Angerer: Kleine Party ohne Medaille

SID
Tobias Angerer gewann seine vierte Medaille bei Olympia
© Getty

Auf die Silbermedaille für einen der größten deutschen Langlauf-Erfolge der Geschichte muss Tobias Angerer noch einen Tag warten. Doch auch ohne Medaille um den Hals feierte er im Deutschen Haus eine kleine Party.

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Zu den Gratulanten nach der langersehnten ersten deutschen Skilanglauf-Medaille von Whistler gehörte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der Oberfeldwebel Angerer großzügig seine Handynummer überreichte.

"'Das war eine tolle Leistung. Da freut sich der Dienstherr", sagte Guttenberg: "Tobias Angerer kann mich immer anrufen, wenn er Probleme hat." Die größte Sorge war am Abend nach dem überraschenden Silberlauf höchstens Angerers erschöpfter Körper, der nicht so recht mit der Feierlaune des 15-köpfigen Fanclubs mithalten konnte.

"Ich bin glücklich, aber total müde. Im Rennen habe ich fast einen Sonnenstich bekommen, danach musste ich bei der Dopingkontrolle drei Liter trinken, weil ich so ausgetrocknet war." So war es auch eher eine Erleichterung, dass die Medaillen-Zeremonie für das 30-km-Jagdrennen um einen Tag auf Sonntagabend (Ortszeit) verschoben wurde.

Angerer erfolgreichster Langläufer

"Das ist mir lieber, da kann ich die Sache richtig genießen", sagte Angerer. Der Bayer avancierte in Whistler mit dem Gewinn seiner vierten Medaille zum erfolgreichsten deutschen Skilangläufer der Olympia-Historie. Insgesamt kam Angerer schon das sechste Mal bei Olympia oder Weltmeisterschaften als Zweiter ins Ziel.

Trotzdem war er über den nur um 2,1 Sekunden hinter dem Schweden Marcus Hellner verpassten ersten deutschen Langlauf-Olympiasieg der Geschichte nicht sauer. "Die meisten würden gern mit mir tauschen", sagte Angerer nach einem dramatischen Rennen.

"Natürlich ist es das Größte für jeden Sportler, einmal bei Olympischen Spielen ganz oben zu stehen. Aber diesmal habe ich alles richtig gemacht. Ich konnte einfach nicht mehr. Und dann habe ich zu akzeptieren, wenn einer schneller ist." Angerer stellte mit Silber den größten Olypmia-Erfolg für die deutschen Skilanglauf-Männer ein.

Angerer mit starkem Schlussspurt

Der 2002-Silbergewinner Peter Schlickenrieder jubelte an der Strecke mit: "Das war ein unglaublicher Coup von Tobi." Zuvor hatte nur Gert-Dietmar Klaus 1976 in Innsbruck Olympiasilber bei Winterspielen gewonnen. Beim Einlauf ins Stadion schob sich Angerer von Rang vier auf zwei vor.

Auf der Zielgeraden war der Schweder Marcus Hellner dann aber zu schnell, Angerer konnte nicht mehr folgen. "Der Hellner ist fast 10 Jahre jünger als ich. Dem stecken 100.000 Trainingskilometer weniger in den Knochen. Da ist man allgemein noch ein wenig schneller", sagte der Deutsche.

Den Traum von der Goldmedaille freilich hat Angerer noch längst nicht zu den Akten gelegt. "Am Mittwoch ist die Staffel. Da können wir an einem guten Tag gewinnen, an einem schlechten allerdings auch locker mal Sechster werden."

Wird das 50-km-Rennen zum großen Coup?

Zudem blickt Angerer bereits auf das 50-km-Rennen am olympischen Finaltag. "Das habe ich noch einmal voll auf der Rechnung. Da könnte dann mein Alter zum Vorteil werden, dann zehren die Alten von ihrer Substanz, während die Jungen ihr Pulver schon verschossen haben."

Angerers Medaille nahm zugleich den Druck von der bis dahin ziemlich unglücklich agierenden Langlauf-Truppe. "Das wird der ganzen Mannschaft enormen Auftrieb geben. Angerer hat gezeigt, dass der deutsche Langlauf noch lange nicht tot ist. Jetzt wollen wir weitere Medaillen schaffen", sagte Thomas Pfüller.

Der überglückliche Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes hatte vier Langlauf-Medailen bei Olympia als Ziel ausgegeben. Die nächste soll schon am Montag bei den Teamsprints folgen. Sowohl das Frauenteam mit der im Jagdrennnen geschonten Claudia Nystad und Evi Sachenbacher-Stehle (im Duett bereits WM-2. 2007) als auch das namentlich noch nicht benannte Männer-Duo zählen zumindest zu den aussichtsreichen Außenseitern.

"Wir sind hier, um Medaillen zu gewinnen. Tobi hat es als Erster umgesetzt, aber wir sind noch lange nicht fertig", kündigte Bundestrainer Jochen Behle mit frischem Selbstvertrauen an. Ob freilich der an einer Nasennebenhöhlen-Entzündung laborierende Teamstar Axel Teichmann wieder eingreifen kann, ist fraglich.

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