Deutschland: Die vielseitige Weltmacht!

Von Florian Regelmann
Unsere Helden: Die deutsche Vielseitigkeitsmannschaft
© spox

Bääm! Am vierten Tag der Olympischen Spiele in London regnet es deutsche Medaillen. Einmal mehr wird klar: Wir sind Reiten! Die Vielseitigkeitsreiter sind mit ihrem Doppel-Gold die Helden des Tages. Außerdem: Michael Phelps schreibt Sportgeschichte und das chinesische Supergirl schlägt wieder zu. Und zu später Stunde erreicht Dimitrij Ovtcharov nach einem echten Drama das Tischtennis-Halbfinale.

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Es geht doch! Und wie! Gleich fünf Medaillen (2x Gold, 2x Silber, 1x Bronze) sammelte das deutsche Team am vierten Tag in London.

Vielseitigkeits-Gott Michael Jung krönte sich innerhalb von wenigen Stunden zum Doppel-Olympiasieger, Teamkollegin Sandra Auffahrt holte sich Bronze. Judoka Ole Bischof musste sich nach der Goldmedaille von Peking mit Silber zufrieden geben, im Kanu-Slalom raste Sideris Tasiadis auf Rang zwei. Fast hätte es sogar die erste deutsche Schwimm-Medaille gegeben, die 4x200m-Freistil-Staffel um Paul Biedermann wurde nach starker Leistung Vierter.

Der ganze Tag zum Nachlesen im Ticker

5 Medaillen an einem Tag? Nach den Anlaufschwierigkeiten muss man von einer wahren Explosion sprechen. Im Medaillenspiegel hat sich Deutschland in die Top 10 verbessert. Vor Russland, meilenweit vor Großbritannien (immer noch ohne Gold!) - und jetzt wird Nordkorea und Kasachstan angegriffen.

Denn: Am Mittwoch (9 Uhr im LIVE-TICKER) steht unter anderem das Achter-Finale mit dem völlig unbesiegbaren deutschen Flagschiff auf dem Programm.

Die Entscheidungen des Tages (Vorschau auf Tag 5):

WettbewerbEntscheidung
Fechten, Männer, Florett EinzelDeutsche mies - Chinese siegt
Gewichtheben, Frauen, 63 kgKasachin wird Olympiasiegerin
Gewichtheben, Männer, 69 kgGold? Mal wieder China
Judo, Frauen, bis 63 kgSlowenien schlägt China
Judo, Männer, bis 81 kgOle Bischof holt Silber
Kanu/Slalom, Männer, Einer-CanadierTasiadis paddelt zu Silber
Reiten/Vielseitigkeit, MannschaftGOLD für Deutschland!
Reiten/Vielseitigkeit, EinzelGOLD für Michael Jung!
Schießen, Männer, SkeetBronze für Dakar-Sieger
Synchronspringen, Frauen, TurmDeutsches Duo auf Rang 6
Turnen, Frauen, MannschaftGold für US-Turnerinnen
Schwimmen, Frauen, 200m FreistilGold für Allison Schmitt
Schwimmen, Männer, 200m Schmetterling Anschlag-Drama: Phelps 2.
Schwimmen, Frauen, 200m LagenDie 16-Jährige macht's wieder
Schwimmen, Männer, 4x200m FreistilDSV-Staffel verpasst Bronze

Was sonst noch wichtig war:

Badminton: Was Juliane Schenk kann, kann auch Marc Zwiebler. Der Deutsche gewann nach hartem Kampf auch sein zweites Gruppenspiel mit 2:1 (17:21, 21:10, 21:16) gegen den starken Ukrainer Dmytro Zavadsky. Europameister Zwiebler steht damit im Achtelfinale.

Basketball/Männer: Das Dream Team kam ganz spät in die Halle und besiegte nach anfänglichen Problemen (es stand nur 35:30) die Tunesier dank ihrer zweiten Garde mit 110:63. Topscorer: Carmelo Anthony und Kevin Love mit je 16 Zählern. Spanien (82:70 gegen Australien) und Russland (73:54 gegen China) marschieren derweil weiter. Frankreich setzte sich in der heißesten Begegnung des Tages mit 71:64 gegen Argentinien durch. Tony Parker erzielte 17 Punkte. Die Briten verloren auch ihr zweites Spiel, 62:67 gegen Brasilien.

