Riesch enttäuscht, Rodel-Duo holt Bronze

Von Alexander Mey / Florian Regelmann
Shaun White gewann erst Snowboard-Gold und ließ es dann in Vancouver krachen
© Getty

Es lief nicht alles wie gewünscht an diesem Tag für das deutsche Team bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Vor allem der achte Platz von Maria Riesch in der Damen-Abfahrt war eine große Enttäuschung. Immerhin sorgte das Rodel-Duo Patric Leitner und Alexander Resch mit Bronze bei den Doppelsitzern dafür, dass Deutschland nicht völlig leer ausging. Die Führung im Medaillenspiegel hat man aber dennoch an die USA verloren. Es gab aber noch sehr viel mehr Wissenswertes und Kurioses. Tag 6 der Olympischen Winterspiele im Überblick.

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Wer vor dem sechsten Tag der Winterspiele sehr optimistisch an die Sache herangegangen war, der erhoffte sich zweimal Gold: Maria Riesch in der Abfahrt und ein Doppelsitzer-Duo sollten zuschlagen und die Führung im Medaillenspiegel ausbauen.

Im Nachhinein muss man froh sein, dass der Bayern-Express Patric Leitner und Alexander Resch durch einen starken zweiten Lauf wenigstens noch Bronze ergatterte. Trotzdem bleibt es das schlechteste Doppelsitzer-Ergebnis seit den Winterspielen 1994 in Lillehammer.

Völlig chancenlos war Maria Riesch bei ihrem ersten Olympia-Rennen. Dass sie die große Dominatorin Lindsey Vonn nicht würde gefährden können, war abzusehen, aber dass sie in einem spektakulären Sturz-Rennen abgeschlagen auf dem achten Rang landete, war dann doch ernüchternd.

Das Gute: Riesch kann schon am Donnerstag in der Super-Kombination Wiedergutmachung betreiben. Außerdem winkt dem deutschen Team die nächste Goldmedaille durch Biathlon-Darling Magdalena Neuner.

Da geht der Punk ab

Zum Mann des Tages US-Snowboarder Shaun White. Denn der sagte nach dem Gewinn der Goldmedaille: "Oh, mein Gott! Die Orgie wird mich umbringen. Ich habe Angst." Das nennen wir mal ein Statement. Dann verschwand der Mann mit der unbändigen roten Haarpracht in die Nacht - in Vancouver ging der Punk ab.

Mit seinem zweiten Halfpipe-Olympiasieg wurde der Star der Boarderszene den Hype um seine Person gerecht. Um Groupies, die geschworen hatten, sich umzubringen, sollte Air White seine Haare abschneiden. Um Drogen, Partys und die zwei Herzoperationen, die er vor der Vollendung seines ersten Lebensjahres über sich ergehen lassen musste.

Die Entscheidungen des Tages:

 

WettbewerbMeldung

Ski alpin, Abfahrt der DamenVonn gewinnt bei Sturzfestival

Langlauf, Sprint der DamenErstes Gold für Marit Björgen

Langlauf, Sprint der HerrenRussischer Doppelsieg

Rodeln, DoppelsitzerBronze für Leitner/Resch

Snowboard, Halfpipe der HerrenShaun White fliegt zu Gold

Eisschnelllauf, 1000m der HerrenDavis wiederholt Olympiasieg

Shorttrack, 500m der DamenWang deklassiert die Konkurrenz

Was sonst noch wichtig war:

Curling: Die deutsche Herren-Mannschaft um Skip Andy Kapp hat auf dem Weg zu einem möglichen Halbfinaleinzug einen herben Rückschlag erlitten. War die Niederlage gegen Kanada am Vortag noch einkalkuliert worden, gehört das 3:6 gegen Schweden in die Kategorie "ärgerlich". Besser machten es die deutschen Damen um Andrea Schöpp, die auch ihr zweites Spiel gewannen. Gegen die USA siegten die Mädels knapp mit 6:5.

Eishockey: Das DEB-Team hat seine Auftaktpartie gegen Olympiasieger Schweden wie erwartet verloren, sich dabei aber prächtig verkauft. Beim 0:2 präsentierte sich das Team von Bundestrainer Uwe Krupp äußerst stark und hatte sogar mehrfach die Führung auf der Kelle. Im zweiten Spiel der deutschen Gruppe setzte sich Finnland souverän mit 5:1 gegen Weißrussland durch. Teemu Selänne stellte dabei mit seinem 36. Scorerpunkt einen olympischen Rekord ein. Er zog damit mit dem Kanadier Harry Watson, dem einstigen Sowjetstar Waleri Charlamow und Vlastimil Bubnik gleich: Letzterer hatte für die Tschechoslowakei gespielt. Selänne bestreitet in Vancouver seine fünften Olympischen Spiele. Im dritten Spiel des Tages feierte Tschechien einen 3:1-Erfolg gegen die Slowakei. Jaromir Jagr steuerte ein Tor und einen Assist zum Sieg bei.

Skispringen: Martin Schmitt hat mit einer überragenden Bestweite Medaillenhoffnungen für die olympische Großschanzen-Entscheidung am Samstag geweckt. Der Zehnte von der Normalschanze segelte im zweiten Durchgang auf 145 Meter. Mit weniger Anlauf schafften Vierschanzentournee-Sieger Andreas Kofler (142,5), Thomas Morgenstern (beide Österreich/141,5) und Olympiasieger Simon Ammann (Schweiz/139,5) ebenfalls große Weiten. Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner kündigte derweil an, dass man eine raffinierte Weiterentwicklung an der Skibindung des Schweizers von der Jury prüfen lassen wolle.

