"Silber ist das neue Gold"

Von Bastian Strobl
Der deutsche Vierer-Kajak freut sich über "goldenes Silber"
© spox

Deutschland macht im Medaillenspiegel durch insgesamt 15 Gold-Medaillen einen großen Sprung... Zumindest, wenn es nach Kanutin Katrin Wagner-Augustin geht. Dima Ovtcharov und Co. besiegen im Spiel um Bronze einen Milan-Liebling. Außerdem: Eine Türkin beweist Olympischen Sportsgeist und Scott Brash wird zum britischen Casanova.

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Die Diskussion um das fehlende Sieger-Gen des deutschen Teams geht weiter. Am zwölften Tag der Olympischen Spiele in London regnete es wieder Silber- und Bronze-Medaillen.

Im Tischtennis bezwangen Timo Boll und Co. im Spiel um Platz 3 das Team aus Hongkong. Auch Max Hoff im Einer-Kajak und Martin Hollstein/Andreas Ihle im Zweier-Kajak holten Bronze. Der Vierer-Kajak der Frauen gewann zudem Silber, musste dabei jedoch die erste Niederlage seit 20 Jahren einstecken.

Der Tag zum Nachlesen im Ticker

Wenn es nach Katrin Wagner-Augustin geht, ist Deutschland sowieso eine Silber-Nation. Man habe sich also angepasst, so die Kanutin. Das Olympische Motto lautet in diesem Jahr deswegen: "Zweiter zu sein ist alles!" Ein Antrag an das IOC, ab jetzt den Medaillenspiegel nach den gewonnenen Silber-Medaillen zu ordnen, gibt es Gerüchten zufolge allerdings noch nicht.

Nur einer tanzte aus der Reihe. Sebastian Brendel krönte sich im Canadier zum Olympiasieger. Sein Harting'scher Kommentar dazu: "Das ist Wahnsinn." Sein Shirt blieb übrigens ganz.

Brendel könnte an Tag 13 (9 Uhr im LIVE-TICKER) allerdings Gesellschaft bekommen. Julius Brink und Jonas Reckermann wollen sich im Beachvolleyball-Finale ihren großen Traum erfüllen. Zudem kämpft das deutsche Speerwurf-Trio um Edelmetall.

Und wer weiß: Vielleicht erinnern sich ja auch die Dressur-Reiter an einstige Stärken. Für das größte Aufsehen dürfte aber das 200-Meter-Finale sorgen. Dann steht der zweite Teil der Usain-Bolt-Trilogie an.

Die Entscheidungen des Tages (Vorschau auf Tag 13):

WettbewerbEntscheidung
Beachvolleyball, FrauenUS-Girls schreiben Geschichte
Kanu, Männer, Einer-CanadierGOLD! Brendel ist Olympiasieger
Kanu, Männer, Einer-KajakMax Hoff holt Bronze
Kanu, Männer, Zweier-KajakPlatz 3 für Peking-Olympiasieger
Kanu, Frauen, Vierer-KajakSilber! DKV-Siegesserie gerissen
Leichtathletik, Frauen, WeitsprungBrittney Reese behält die Nerven
Leichtathletik, Frauen, 400 m HürdenRussin wird Favoritenrolle gerecht
Leichtathletik, Frauen, 200 mFelix krönt endlich ihre Karriere
Leichtathletik, Männer, 110 m HürdenDoppelsieg für das US-Team
Pferdesport, Einzel, SpringenEhning reitet an Medaille vorbei
Ringen, Frauen, 48 kgEngelhardt früh gescheitert
Ringen, Frauen, 63 kgDritter Olympiasieg für Icho
Segeln, Männer, 49erAustralien schlägt den Erzrivalen
Taekwondo, Männer, bis 58 kgSpanier Bonilla gewinnt Gold
Taekwondo, Frauen, bis 49 kgGroße Enttäuschung für Manz
Tischtennis, Männer, FinaleChina souverän - Bronze für DTTB

 

Was sonst noch wichtig war:

Basketball: Das Dream Team steht wie erwartet im Halbfinale. Gegen Australien zeigten die US-Boys aber nicht die große Show. Es war eher Dienst nach Vorschrift. Sobald die Australier etwas näher rankamen, zogen LeBron James (11 Punkte, 14 Rebounds, 12 Assists) und Co. wieder etwas an. In der Runde der letzten Vier wartet nun Argentinien, das sich gegen Brasilien durchsetzte. Das andere Halbfinale bestreiten Russland und Spanien. Die Iberer lieferten sich im Viertelfinale mit Frankreich ein intensives Duell im Stile der 90er Jahre.