Beachvolleyball: Was ein Match! Sara Goller und Laura Ludwig lieferten sich einen irren Fight mit den Brasilianerinnen Maria Antonelli/Talita Rocha. Am Ende stand eine unglückliche 1:2-Pleite. 19:21, 31:29, 13:15. Im 2. Satz wehrte das deutsche Duo 9 Matchbälle ab und hätte das Spiel fast noch komplett gedreht. Goller/Ludwig haben immer noch gute Chancen, das Achtelfinale zu erreichen. Dafür müssen sie zum Abschluss der Vorrunde gegen die Niederländerinnen Madelein Meppelink/Sophie van Gestel gewinnen. Das deutsche Männer-Duo Jonathan Erdmann und Kay Matysik verlor auch das zweite Match (0:2 gegen die Niederländer Reinder Nummerdor/Richard Schuil) und steht vor dem Aus.

Handball/Männer: Dänemark gewann das Topspiel gegen Spanien knapp mit 24:23 (8 Tore Mikkel Hansen). Michael Knudsen warf 13 Sekunden vor Schluss den Siegtreffer. Neben Dänemark hat auch Kroatien in der Gruppe B das zweite Vorrundenspiel gewonnen (31:23 gegen Vize-Europameister Serbien). In der Gruppe A sind wie erwartet noch Frankreich (32:20 gegen Argentinien), Island (32:22 gegen Tunesien) und Schweden (41:19 gegen Großbritannien/13 Tore Niclas Ekberg) ungeschlagen.

Hockey: Die deutschen Damen verloren nach einer enttäuschenden Vorstellung und trotz früher 1:0-Führung mit 1:3 gegen Australien. Das ist natürlich ein Rückschlag im Kampf ums Halbfinale. Nächster Gegner ist am Donnerstag Südafrika. In der deutschen Gruppe B ist nur noch Neuseeland (4:1 gegen Südafrika) unbesiegt, Weltmeister Argentinien verlor mit 0:1 gegen die USA.

Schwimmen: Christian vom Lehn und Marco Koch qualifizierten sich zunächst für die Halbfinals über 200m Brust, hatten dort aber erwartungsgemäß keine Chance auf das Finale und schieden auf Rang 12 (vom Lehn) und 13 (Koch) aus.

Segeln: Die deutschen Surfer Toni Wilhelm und Moana Delle haben einen guten Start erwischt. Wilhelm kam in den ersten beiden von zehn Wettfahrten vor dem Medaillenrennen jeweils auf den dritten Platz und liegt damit auch in der Gesamtwertung auf Bronze-Kurs. Delle hält nach den Plätzen vier und fünf auf dem fünften Rang. Bitter lief es für das 49er-Duo Tobias Schadewaldt und Hannes Baumann. Nach dem Frühstart am Montag kenterte das Boot am Dienstag in beiden Rennen. Folge: Rang 18 (von 20).

Tennis: Angelique Kerber, Sabine Lisicki und Julia Görges haben alle das Achelfinale erreicht. Kerber hatte mit der Ungarin Timea Babos beim 6:1, 6:1 überhaupt keine Probleme und trifft im Achtelfinale jetzt auf Venus Williams. Lisicki musste erneut beißen, besiegte die Kasachin Yaroslava Shvedova nach Abwehr eines Matchballs aber noch mit 4:6, 6:3, 7:5. Nächste Gegnerin: Maria Sharapova. Julia Görges bezwang Varvara Lepchenko mit 6:3, 7:5 und bekommt es jetzt mit Maria Kirilenko zu tun. Schlecht lief es im Doppel: Sowohl Kerber/Lisicki (2:6, 5:7 gegen Williams/Williams) als auch Görges/Grönefeld (2:6, 1:6 gegen Makarova/Vesnina) sind raus. Lockere Siege feierten bei den Herren Novak Djokovic (6:2, 6:1 gegen Andy Roddick) und Andy Murray (6:2, 6:4 gegen Jarkko Nieminen).

