Olympia-Dorf "weder sicher noch fertig"

SID
Das olympische Dorf droht für die Organisatoren zum Desaster zu werden
© getty

Überlaufende Toiletten, Gasgeruch, undichte Rohre, mangelhaft isolierte Kabel - und Schmutz überall. Das Olympische Dorf in Rio de Janeiro droht ein Desaster für die Organisatoren und eine Qual für die Sportler zu werden.

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Spiegel und sogar Klodeckel wurden von Arbeitern geklaut, die australische Delegation verweigerte am Sonntag nach einem missratenen Testlauf den Einzug. Das Athletendorf sei "weder sicher noch fertig".

Delegationsleiterin Kitty Chiller untersagte ihren Athletinnen und Athleten den Einzug und gab die Order: Ab ins Hotel! "Angesichts der Vielzahl von Problemen einschließlich Gas, Strom und Heizung habe ich beschlossen, dass kein australisches Teammitglied sich bis auf Weiteres in dem uns zugewiesenen Gebäude bewegen wird", teilte sie genervt mit. Laut Angaben des brasilianischen Fernsehsenders O Globo beklagten die Delegationen Neuseelands und Großbritanniens ähnliche Mängel.

Die ersten Deutschen sollten am Montag kommen. Eine riesige schwarz-rot-goldene Fahne hängt bereits am Balkon des deutschen Wohnblocks, darüber auf zwei Bannern in Versalien der Schriftzug: Team Germany. Auch die Franzosen haben stolz ihre Tricolore an der Fassade befestigt. Die Delegationen der USA und Israels verzichten in ihren Quartieren im olympischen Athletendorf dagegen auf eine solche Außendarstellung - Anonymität hat angesichts der weltweiten Terrorgefahr Priorität.

Am Sonntag um 9.00 Uhr Ortszeit öffnete die Vila dos Atletas, Heimstätte der Sportler für die Sommerspiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August), ihre Pforten. Aus Sicherheitsgründen bezogen die Israelis bereits vor dem Startschuss ihr Quartier. Insgesamt wurden am ersten Tag Sportler aus 14 Nationen auf dem 200.000 Quadratmeter großen Gelände erwartet.

"Hier ist es sicher"

Von offizieller Seite wird alles versucht, die Angst vor einem Terroranschlag herunterzuspielen. "Hier ist es sicher. Das Dorf war die erste Einrichtung, die durchforstet worden ist. Es gibt einen doppelten Sicherheitszaun, Kontrollen wie auf einem Flughafen", sagt Mario Cilenti. Doch der Direktor des Olympiadorfes muss auch eingestehen: "Hier ist es nicht mehr oder weniger sicher, bloß weil es Brasilien ist."

Die Nationalgarde steht rund um die Uhr vor und auf dem Gelände im Olympiaherz Barra da Tijuca. Jedes der 206 Teilnehmerländer kann eigenes Sicherheitspersonal in die Gebäude reinlassen, aber nur als Gast mit vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ausgestellten Tagesausweisen.

Sicherheitsmängel traten jedoch schon vor dem Einzug des ersten Athleten zu Tage. In manchen Zimmern wurde alles, was tragbar ist, schlicht von Arbeitern mitgenommen. Lampen, Spiegel, Toilettendeckel. Auf den letzten Drücker mussten die Hausmeister auch noch Defekte in den Bereichen Strom, Gas und Wasser beheben, bevor die Quartiere übernommen wurden.

Dorf in "einwandfreiem Zustand"

In wenigen Tagen werden wohl dennoch alle 3604 Apartments in den 31 Wohnblöcken von den 17.950 Sportlern und Teammitgliedern belegt sein. Spätestens bis zum Ende der Woche versprach das Organisationskomitee der Spiele ein Dorf im "einwandfreien Zustand". Luxus gibt es dennoch nicht, stattdessen Plastikvorhänge in den Duschen und Kleiderschränke aus einem Gestell mit Stoffwänden. Die Anlage ist dennoch charmant. Mit Gehwegen, gepflastert nach den berühmten Mosaikmustern der Strände Copacabana und Ipanema. Mit einem künstlichen Ministrand. Mit Schwimmbädern, Sportfeldern, Freizeiträumen, Fitnessstudios, einer ärztlichen Versorgungsstation und einem religiösen Zentrum.

Beeindruckend ist vor allem das Hauptrestaurant, größer als zwei Fußballfelder, mit Kapazität für 5000 Personen zur selben Zeit. Mehr Gigantismus gefällig? Geplant wird täglich mit 60.000 ausgeteilten Mahlzeiten oder 210.000 Tonnen Nahrung. Für den Verzehr stehen während der Spiele acht Millionen Teller, 3,5 Millionen Bestecke und 11,5 Millionen Servietten zur Verfügung.

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