Mann des Tages: Shaun White

Er ist kein normaler Olympiasieger. Er ist die fliegende Tomate. Wegen seinen langen, rotgelockten Haaren trägt Shaun White diesen Spitznamen und beim Halfpipe-Bewerb machte er ihm nun wieder alle Ehre. Der 23-jährige Kalifornier mit der Lizenz zum Fliegen holte sich in souveränster Manier die Goldmedaille. Aber es sind nicht nur die sportlichen Leistungen, die aus Shaun White einen Mega-Star machen. White macht Sachen, die die meisten anderen Sportler nicht machen. Er geht mit Pamela Anderson aus. Er schafft es aufs Cover des Musikmagazins "Rolling Stone". Und er wird auch mal von Hugh Hefner in die "Playboy-Mansion" eingeladen. Dazu hat er sein eigenes Snowboard, seine eigene Kleiderlinie, zwei eigene Computerspiele und verdient so pro Jahr zehn Millionen Dollar. Er ist damit der reichste Starter bei den Winterspielen. In den Rocky Mountains hat er sich eine private, nur mit dem Helikopter erreichbare Halfpipe bauen lassen, auf der er immer neue Sprünge erfinden kann. Beliebt ist er bei seinen Mitstreitern nicht, aber hey, man kann nicht alles haben.

Frau des Tages: Marion Rolland

Es gibt zwei Möglichkeiten, sich bei Olympischen Spielen unsterblich zu machen. Wenn du willst, dass sich die Menschen auch noch in Jahrzehnten an dich erinnern, musst du entweder einen Höllenritt hinlegen und die Konkurrenz in Grund und Boden fahren - Lindsey Vonn hat sich für diese Variante entschieden. Oder du hast so viel Pech und siehst so dumm dabei aus, dass die Leute vor dem TV-Gerät nur mit dem Kopf schütteln können. Für diese Variante hat sich die Französin Marion Rolland entschieden. Vonns Sensationsfahrt war wenige Minuten alt, da fuhr Rolland los, stieg dann aber nach rund fünf Metern auf ihren rechten Skistock und kippte wie vom Blitz getroffen seitlich in den Schnee. Tragisch: Rolland riss bei dieser Aktion das Kreuzband.

Sprüche des Tages:

"Zuerst geh ich schlafen, danach übernehme ich die Welt!" (Snowboard-King Shaun White auf die Frage, was nach seinem Olympiasieg als nächstes kommt)

"Das war das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe." (Die Schwedin Anja Pärson nach ihrem fürchterlichen Sturz in der Abfahrt)

"Man weiß nie, was passieren wird. Wir kommen alle aus der gleichen Liga und trinken das gleiche Bier." (Finnlands Eishockey-Star Teemu Selänne auf die Frage, ob man eine Chance auf Gold hat)

"Bei uns gibt es immer auch noch einen Gegner. Du setzt dich nicht irgendwo drauf, fährst runter, und es ist keiner da, der dich vom Schlitten haut. Das ist bei uns anders." (Eishockey-Bundestrainer Uwe Krupp nach der starken Leistung seiner Mannschaft beim 0:2 gegen Olympiasieger Schweden)

"Auf meinem Handy waren 41 SMS. Vielleicht ist eine von ihm." (Eisschnelllauf-Olympiasieger Shani Davis über US-Präsident Barack Obama)

Zahlen des Tages:

1,8 Sekunden landete Petra Majdic bei der Sprint-Entscheidung der Langläuferinnen am Ende hinter Siegerin Marit Björgen und gewann damit Bronze. Eine oscarreife Leistung der Slowenin, wenn man bedenkt, dass sie zuvor im Training auf der völlig vereisten Piste mehrere Meter einen Abhang heruntergestürzt und drei Meter tief in einen kleinen Wasserlauf mit großen Steinen gefallen war und sogar der Verdacht auf Rippenbruch bestand.

99 Luftballons von Nena war einer der erfolgreichsten Titel der Neuen Deutschen Welle. Was der Song in Vancouver zu suchen hat? Beim Eishockey-Turnier wird die Musik im Canada Hockey Place immer passend zu den Teams ausgewählt. So erklang dann beim Duell zwischen Schweden und Deutschland zwischendurch mal "ABBA" und eben auch die Melodie von 99 Luftballons. Irgendwie seltsam.

01805449099 ist die Telefonnummer, mit der man sich bei "Nur die Liebe zählt" bewerben kann. Vielleicht sollte Lindsey Vonn da mal anrufen. Es war ja herzallerliebst, wie Vonn im Zielraum bei einem TV-Interview den Träne nahe ins Mikro schluchzte, dass sie sich wieder mehr Kontakt zu ihrer On-and-off-Busenfreundin Maria Riesch wünschen würde. Vielleicht kann Kai Pflaume da was machen.

7300 Haushalte könnten ein Jahr lang mit dem Strom versorgt werden, der bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver verbraucht wird. Wie das Energieunternehmen BC Hydro mitteilte, stehen für die Spiele 80 Gigawattstunden zur Verfügung. Als stärkster Stromverbraucher entpuppte sich mit 6,9 Megawatt pro Tag der Whistler Olympic Park, wo die meisten Wettkämpfe abgehalten werden.

60 Meter flog die schwedische Mitfavoritin Anja Pärson bei ihrem schweren Sturz in der Abfahrt durch die Luft. Zum Vergleich: Bei Olympia 1988 in Calgary landete der britische Skispringer Eddie "The Eagle" Edwards bei seinem Sprung von der Großschanze nach 59 Metern.

Vorschau auf Tag 7