Tischtennis: UNFASSBAR! Einen Tag nach dem Timo-Boll-Debakel kam es zum Drama um Dimitrij Ovtcharov. Mit traumhaftem Ausgang. Der Deutsche gewann sein Viertelfinale gegen den Dänen Michael Maze nach einem irren Verlauf mit 4:3 und ist unter den besten Vier. 11:8, 12:10, 1:11, 9:11, 9:11, 11:6, 11:9. Im fünften Satz lag er schon 6:8 zurück und kam zurück. Bravo, Dimi! Das war ganz groß. Jetzt geht es im Halbfinale wahrscheinlich gegen die Nummer eins Zhang Jike. Randnotiz: Die ARD hielt es selbstverständlich nicht für nötig, es live zu zeigen. Bei den Damen kommt es wenig überraschend zu einem rein chinesischen Final-Duell zwischen Ding Ning und Li Xiaoxia.

Volleyball: Für die deutschen Männer läuft es weiter äußerst bescheiden. Nach dem 0:3 gegen Russland konnte das Team auch gegen die USA keinen Satz gewinnen. 23:25, 16:25, 20:25. Am Donnerstag muss nun das Schlüsselspiel gegen Serbien unbedingt gewonnen werden, sonst ist die Viertelfinal-Chance so gut wie weg. Brasilien fertigte Russland derweil nach einer beeindruckenden Leistung mit 3:0 ab.

Mann des Tages: Chad le Clos

Doppel-Gold am 30. Geburtstag! Klar, Michael Jung aus Horb am Neckar ist Deutschlands Sport-Held des Tages, er hat als erster Reiter der Geschichte die Welt-, die Europameisterschaft und Olympia in Serie gewonnen. Und er ist eine lässige Socke. Genau wie sein Württemberger Super-Pferd Sam. Dennoch soll an dieser Stelle ein anderer Champion gewürdigt werden. Und zwar der Südafrikaner Chad le Clos. Der Name an sich ist schon wieder legendär. Und dann fing der 20-Jährige über die 200m Schmetterling auf den letzten Metern noch Michael Phelps auf dessen Paradestrecke ab und holte Gold.

"Michael ist mein Held. Ich kann es einfach nicht glauben", sagte le Clos im Anschluss. Okay, Phelps schenkte ihm den Sieg mit seinem fatalen Patzer beim Anschlag auch irgendwie, aber egal. Chad le Clos ist Olympiasieger. Dass er damit nie im Leben gerechnet hatte, sah man bei der Siegerehrung. le Clos, der immer noch seine Schwimmbrille um den Hals baumeln hatte, weinte Freudentränen. Seine Eltern weinten auf der Tribüne. SPOX liebt diese Momente der echten Gefühle bei den Sommerspielen und weinte fast mit. Was ein Bild.

Frau des Tages: Ye Shiwen

Okay, diesmal war es kein Wunder-Rennen. Über 200m Lagen gewann Ye Shiwen nicht mit Weltrekord. Olympischer Rekord wurde es aber allemal. Wie die 16-Jährige die letzten 50m Freistil den Turbo zündete, war schon wieder nicht von dieser Welt. Man muss es sich noch mal vor Augen führen, was dieses Supergirl bis jetzt in London geleistet hat. Über die 400m Lagen war sie bei ihrem Fabel-Weltrekord am Ende bekanntermaßen schneller unterwegs als Ryan Lochte und Michael Phelps in ihrem Lagen-Rennen kurz zuvor.

Die letzten 50 Meter Freistil war sie dort 17 Hundertstel schneller als Lochte, auf der vorletzten Bahn war sie 8 Hundertstel schneller als Phelps. Ein 16-jähriges Mädchen schneller als die beiden US-Superstars... Jetzt gab es also keinen weiteren Fabel-Weltrekord. Man ist geneigt zu sagen: Zum Glück. Die Diskussionen, ob das alles mit rechten Dingen zugehen kann, werden ohnehin nicht abreißen. Von der Physiognomie her würde nichts auf Doping hindeuten, sagen Experten. Ye Shiwen hätte noch ein nettes Mädchengesicht und kein Wachstumshormonkinn. Aber kann man sich innerhalb eines Jahres um 7 Sekunden steigern? Es gibt unglaubliche Dinge, aber so unglaubliche? Das muss jetzt erst mal jeder für sich selbst entscheiden.

