Bach hält sich in der zweiten Reihe

SID
Thomas Bach posiert vor den Olympischen Spielen mit Tischtennis-Star Timo Boll
© Getty

Ein reichliches Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit beginnt für Jacques Rogge am Dienstag im Grosvenor House Hotel gegenüber von Speakers' Corner am Londoner Hyde Park die Abschiedstour. Thomas Bach ist ein möglicher Nachfolger als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
 

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Doch der oberste deutsche Sportfunktionär wird sich auch auf der 124. IOC-Session zu keinem Kommentar über seine Zukunft bewegen lassen und nochmals im Schatten des belgischen Chevaliers arbeiten. Als Etappensieg für Bach ist der Einzug von Ex-Fechterin Claudia Bokel als Athleten-Vertreterin in die Exekutive zu werten.

"Thomas genießt sehr viel Respekt und Unterstützung im Internationalen Olympischen Komitee", erklärte Rogge zuletzt in einem Interview der "Welt am Sonntag". "Dass er als einziger Kandidat antritt, erwarte ich nicht. So oder so: Thomas wäre ein Favorit. Daran besteht kein Zweifel."

Die Wahl des IOC-Präsidenten steht im September 2013 auf der dann 125. Session in Buenos Aires an. Der 70 Jahre alte Jacques Rogge selbst darf nach zwei Amtszeiten und insgesamt zwölf Jahren auf dem Thron der "Olympier" nicht erneut kandidieren.

Gesprächsbedarf zum Ticket-Skandal

Mit Verweis auf das noch verbleibende Amtsjahr von Rogge mag sich Bach nicht zu seiner erwarteten Kandidatur äußern. Auch andere Ambitionierte werden sich wohl erst in den letzten Monaten vor der Präsidentenkür in Argentinien aus der Deckung wagen.

Erwartet werden mindestens zwei Gegenkandidaten. Eine Bewerberin könnte die Olympiasiegerin von 1984 über die 400 Meter Hürden, Nawal El Moutawakil sein. Die Marokkanerin war die erste Afrikanerin und zugleich erste Muslimin, die olympisches Gold gewann, sitzt seit 1998 im IOC, seit 2008 gemeinsam mit Bach im engen Führungszirkel des Exekutivkomitees und will sich in London zur Vizepräsidentin wählen lassen.

Während im kommenden Jahr in Buenos Aires, wo auch der Olympia-Ausrichter für 2020 aus den drei Kandidaten Tokio, Istanbul und Madrid ermittelt wird, erhebliche Brisanz über der Konferenz der aktuell 106 IOC-Mitglieder liegt, ist in London im Licht der Olympischen Spiele Geschlossenheit gefragt. Konflikte sind angesichts der glänzenden Vermarktungserfolge im Bereich der TV-Verträge auch im Bereich der Finanzen nicht zu erwarten. Gesprächsbedarf besteht im Skandal um offenbar von Sportfunktionären verschobene Olympia-Eintrittskarten und Doping-Enthüllungen an.

Im Vorfeld der Spiele war bekannt geworden, dass fünf nochmals untersuchte Proben der olympischen Spiele 2004 in Athen positive Dopingbefunde zur Folge haben könnten. Die Auswertung der B-Proben wird in den nächsten Tagen erwartet. Die Ethik-Kommission des IOC hatte in London bereits der geständigen Dopingsünderin Crystal Cox (USA) die Goldmedaille in der Athener 4x400-Meter-Staffel aberkannt. Der Fall des ebenfalls geständigen Zeitfahr-Olympiasiegers von 2004, Tylor Hamilton (USA), soll ebenfalls in den nächsten Tagen entschieden werden.

Wahlsieg von Bokel

Ein erster großer deutscher Wahlsieg war schon vor dem Beginn der Session zu registrieren. Die ehemalige Fecht-Weltmeisterin Claudia Bokel ist in London zur Vorsitzenden der Athleten-Kommission gewählt worden und rückt damit neben Bach in das Exekutivkomitee, den engsten IOC-Führungszirkel auf.

Bei der Wahl zur Nachfolge des scheidenden Vorsitzenden Frankie Fredericks aus Namibia setzte sich Bokel gegen den viermaligen Schimm-Olympiasieger Alexander Popow aus Russland sowie den britischen Skeleton-Vizeweltmeister von 2009, Adam Pengilly, durch. "Demütig nehme ich das Vertrauen entgegen, das meine Kollegen in mich gesetzt haben", sagte Bokel. "Ich wünsche ihr alles Gute. Sie wird ein großer Anwalt der Athleten in der olympischen Bewegung sein", ergänzte Fredericks.

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