Craven: "Ich bin ein Teamplayer"

SID
Philip Craven äußerte sich zum russischen Ausschluss
© getty

IPC-Präsident Sir Philip Craven sorgte mit dem Komplett-Ausschluss der russischen Athleten für Aufsehen und erklärte sich im Interview der SID.

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Auf die energische Verteidigung von Thomas Bach wartet man vergeblich. "Er hat alle um Unterstützung gebeten. Deshalb habe ich die Entscheidung auch unterstützt, weil ich ein Teamplayer bin", sagt Sir Philip Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), im Interview mit dem SID: "Ich bin davon ausgegangen, dass das IOC-Board eine Entscheidung empfiehlt, die für alle das Beste ist."

Kurz nachdem das IOC-Mitglied Craven den Beschluss des Präsidenten Bach gegen einen Komplett-Ausschluss Russlands von den Olympischen Spielen unterstützt hatte, setzte er diesen mit seinem Verband für die Paralympics durch. Warum das IOC anders entschieden habe, "müssen Sie das IOC fragen", sagt er gelassen: "Es sind zwei völlig unterschiedliche Organisationen. Wenn man die ausführliche Begründung der Entscheidung liest, ist das IOC auch grundsätzlich negativ eingestellt. Sie haben aber anders entschieden und es den Fachverbänden überlassen."

"Ich musste meine eigene Entscheidung treffen"

Dass er dem ohnehin für sein Zaudern kritisierten Bach damit noch mehr Kritik einbrachte, durfte für ihn keine Rolle spielen, beteuert der Brite: "Ich musste meine eigene Entscheidung treffen." Den russischen Ausschluss bestätigten inzwischen sowohl der Internationale Sportgerichtshof (CAS), als auch das Schweizer Bundesgericht.

Sein Verband habe dafür "viel Zuspruch bekommen", erklärt Craven. Doch er stellt auch klar: "Das war definitiv keine politische Entscheidung. Sie war einfach notwendig - und sie war einstimmig. Und es war keine Entscheidung des Westens gegen Russland. Es waren Mitglieder aus allen fünf Kontinenten involviert."

Ein "echter Schock" war es für Craven dagegen, als er vom Organisationskomitee Rios erfuhr, "dass kein Geld mehr vorhanden ist". Das Problem sei gewesen, "dass es nur ein gemeinsames Budget für die Olympischen Spiele und die Paralympics gab". Und das war plötzlich nahezu komplett aufgebraucht. "Wir mussten uns damit auseinandersetzen und haben viele sehr ernste Gespräche mit dem OK geführt", berichtet der 66-Jährige: "Inzwischen haben wir eine Situation, in der ein gutes Event möglich ist. Ich bin wieder zuversichtlich."

"die besten Spiele, die wir jemals erlebt haben"

Sportlich zumindest würden es "die besten Spiele, die wir jemals erlebt haben", versichert Craven: "Das Niveau wird so hoch sein wie noch nie. Das ist sicher. Dazu kommen die brasilianischen Fans mit ihrer Leidenschaft - das werden tolle Spiele."

Seine letzten im übrigen. Denn nach vier Amtszeiten und dann 16 Jahren an der Spitze des IPC darf sich Craven im September 2017 nicht mehr zur Wahl stellen. Wehmut habe er "auf keinen Fall", beteuert der frühere Rollstuhl-Basketballer: "Ich habe mein Bestes gegeben und hinterlasse einen Verband, der sich immer mehr entwickelt."

Außerdem werde seine Frau "sehr glücklich sein, wenn es vorbei ist". Er selbst werde sich auch sicher nicht langweilen. "Ich werde Cricket schauen", sagt er lachend: "Meine Frau hat davon allerdings keine Ahnung. Sie kommt aus Frankreich. Sie versteht das nicht."

"Pistorius hat einen großen Fehler gemacht"

Was auch sie verstand, war, dass Oscar Pistorius der prägende Sportler der Paralympics war. Den gefallen Superstar - er sitzt wegen Mordes an seiner Freundin im Gefängnis - wird Craven in Rio vermissen. "Oscar war ein toller Athlet, aber es ist eben außerhalb des Sports etwas passiert, das sein Leben komplett verändert hat", sagt Craven: "Er hat einen großen Fehler gemacht. Dafür bezahlt er im Moment."

Der deutsche Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm sei einer, der Pistorius' Rolle einnehmen könne: "Aber nur einer von vielen."

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