materialstreit gab FES-Direktor Harald Schaale "strategische Fehler" zu, die Alleinschuld wollte er für sich und sein Ingenieurs-Team aber nicht übernehmen.

Kruskes Trabi

"Eine große neue Olympiaflotte mit einer Prototypen-Phase in zwei Jahren fertigzustellen, war vielleicht doch zu kühn", sagte Schaale der "SZ": "Andererseits muss sich jetzt auch jeder Pilot ehrlich die Frage beantworten, ob er genügend für die Verbesserung getan hat."

Von Seiten der Athleten und Trainer war massive Kritik am Schlitten geäußert worden. Top-Anschieber Kevin Kuske hatte das Gerät sogar mit einem Trabi verglichen. Schaale forderte angesichts des eskalierten Materialstreits "eine andere Variante im Umgang" miteinander.

Der Olympia-Zeitplan

Artikel und Videos zum Thema