Sprüche des Tages:

"Bei uns verpassen Sie nichts!" (ARD-"Moderator" Michael Antwerpes macht richtig schlechte Witze)

"Ich war sehr glücklich mit meinen Silber, aber als Sieger ist es natürlich irgendwie noch ... (Michael Jung zuckt nach seinem Einzel-Gold mit den Achseln)

"Aber dann kamen ja die Franzosen, die Briten, die Amerikaner, und am grünen Tisch haben sie uns die Goldmedaille mit einer fragwürdigen Entscheidung weggerissen, und das haben sich die Deutschen gemerkt, denn seit 2008 wird zurückgeritten. Wir holen uns Gold zurück, gnadenlos. 2008, 2012, Kapitel 1 am heutigen Tag ist erfüllt." (ARD-Reporter-Legende Carsten Sostmeier in seinem Kommentar beim Vielseitigkeits-Gold)

"Wenn du kein Glück hast, dann kommt auch noch Pech dazu." (Philosoph Paul Biedermann nach Platz 4 mit der Staffel)

"Es tut mir leid, dass wir kein vernünftiges Spiel gezeigt haben. Aber ich bin dafür verantwortlich, nicht die Spielerinnen. Es war wichtig für uns, nicht nach Glasgow reisen zu müssen." (Trainer Norio Sasak gibt offen zu, dass Japans Fußball-Frauen gegen Südafrika absichtlich auf 0:0 spielten)

"Die FEI versteht, dass es nicht fair war, Shin A Lam so zu behandeln. Sie bekommt eine Auszeichnung." (Shin A Lam bekommt nach dem Degen-Drama einen Ehrenpreis vom Fecht-Weltverband. Da kommt sicher Mega-Freude auf)

Zahlen des Tages:

5 Medaillen holte das deutsche Team. An einem einzigen Tag! Wer hätte das noch für möglich gehalten?

5 Nochmal die 5. Denn Michael Phelps fehlten über seine Paradestrecke 200m Schmetterling am Ende 5 Hundertstel zu Gold, weil er am Anschlag den sicheren Sieg noch verdaddelte.

5 Und noch mal die 5. Denn Florett-Olympiasieger Benjamin Kleibrink schaffte vier Jahre nach seinem Peking-Triumph in der Neuauflage des Finales von 2008 nur ganze 5 Punkte gegen den Japaner Yuki Ota und schied ganz früh aus.

9 Aufschläge spielten die topgesetzten Chinesinnen Wang Xiaoli/Yu Yang beim Badminton-Turnier im Match gegen die Südkoreanerinnen Jung Kyung Eun/Kim Ha Na im ersten Satz ins Netz oder Aus. Beide Paare wollten absichtlich verlieren, um eine bessere Ausgangsposition in der K.o.-Runde zu haben. Stark.

13 Goldmedaillen haben die Chinesen schon wieder...

19 Medaillen hat Michael Phelps nach seinem Staffel-Gold jetzt bei Olympischen Spielen gewonnen. Damit knackte er den Rekord der früheren russischen Kunstturnerin Larissa Latynina und ist jetzt der erfolgreichste Olympionike aller Zeiten! Wow.

155 Minuten dauert aktuell der dritte Satz beim Doppel der Herren Berdych/Stepanek und Melo/Soares. Bis es dunkel wurde, konnte noch keine Entscheidung gefunden werden. Aus Sicht der Tschechen steht es: 6:1, 4:6, 18:18.

180 Noch mal Wimbledon. Noch mal Wahnsinn. 180 Minuten dauerte der dritte Satz beim unfassbaren Match zwischen Jo-Wilfried Tsonga und Milos Raonic. Der Franzose gewann am Ende mit 6:3, 3:6, 25:23!

Name des Tages: Anthony Yigit

Nachdem wir am Montag den kamerunischen Boxer Christian Donfack Adjoufack in unser Herz geschlossen haben, schauen wir ab sofort jeden Tag nach den schönsten Namen der Sommerspiele. Die Auswahl ist riesig. Den indonesischen Silbermedaillengewinner im Gewichtheben mit dem klangvollen Namen Triyatno Triyatno hatten wir weit oben auf dem Zettel, entschieden haben wir uns aber dann doch wieder für einen Boxer: Anthony Yigit aus Schweden. Und er hat auch noch gewonnen. 13:9 gegen Francisco Vargas Ramirez aus Puerto Rico.

Olympia 2012: Alle Wettkämpfe im Zeitplan

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