US-Männer schlagen Titelverteidiger Brasilien

SID
USA, Volleyball, Gold
© dpa

Peking - Im Moment des olympischen Triumphs übermannten Hugh McCutcheon die Gedanken an die private Tragödie. "Es war zu viel für mich, einfach nur unwirklich", gestand der Coach der US-Volleyballer nach dem überraschenden 3:1 (20:25, 25:22, 25:21, 25:23)-Gold-Coup gegen Brasilien.

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16 Tage zuvor, nur Stunden nach der Eröffnungsfeier, war McCutcheons Schwiegervater von einem Chinesen in der Olympia-Stadt erstochen worden.

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Seine Schwiegermutter hatte die Bluttat schwer verletzt überlebt. "Es sind die schwersten Zeiten - und zugleich die besten", beschrieb der US-Coach seine verwirrende Gefühlswelt.

Teambetreuer musste erstmal durchatmen

Sekunden nach dem entscheidenden Punkt im Finale von Peking zeigte der gebürtige Neuseeländer mit dem Finger gen Himmel, herzte die Teambetreuer und verschwand dann minutenlang in einem Nebenraum.

"Ich musste raus und erstmal durchatmen", erklärte der 38-Jährige seine Flucht, die er auch für ein kurzes Telefonat mit seiner heimgereisten Frau Elisabeth nutzte.

Rückkehr zum Team nach Messerattacke

"Liz" hatte die Messer-Attacke auf ihre Eltern am Trommelturm mit ansehen müssen und trotz der schockierenden Erlebnisse ihren Mann überzeugt, zu seinem Team zurückzukehren, nachdem er die ersten drei Partien des Olympia-Turniers noch verpasst hatte.

"Ich habe ihr gesagt, dass wir Gold gewonnen haben, und sie war außer sich vor Freude", erzählte McCutcheon mit zitternder Stimme.

"Hugh ist wie ein Vater für uns"

Mit einer E-mail hatte Elisabeth McCutcheon das US-Team vor dem Endspiel angespornt. Nach dem verlorenen ersten Satz wurde der Weltliga-Gewinner immer stärker, der Athen-Olympiasieger Brasilien hatte dem unbedingten Willen der Amerikaner nicht mehr viel entgegenzusetzen.

"Hugh ist wie ein Vater für uns. Deshalb könnte ich nicht glücklicher für ihn sein", verriet Angreifer Scott Touzinsky. "Es ist extrem emotional, ein bitter-süßer Moment", sagte William Priddy. McCutcheons seelische Wunden jedoch konnte auch die Goldmedaille nicht heilen. "Das macht meinen Schwiegervater nicht wieder lebendig. Es ändert nichts", sagte der Coach.

Brasilianer verpassen den Doppelerfolg

Die sieggewohnten Brasilianer vergaben mit der unerwarteten Final-Pleite die Chance auf den ersten Doppel-Erfolg einer Nation bei einem olympischen Volleyball-Turnier seit 28 Jahren.

Tags zuvor hatten die Frauen vom Zuckerhut mit dem 3:1 gegen das US-Team ihren ersten Olympiasieg gefeiert. Doch die Männer-Auswahl, das dominierende Team der vergangenen acht Jahre, patzte auf der Zielgeraden. Zugleich das Ende einer "goldenen Generation": Viele der Schmetterkünstler von Erfolgscoach Bernadinho haben ihren Rücktritt angekündigt.