Handball: Frankreich gegen Spanien, Teil 2! Anders als im Basketball behielt aber diesmal die Equipe die Oberhand, wenn auch in buchstäblich letzter Sekunde (23:22). Die Franzosen dürfen sich beim überragenden William Accambray für den Einzug ins Halbfinale bedanken. Der 24-Jährige erzielte in der zweiten Hälfte sieben Tore, unter anderem den Game-Winner eine Sekunde vor dem Schlusspfiff. Für Frankreich geht es nun gegen Kroatien. Im anderen Halbfinale trifft Schweden auf Ungarn, das Island in einem Krimi inklusive zweifacher Verlängerung besiegte (34:33).

Hockey: 4:1 gegen Südkorea, Platz 7. Eigentlich war den deutschen Damen ein versöhnlicher Abschied gelungen. Doch Mandy Haase sorgte noch für einen Eklat, als sie in deutlicher Art und Weise mit Bundestrainer Michael Behrmann abrechnete: "Es macht mich wütend, dass wir in London nicht mit der besten Mannschaft angetreten sind." Hintergrund: Aus Sicht der Mannheimerin Haase haben sich "Hamburger Trainer für Hamburger Spielerinnen entschieden." Ein unrühmliches Ende der Golden Girls!

Leichtathletik: Manche spazieren an einem milden Herbsttag durch den Park. Usain Bolt spaziert einfach mal so ins 200-Meter-Finale. Auch sein Trainingspartner Yohan Blake joggte mehr, statt richtig zu sprinten. Am Donnerstagabend müssen im Endlauf dann aber endlich die Karten auf den Tisch gelegt werden. Aus deutscher Sicht gab es Jubel und Trauer: Während das Stabhochsprung-Trio Otto, Mohr und Holzdeppe das Finale erreichte, verzweifelte Speerwurf-Weltmeister Matthias de Zordo - geschwächt von einer Ellbogenverletzung - bereits in der Quali. Besser erging es Hammerwerferin Bettty Heidler, die ganz locker in den Endkampf einzog. Im Zehnkampf erlebte Pascal Behrenbruch derweil einen Tag zum Vergessen. Vor den letzten fünf Disziplinen ist sein Medaillentraum eigentlich bereits geplatzt.

Radsport/BMX: Schlimmer hätte es für Maik Baier und Luis Brethauer kaum kommen können. Nach einer durchwachsenen Qualifikation trifft Brethauer auf Weltmeister Sam Willoughby und Peking-Olympiasieger Maris Strombergs. Auf Baier wartet unter anderem US-Boy Connor Fields, einer der Mitfavoriten.

Segeln: Die deutschen Segler bleiben in London weiter ohne Medaille. Die Hamburgerinnen Kathrin Kadelbach und Friederike Belcher erreichten zwar das Finale der Top Ten, das am Freitag stattfindet, haben als Achte aber keine Chance mehr auf eine Medaille.

Volleyball: Der Traum von der ersten Olympia-Medaille seit 40 Jahren ist geplatzt. Dem deutschen Team wurde im Viertelfinale gegen Bulgarien deutlich die Grenzen aufgezeigt. Die glatte Drei-Satz-Pleite lässt keinen Spielraum für Ausreden offen. Bulgarien trifft damit im Halbfinale auf Russland. Im anderen Halbfinale kommt es zur Partie zwischen Brasilien und Italien, das vollkommen überraschend den Olympiasieger USA aus dem Turnier kegelte.

Wasserspringen: Christin Steuer und Maria Kurjo haben die erste Hürde genommen. Beide deutschen Wasserspringerinnen haben das Halbfinale vom Turm erreicht. Gerade Steuer konnte überzeugen und belegte nach fünf Sprüngen einen hervorragenden dritten Platz.

Mann des Tages: Scott Brash

Warum wird man Sportler? Für den Ruhm, logisch! Für das Geld, eh klar! Um auf Galas und Veranstaltungen zu gehen, vielleicht! Scott Brash ist das relativ egal. Der Brite, der im Springreiten Gold holte, erhofft sich etwas ganz anderes.

"Ich hoffe wirklich, dass ich jetzt ein bisschen besser bei den Frauen ankomme. Das ist alles, was ich will", erklärte der 26-Jährige am Mittwoch im Gespräch mit der "BBC".

