Boll und Co. im Mannschafts-Finale

SID
Timo Boll
© Getty

Peking - Superstar Timo Boll hat im wichtigsten Spiel für den Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) seit zwölf Jahren Größe und mentale Stärke bewiesen und die deutschen Herren in das olympische Traumfinale gegen China geschmettert.

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"Ich habe gedacht, jetzt kannst du zeigen, ob du ein Gewinner oder Verlierer bist", schilderte der fünffache Europameister seine Gefühlslage vor dem fünften und letzten von insgesamt 25 Sätzen im Halbfinal-Thriller gegen Japan.

Der Linkshänder übernahm die Gewinner-Rolle. Er verwandelte den Matchball gegen Seiya Kishikawa zum 3:2-Endstand und wurde zur Belohnung von seinen jubelnden Mitspielern in der Box fast erdrückt.

"Es war unglaublich" 

"Es war unglaublich. Ich bin da unten heil herausgekommen, ich muss ja noch ein Finale spielen. Das ist unbeschreiblich", sagte Boll nach einem Match, das er persönlich als eines der wichtigsten Spiele seiner Karriere bezeichnete.

"Ich musste ans Limit gehen. Das zerrte gewaltig an den Nerven", gab der 27-Jährige nach dem "fantastischen", "fabelhaften" und "unglaublichen" Spiel zu.

Die Nummer sechs der Weltrangliste war mit zwei Einzelsiegen einmal mehr der Garant für den Einzug in das mit Riesenspannung erwartete Finale gegen den Rekordweltmeister.

Die Chinesen hielten Südkorea sicher mit 3:0 in Schach. "Wir müssen sie von Beginn an attackieren", gab Boll die Marschroute für das Endspiel aus. Silber hat das Europameister-Team damit bereits sicher.

Sportdirektor zufrieden 

Es gehörte schon bei den WM-Turnieren 2006 in Bremen (3.) und 2004 in Doha (2.) zu den stärksten Teams der Welt. "Dieser Erfolg in Peking hängt aber noch eine Stufe höher. Es ist nicht nur eine Medaille für das Herren-Team, sondern auch eine für unsere Sportart", sagte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig zum dritten olympischen Edelmetall für den DTTB nach Silber für das Doppel Jörg Roßkopf/Steffen Fetzner 1992 und Bronze für Roßkopf 1996.

Den Grundstein für die Medaille legte im Auftakteinzel Dimitrij Ovtcharov gegen den stärksten Japaner Kan Yo. Der EM-Dritte aus Düsseldorf und der gebürtige Chinese lieferten sich ein tolles Duell, das die mehr als 7000 Zuschauer zu Szenenapplaus hinriss. Der willensstarke Ovtcharov verwandelte seinen dritten Matchball zur 1:0-Führung.

"Das war das schönste und beste Spiel meines Lebens", meinte der 19-jährige Teenager, der bei der WM im Februar noch gegen Kan Yo verloren hatte. Damals hatte Boll bei der 1:3-Niederlage gegen den WM-Dritten wegen einer Knieverletzung gefehlt.

Ohne Boll im Doppel 

"Darauf haben wir spekuliert. Manchmal passt es halt", sagte Herren-Bundestrainer Richard Prause zu seinem Aufstellungspoker. Nach dem eingeplanten Erfolg von Publikumsliebling Boll gegen seinen bisherigen Klubkollegen Jun Mizutani verzichtete Prause im Doppel auf Boll, um ihn für den Fall der Fälle im letzten Einzel einsetzen zu können.

Prompt glichen die Japaner in der dramatischen Partie aus, weil sowohl das Doppel Dimitrij Ovtcharov/Christian Süß als auch Süß im Einzel verloren. Dabei vergab der Rotschopf gegen Kan Yo drei Matchbälle.

Süß dankbar

"Ich werde Timo ein Leben lang dankbar sein", sagte Süß. "Ich hätte mir das nie verziehen, wenn wir nicht noch das Finale erreicht hätten. Ich hätte mich umgebracht oder wäre ausgewandert", fügte er hinzu.

Auch Boll hätte lieber auf sein letztes Einzel gegen den Bremer Bundesligaspieler Kishikawa verzichtet, der sich gewaltig steigerte und bis zum 2:2 nach Sätzen mithielt. "Ich wünsche keinem Menschen, dass er mit diesem Druck umgehen muss", sagte Boll. Er behielt aber kühlen Kopf und gewann den letzten Satz glatt mit 11:5. "Dabei hat er auch noch spielerisch geglänzt", lobte Prause.

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