Riesch holt Gold in der Super-Kombi

Von Alexander Mey / Thomas Gaber
Maria Riesch wurde 2009 in Val d'Isere Weltmeisterin im Slalom
© Getty

Was für ein Tag für Maria Riesch! 24 Stunden nach dem Desaster in der Spezial-Abfahrt gewann Deutschlands beste Skifahrerin die Goldmedaille in der Super-Kombination. Riesch ist die erste deutsche Olympiasiegerin im Ski alpin seit dem Slalom-Gold von Hilde Gerg 1998 in Nagano. Weniger erfreulich verlief der Tag für die Biathleten. Beim Skeleton winken Deutschland dafür gleich mehrere Medaillen. Sportliches, Kurioses und Emotionales von Tag 7 in Vancouver.

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Nach dem Gold-Run brach es aus Maria Riesch nur so heraus. "Ich bin total fassungslos. Ich wusste, dass ich es drauf habe, aber Olympiasiegerin hört sich einfach unglaublich an. Ich bin nach Niederlagen immer wieder aufgestanden. So war es auch diesmal", sagte Riesch nach der Super-Kombination.

Nach ihrem Sieg gab's den Ritterschlag von Damen-Chefcoach Matthias Berthold. Riesch braucht nämlich gar keinen Trainer. "Bei Maria ist das egal, da kannst du auch einen Hausmeister hinstellen, die fährt trotzdem gut Ski", sagte Berthold.

(Busen)-Freundin Lindsay Vonn hatte nach der Abfahrt geführt, fädelte aber im Slalom ein.

Schade, dass die deutschen Biathleten (mit Ausnahme von Schwiegerväter-Traum Magdalena Neuner) in Vancouver nicht so recht aus dem Quark kommen. Michael Greis wurde über die 20 km Zehnter. Kati Wilhelm und Andrea Henkel schnupperten an der Bronze-Medaille, mussten sich aber mit den Plätzen vier und sechs zufrieden geben.

Im Medaillenspiegel bleibt Deutschland den USA auf den Fersen. Und im Skeleton stehen die nächsten Gold-, Silber- und Bronzeplaketten schon bereit.

Die Entscheidungen des Tages:


WettbewerbMeldung

Ski alpin, Super-Kombi der Damen
Erstes Gold für Maria Riesch

Biathlon, 15km der Damen
Wilhelm und Henkel im Pech

Biathlon, 20km der Herren
Svendsen siegt vor Björndalen

Eisschnelllauf, 1000m der Damen
Debakel für Anni Friesinger

Snowboard, Halfpipe der Damen
Australien schlägt die USA

Eiskunstlauf, Kür der Herren
Pluschenko verpasst Gold

Was sonst noch wichtig war:

Eishockey: Was für eine Zitterpartie für Gold-Favorit Kanada! 65 Minuten lang war die Schweiz ebenbürtig und hatte mit Goalie Jonas Hiller einen Mann mit 1000 Armen zwischen den Pfosten. Kanada musste ins Penalty-Schießen und gewann dank Sidney Crosby mit 3:2. Der Superstar verwandelte den einzigen (!) Penalty. Der Gastgeber tat sich extrem schwer gegen geschickt verteidigende Schweizer, die ihrerseits mehrfach an Martin Brodeur scheiterten. Im letzten Gruppenspiel trifft Kanada auf die USA. Auch beim Spiel der Slowakei gegen Russland ging's ins Penalty-Schießen. Die Slowaken setzten sich mit 2:1 durch, Pavol Demitra versenkte den entscheidenden Treffer. Der 36-jährige Brian Rafalski traf beim 6:1 der US-Boys gegen Norwegen doppelt.

Curling: Die deutschen Herren sind drauf und dran, ihre schlechte Bilanz der Spiele in Turin 2006 zu wiederholen. Im vierten Match verlor die Truppe um Skip Andy Kapp gegen Norwegen mit 4:7 - die dritte Pleite für Deutschland. Jetzt zählen ausschließlich Siege, will man besser abschneiden als Platz acht wie in Turin. "Es fehlt ein bisschen die Beständigkeit. Wir haben aber auch gegen drei starke Mannschaften verloren. Wir haben die Playoffs noch nicht abgeschrieben", sagte Kapp. Na dann... Die deutschen Damen mussten sich Topfavorit Kanada nur denkbar knapp mit 5:6 nach Extra-End geschlagen geben. In dieser Form sind Andrea Schöpp & Co. reif für die Medaillen.

Skeleton: Zwei deutsche Frauen sind auf Medaillenkurs. Kerstin Szymkowiak und Anja Huber liegen nach zwei von vier Läufen auf den Plätzen zwei und vier. Bei den Männern sieht's nicht so rosig aus. Frank Rommel und Sandro Stielicke haben nach zwei Läufen schon einen großen Rückstand.