Wen man den Geschichten aus dem Olympischen Dorf glauben mag, dürfte eine Goldmedaille um seinen Hals bei der Partnersuche nicht gerade schaden. Lass' es krachen, Scotty!

Frau des Tages: Merve Aydin

Der Olympic Spirit lebt, man mag es kaum glauben! War es am Dienstag Liu Xiang, der sich verletzt ins Ziel schleppte, rührte an Tag 12 Merve Aydin die Zuschauer im Olympiastadion zu Tränen.

Dabei hatte es die Türkin weit schwieriger als der Chinese. Immerhin trat sie nicht über 110 Meter Hürden an, sondern im 800-Meter-Vorlauf. Bei etwa der Hälfte der Strecke verletzte sich Aydin. Aber aufgeben? Bei Olympia? Geht's noch? Quälend langsam, mit Tränen in den Augen kämpfte sie sich dem Ziel Schritt für Schritt entgegen.

Als die 22-Jährige endlich auf die Zielgerade einbog, brandete im weiten Rund tosender Applaus auf. Ihre Zeit am Ende: 3:24,35 Minuten. Das reichte zwar nicht für den Einzug ins Halbfinale. Dafür sorgte sie für einen weitern Olympischen Moment in Sachen Sportsgeist.

Sprüche des Tages:

"Wie der Harting sein Hemd zerrissen hat, hat mir schon gefallen. Wenn du außergewöhnlich erfolgreich sein willst, kannst du nicht normal ticken." (FCB-Messias Matthias Sammer denkt offenbar über die Verpflichtung von Robert Harting nach)

"Er ist ja riesig, aber für seine Größe sah das ganz ordentlich aus. Wenn er ein paar Wochen mit mir trainiert, kann er richtig schnell werden." (Auch Hürden-Olympiasiegerin Sally Pearson ist von Robert Harting beeindruckt)

"Danke für die Einladung zur Fahrt auf der MS Deutschland nach Hamburg, aber mir wird schon auf einem Treetboot schlecht." (Harting zum Dritten... Jetzt reicht's aber auch)

"Die sind ja nicht ganz ungefährlich, die Viecher." (Freiwasser-Weltmeisterin Angela Maurer hat ihr Date mit einem Schwan nicht gefallen)

"Wir sind rangeflogen, aber irgendwann ist der Körper blau." (Kanute Andreas Ihle über die Aufholjagd im Zweier-Kajak-Finale)

"So richtig schlecht war es nicht." (Freiwasserschwimmer Thomas Lurz über die medaillenlosen Leistungen der Kollegen im Becken)

"Die deutsche Mannschaft gewinnt hier lauter Silber. Silber ist das neue Gold und wir haben uns da angeschlossen." (Kanutin Katrin Wagner-Augustin über ihre Silbermedaille im Vierer-Kajak... Ohne Worte...)

"Das ist ganz schön schwer. Da muss ich gucken, dass mein Nacken locker bleibt." (Canadier-Olympiasieger Sebastian Brendel erkennt die Tücken einer Goldmedaille)

Zahlen des Tages:

2,1 Millionen Tickets wurden für die Paralympics bereits verkauft. Damit stellte London drei Wochen vor dem Startschuss einen neuen Rekord auf.

6 Minuten dauerte der Auftritt von Sumeyye Manz bei Olympia. Dann war das Abenteuer London für die WM-Dritte im Taekwondo auch schon wieder vorbei.

8 Weltmeistertitel hat Allyson Felix bereits gewonnen. In London gesellte sich endlich das lang ersehnte Olympia-Einzelgold dazu.

21 Spiele in Folge haben die Beachvolleyballerinnen Misty May-Treanor und Kerri Walsh bei Olympia mittlerweile gewonnen.

4108 Punkte holte Pascal Behrenbruch am ersten Zehnkampf-Tag. Zu viel zum Sterben, zu wenig für eine Medaille.

Name des Tages: Peng Tang

Ein Name wie eine Gewehrkugel. Dass Peng Tang aus Hongkong ausgerechnet einer ultraschnellen Sportart wie Tischtennis nachgeht, passt dabei wie die Faust aufs Auge. Sein Name half ihm im Spiel um Bronze trotzdem nicht weiter. 1:3 verlor er sein Einzel gegen Dima Ovtcharov. Vielleicht wäre Fußball doch die bessere Option gewesen, vor allem beim AC Milan. Das wäre zumindest für Tiziano Crudeli (und alle Zuschauer) ein Fest gewesen.

Olympia 2012: Alle Wettkämpfe im Zeitplan

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