Bob und Rodeln: Trauerspiel im Eiskanal

SID
Andre Lange trotzte der Kontroversen und fuhr im 2er-Bob-Training Bestzeit
© Getty

Die olympischen Wettkämpfe im Eiskanal von Whistler entwickeln sich immer mehr zu einem Trauerspiel. Seit dem Tod des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili geht es in und an der gefährlichsten Bahn der Welt drunter und drüber.

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Zu allem Überfluss darf ab Samstag im Frauen-Rennen auch noch eine Mannschaft mitfahren, die in einer Fernseh-Show gecastet wurde. Dabei haben schon Routiniers Schwierigkeiten.

Der Schweizer Daniel Schmid kapitulierte am Freitag nach einer Fortsetzung der Unfallserie und verzichtet auf einen Olympia-Start: "Die Gesundheit ist mir wichtiger, als lebensmüde die Bahn runterzudonnern", sagte er. Zuvor war bei einem Sturz sein Anschieber Jürg Egger verletzt und per Hubschrauber ins Krankenhaus nach Vancouver gebracht worden.

"Er hat eine Verletzung an der Halswirbelsäule. Es ist aber keine schwere Verletzung. Er ist in Ordnung und kann schon wieder selber gehen", sagte der Schweizer Teamarzt Christian Schlegel.

"Das war ein Fahrfehler von mir", räumte Schmid unterdessen ein, "aber die Bahn verzeiht keine Fehler. Das ist das Problem. Einer musste mal hingehen und sagen: halt, stop."

Verständnis von Angerer

Der deutsche Pilot Karl Angerer äußerte Verständnis für den schockierten Kollegen. "Die Bahn ist irrsinnig schnell. Man darf wirklich keinen Fahrfehler machen. Respekt für die Piloten, die sagen, mir ist die Sicherheit meiner Leute wichtiger als ein Olympiastart."

Auch der Schweizer Europameister Beat Hefti startet am Samstag nicht. Der 32-Jährige hatte bei einem Sturz am Donnerstag Prellungen am ganzen Körper und eine Gehirnerschütterung erlitten und musste für das Training am Freitag passen.

"Wenn man so eine schwierige Bahn hat, dann muss gewährleistet sein, dass man Vorkehrungen trifft, dass alle Athleten die Bahn auch beherrschen", sagte der deutsche Verbandspräsident Andreas Trautvetter - ungeachtet des Maulkorbs, den der Weltverband FIBT verhängt hat, um öffentliche Kritik am Eiskanal und den Geschehnissen im Tal hinter Whistler zu verhindern.

Der zweimalige Olympiasieger und ehemalige Weltklassepilot Christoph Langen sagt unverblümt:"Die FIBT ist schuld."

Gecastete Bobfahrerinnen

Eine große Gefahr könnten auch die am Samstag beginnenden Trainingsläufe im Frauen-Zweierbob werden. Zu viele unerfahrene Athletinnen rasen den gefährlichen Hochgeschwindigkeitskurs runter.

Darunter Ex-Speerwerferin Elfje Willemsen mit Anschieberin Eva Willemack: Die Belgierinnen bewarben sich bei einer TV-Show, in der es um die Gründung eines Bobteams ging. Sie gewannen - und erfüllten sich nach einigen Starts im Europa- und Weltcup ihren olympischen Traum, der vom TV-Sender auf Schritt und Tritt begleitet wird.

Astrid Loch-Wilkinson und Cecilia McIntosh aus Australien klagten sich kurzfristig über den Internationalen Sportgerichtshof CAS als 21. Team ins Starterfeld ein. Aufgrund einer FIBT-Quotenregel darf jeder Kontinent bei Olympia mit einem Männer- und Frauen-Team vertreten sein.

Maulkorb von der FIBT

Die FIBT versuchte zwischenzeitlich, Trainer und Athleten mit einem Maulkorb zum Schweigen bringen, setzte für die Frauenbobs und den Männer-Wettbewerb zusätzliche Trainingsläufe an und spielte die Gefahr herunter. Für den Maulkord-Erlass erntete der Weltverband Hohn und Spott.

"Das ist lächerlich, dass man gestandenen Trainern das Mundwerk verbieten lassen will", sagte der deutsche Sportdirektor Thomas Schwab.

Übrigens: In Whistler soll 2013 die Rodel-WM stattfinden. Doch die Zukunft der für umgerechnet 75 Millionen Euro erbauten Bahn steht nach den Vorfällen bei Olympia in den Sternen.

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