Eisschnelllauf: Not in our house, Mrs. Pechtstein! Claudia P. darf endgültig nicht an den Winterspielen in Vancouver teilnehmen. Das ad-hoc-Gericht des Internationalen Sportgerichtshofs CAS wies den Antrag von Deutschlands erfolgreichster Winter-Olympionikin auf eine Teilnahme ab. Pechstein will aber weiter streiten.

Mann des Tages: Nikolai Kruglow

Die russischen Biathleten (Männlein und Weiblein) sind nicht gerade die Kings in Vancouver. Mütterchen Russland ist nach sechs Wettbewerben noch ohne Medaille. Dabei war Nikolai Kruglow im Männer-Einzel über 20 km klar auf Edelmetall-Kurs. 15 Schuss - 15 Treffer und eine vernünftige Laufzeit. Doch dann passierte das Malheur. Der Tragegurt an seinem Gewehr löste sich in seine Einzelteile auf. Kruglow musste die Waffe bis zum vierten Schießen durch die kanadischen Wälder unterm Arm tragen und verlor logischerweise viel Zeit. Im zweiten Stehend-Anschlag traf der Russe erneut alle Scheiben, tauschte anschließend das Gewehr aus, fummelte erneut am Gurt rum und raste ins Ziel. Platz 11 mit 50 Sekunden Rückstand auf Sieger Svendsen. Scheiß Technik! Aber was soll's, darauf einen dreifachen Wodka, Nikolai!

Frau des Tages: Anja Pärson

Diese Frau ist einfach nicht kleinzukriegen. Am Mittwoch war Pärson nach einem 60-Meter-Flug in der Spezial-Abfahrt schwerst gestürzt und hatte sich Prellungen am ganzen Körper zugezogen. Erst unmittelbar vor dem Start der Super-Kombi-Abfahrt 24 Stunden nach dem Horror-Crash entschied sich Pärson zu starten. Eine weise Entscheidung - Pärson holte die Bronze-Medaille. Und als ob nichts gewesen wäre, hämmerte sich die x-fache Weltmeisterin nach der Slalom-Fahrt mit beiden Fäusten auf die pfundigen Oberschenkel. Bei der Flowers Ceremony verdrückte die sonst so coole Allrounderin ein paar Tränchen - herrlich!

Sprüche des Tages:

"Ich habe mich aufs Umziehen konzentriert." (Biathlet Michael Greis auf die Frage, warum er nicht mitbekommen hat, wer das Einzelrennen über 20 Kilometer gewonnen hat)

"Hättest du doch noch einmal geatmet!" (Biathletin Kati Wilhelm bei der Analyse ihres entscheidenden Schießfehlers im Einzelrennen)

"Ich muss immer für acht Millionen Schweden mitbeten, weil das alles Atheisten sind oder Protestanten, die nie in die Kirche gehen. Das ist hart für mich als Katholik!" (Schwedens Biathlon-Coach Wolfgang Pichler auf die Frage, wie er den Siegeslauf seines Schützlings Björn Ferry erlebt hat)

"Bei Maria ist das egal, da kannst du auch einen Hausmeister hinstellen, die fährt trotzdem gut Ski. Wobei ich die Hausmeister jetzt nicht abwerten will." (Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold über seine Rolle beim Olympiasieg von Maria Riesch)

Zahlen des Tages:

44 Safes gelangen dem Schweizer Goalie Jonas Hiller bei der unglücklichen 2:3-Niederlage nach Penaltyschießen gegen Kanada. Das macht 93, 6 Prozent abgewehrte Schüsse - WOW! Krake Hiller brachte Sidney Crosby, Dany Heatley & Co. zur Verzweiflung. Der eine oder andere Safe war schlichtweg unfassbar! Ausgerechnet bei Olympia ausgerechnet gegen Kanada so aufzutrumpfen, kann goldwert sein für die weitere Karriere. Hiller spielt bei den Anaheim Ducks und geht in seiner Freizeit am liebsten in seiner Heimat mit der Familie segeln.

8 Schlitten stürzten beim ersten Zweierbob-Training der Männer - teilweise heftig wie der Schweizer Beat Hefti. Der Bob des Japaners Hiroshi Suzuki kippte im nächsten Trainingslauf gleich noch mal um. Der Weltverband FIBT setzte dem ganzen Theater um die Eisrinne im Whistler Sliding Centre die Krone auf und verpasste den gereizten und  verängstigten Athleten einen Maulkorb: kein Gejammer mehr, sonst...Deutschlands Sportdirektor Thomas Schwab sprach von einem skandalösen Witz - wie Recht er hat!

11,7 Millionen TV-Zuschauer zog Olympia am Mittwoch in den USA mehr vor die Glotze als die Castingshow American Idol, das US-Pendant zu Deutschland sucht den Superstar. American Idol ist ein absoluter Straßenfeger, kann aber gegen die Medaillenjagd in Vancouver nicht anstinken. 30,1 Millionen Zuschauer schalteten am Mittwoch Olympia ein, nur 18,4 Millionen das Gejaule der Möchtegern-Stars.

Vorschau, Tag 8: Zweite Chance für Cuche