Deutsche Biathleten gehen leer aus

SID
Michael Greis holte in Turin drei Olympische Goldmedaillen
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Schwacher Olympia-Auftakt für die deutschen Biathlon-Herren. Beim Sieg des Franzosen Vincent Jay blieben Michael Greis und Co. ohne Medaille.

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Die deutschen Biathlon-Pechvögel sind im Wetterchaos von Whistler mit dem schwächsten Olympia-Auftakt der Geschichte baden gegangen.

In einem Rennen, das über die Startnummern entschieden wurde, landete Christoph Stephan als bester Deutscher auf Platz 19, der dreimalige Olympiasieger Michael Greis wurde 21. Nur die ersten zehn Läufer hatten beim 10-km-Sprint eine Chance - Gold gewann der glückliche Franzose Vincent Jay mit Nummer sechs.

"Das war ein irreguläres Rennen, aber wir sind halt eine Outdoor-Sportart und hatten heute kein Glück", sagte Bundestrainer Frank Ullrich am Tag nach dem Silberlauf von Magdalena Neuner: "Wir hatten bei diesen Bedingungen keine Chance und konnten nur Schadensbegrenzung betreiben. Stephan ist sehr gut gelaufen und hätte hier bei gutem Wetter ein großes Ding durchziehen können."

Startnummer-Rennen

Nur Michael Greis hatte sich in die erste Startgruppe einordnen lassen, doch seine 31 war auch schon zu hoch. Mit Rennbeginn begann es zu regnen, später zu schneien, die Bedingungen wurden im stumpfen Weiß nach hinten heraus immer schlechter. Greis kam zwar noch mit einer guten Zwischenzeit zum Liegendschießen, ließ dann aber die letzte Scheibe stehen.

"Es hat nicht sollen sein, es war ein ganz schlechter Tag", sagte Greis, der aber wie seine drei Teamkollegen den Blick lieber nach vorne richten wollte: "Das ist für den Verfolger nicht so gut, aber es hilft nicht, da jetzt nachzuhängen. Man kann sowieso nichts mehr machen."

Scheiben kaum zu erkennen

Beim Stehendschießen waren im dichten Schneeregen die Scheiben fast nicht mehr zu erkennen, Greis hatte wie so viele Favoriten keine Chance und kam mit 1:48,2 Minuten Rückstand auf den Sieger ins Ziel. Fünf Sekunden besser war mit großem Kampfgeist noch der weiter hinten gestartete Christoph Stephan.

Andreas Birnbacher und Arnd Peiffer versanken trotz besserer Schießleistungen regelrecht im Tiefschnee. Vor vier Jahren hatte Greis zum Olympia-Auftakt noch Gold über 20 km gewonnen. Damals in San Sicario stand auch im Sprint in Sven Fischer ein Deutscher ganz oben.

Der jetzige TV-Experte hatte vor dem Rennen gesagt: "Bei dem Wetter hat Björndalen die besten Karten." Fischer irrte sich - der fünfmalige Olympiasieger und Topfavorit Ole Einar Björndalen (Norwegen) verschenkte schon beim ersten Schießen mit drei Fehlern alle Chancen und war am Ende nur zwei Sekunden besser als Stephan.

Jay gewann schon einmal in Vancouver

Der glückliche Sieger Jay hatte vor einem Jahr beim Olympiatest an gleicher Stelle seinen ersten Weltcupsieg gefeiert.

Silber gewann mit 12,2 Sekunden Rückstand in Emil Hegle Svendsen (Norwegen/Starnummer 10) einer der Favoriten, Dritter wurde Außenseiter Jakov Fak (Kroatien/Startnummer 4).

Am Dienstag besteht für die deutschen Pechvögel im Jagdrennen die Chance zur Wiedergutmachung, allerdings sind die Rückstande nach vorn nach dem Debakel im Sprint schon sehr groß. Magdalena Neuner hat am Dienstag im Jagdrennen ihre zweite Goldchance - dann will sie die 1,5 Sekunden auf Olympiasiegerin Anastasia Kusmina (Slowakei) aufholen.

"Das war die emotionalste Medaillenzeremonie meiner Karriere. Ich habe schon als Kind von einer Olympiamedaille geträumt und ich bin froh, jetzt dieses große Ding um den Hals zu haben", sagte die 23-Jährige nach der emotionalen Ehrung auf der Medal Plaza in Whistler.

Neuner: "Gold ist auch eine schöne Farbe"

Silber glänzte für die sechsmalige Weltmeisterin im Biathlon da schon fast wie Gold. Wie Gold aussieht, ließ sich Neuner noch an Ort und Stelle von Skisprung-Olympiasieger Simon Ammann aus der Schweiz zeigen, im Deutschen Haus blieb sie danach nur kurz. Bereits am Dienstag will sich Neuner nach dem Jagdrennen auf der obersten Stufe des Siegertreppchens stehen.

"Es ist jetzt eine besondere Motivation, jetzt noch ein Treppchen aufzusteigen. Gold ist auch eine schöne Farbe und ich glaube, ich werde hier noch Gold holen", sagte sie zuversichtlich, nachdem sie im ersten Anlauf nur knapp gescheitert war. 1,5 km vor dem Ziel lag die große Favoritin noch mit einer Sekunde vorne, am Ende musste sie sich knapp Überraschungssiegerin Anastazia Kuzmina aus der Slowakei geschlagen geben.

Während die gebürtige Russin Kuzmina zum ersten Gold für die Slowakei bei Winterspielen lief und Marie Dorin aus Frankreich den dritten Rang belegte, enttäuschten die anderen Deutschen. Simone Hauswald (Gosheim/26.), Andrea Henkel (Großbreitenbach/27.) und Kati Wilhelm (Zella-Mehlis/30.) sind im Jagdrennen mit jeweils weit über einer Minute Rückstand fast schon ohne Chance.

Neuner bis zum Schluss gekämpft

Ganz im Gegensatz zu Neuner. "Das Jagdrennen will ich natürlich gewinnen. Ich trete doch nicht an, um Fünfte zu werden", sagte die Silbermedaillengewinnerin mit Blick auf die zweite große Chance auf Gold. Über die verpasste erste Gelegenheit ärgerte sie sich nicht. "Als die Fahne hochging, wusste ich, dass sich all der Schweiß und die Schinderei gelohnt haben."

Mit einer Olympia-Medaille werde man schließlich "ein bisschen zur Legende". Bundestrainer Uwe Müssiggang war "froh, dass eine aus unserer Mannschaft gleich ganz vorne dabei war" und trauerte dem verpassten goldenen Auftakt nicht nach.

"Natürlich war Gold möglich, aber Lena hat bis zum letzten Zentimeter gekämpft und ist im Gegensatz zu vielen Anderen ihre Favoritenrolle gerecht geworden."

Greis peilt zum Auftakt eine Medaille an