"Olympia ist ein Segen für Lateinamerika"

Olympia 2016: Jubel und Proteste liegen in Rio de Janeiro in diesen Tagen nah beieinander
© getty
Cookie-Einstellungen

5. Die Olympischen Spiele werden in Rio positive Fußstapfen hinterlassen.

Carol Delmazo: Obwohl wir definitiv Chancen verpasst haben, profitiert Rio schon jetzt von vielen positiven Dingen, die den Spielen zu verdanken sind, das betrifft die städtische Mobilität und kulturelle Projekte. Die Subway Line 4, Busspuren, neue Tunnel, neue Museen, die Wiederbelebung des Stadtzentrums, Straßenbahnen und so weiter. Wir erwarten außerdem eine steigende Touristenzahl auch nach den Spielen.

Aber wie können wir den Einfluss des Sports messen? Wie viele Kinder werden ermutigt Sport zu treiben, nachdem sie die besten Athleten gesehen haben, wie sie vor ihren Augen Medaillen gewonnen und ihre Grenzen überwunden haben?

Jan Höfling: Die wirklichen Probleme bleiben auch nach den Spielen bestehen. Daran kann es keine Zweifel geben. Die Kassen sind leer, wer die Zeche bezahlen wird, ist nicht klar. Die Vermächtnisse Olympias dürften zudem keinesfalls reichen, um in Rio und in ganz Brasilien für eine Wende zu sorgen. Im Gegenzug gibt es allerdings auch Aspekte, die aktuell nur schwer zu fassen sind. Auswirkungen auf Kinder sowie Jugendliche sowie der Tourismus, der im Anschluss an ein solches Ereignis anziehen könnte, sind solche Faktoren.

Dennoch: Gerade die Menschen, die es am nötigsten haben, werden von den Spielen nicht profitieren. Die positiven Aspekte, die die Olympischen Spiele mit sich bringen werden, dürften wie ein Regenbogen zwar schön sein, aber schnell wieder verblassen.

Rodrigo Perpetuo: Ja, die Spiele können positive Spuren hinterlassen. Neue Sportstätten, Anreize für einen gesünderen Lebensstil, olympische Werte, internationale Wahrnehmung, all das liegt auf dem Silbertablett, alles ist möglich. Die Frage wird sein, wie all das bewahrt und genutzt wird nach den Spielen. Das ist die große Herausforderung. Leider kann ich nirgends Pläne oder Strategien für die nachhaltige Nutzung nach den Spielen entdecken, deshalb besteht die Gefahr, dass Rio nur für einen kurzen Zeitraum profitieren wird.

Liane Killmann: Sicher wird man positiv besetzte Hochglanzbilder in Erinnerung behalten. Es wird auch die für die Stimmung so wichtigen brasilianischen Helden geben, Neymar vielleicht? Die positiven Entwicklungen in Rios Infrastruktur sind unbestritten, Ihr habt die Projekte aufgezählt. Für mich bleibt die wesentliche Frage, inwiefern der Großteil der Bevölkerung etwas davon haben wird. Es ist von einem Großereignis wie den Olympischen Spielen zu viel verlangt, über Jahrzehnte gewachsene soziale Ungleichheit auf einen Handstreich mit Millionen-Investitionen zu heilen. Aber die Diskussion muss an dieser Stelle ebenso geführt werden wie die des Umgangs mit gewählten und/oder korrupten Regierungsmitgliedern.