Steffen und Co. als olympische Leisetreter

SID
Britta Steffen
© Getty

Peking - Die Angst schwimmt mit, der Sportdirektor rudert zurück. Örjan Madsen findet die Frage nach den Medaillenchancen der deutschen Schwimmer in Peking "unbehaglich".

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Seine Prämisse, "besser sein als in Athen", gilt nicht mehr. Vor dem Auftakt der olympischen Wettbewerbe am 9. August geht der Cheftrainer auf Nummer sicher: "Unsere Leute müssen über sich hinauswachsen." Der 62-Jährige warnt: "Mit einer normalen Leistung ist hier nichts zu gewinnen." Die Bilanz von 2004 war bitter: null, eins, vier.

Zwei bis drei Medaillen realistisch

Es könnte noch schlechter kommen. "Eine realistische Zahl von Medaillen ist zwei bis drei", sagte Madsen im Deutschen Haus. Namentlich traut er es Britta Steffen und Helge Meeuw zu.

Die 4 x 100-Meter-Freistilstaffel soll Steffen und dem Team am ersten Tag Mut machen. Doch die Konkurrenz scheint übermächtig. Eine Flut von mehr als 50 Weltrekorden im Olympia-Jahr stimmt die Deutschen nachdenklich. Die großen Namen, vor allem aus den USA und Australien, lassen Übermut nicht zu.

"Wir können davon ausgehen, dass viele Weltrekorde fallen werden", prophezeit Madsen. Michael Phelps beginnt seine Jagd auf achtmal Gold mit den 400 Meter Lagen.

Der Amerikaner strotzt vor Selbstbewusstsein: "Ich will schwimmen, ich will mein Rennen machen, ich liebe Herausforderungen." Die sieben Goldmedaillen seines Landsmanns Mark Spitz von München 1972 sind Phelps' magische Marke.

Steffen plagt eine Virusinfektion

Für Gold-Hoffnung Steffen ist der Druck immens. Fragen geht sie aus dem Weg. Nichts soll die Konzentration stören. Zu allem Übel wurde die Europarekordlerin von einer Virusinfektion im Rachen geplagt.

Mit der Staffel will sie sich freischwimmen für die Einzel-Rennen. "Ich bin ganz schön hin- und hergerissen, alle haben eine Erwartung von mir, die ich vielleicht gar nicht erfüllen kann", hat sie gesagt. Sie weiß: Eine Medaille ist Pflicht, Gold die große Hoffnung.

Der Frankfurter Helge Meeuw ist über 100 Meter Rücken Medaillen-Anwärter. Aber auch er weist darauf hin: "Die eigenen Erwartungen sind immer realistisch zu halten." Madsen macht eines deutlich: "Ich sage nicht, dass sie Medaillen gewinnen werden, aber beide haben eine realistische Möglichkeit. Britta traue ich alles zu."

Annika Lurz aus Würzburg, 2007 als WM-Zweite über 200 Meter Freistil noch die große deutsche Olympia-Hoffnung, hat sich mit eher schwachen Leistungen aus dem Kreis der Mitfavoritinnen geschwommen.

Physisch und Mental besser als vor vier Jahren

Für Madsen, dessen zweijährige Amtszeit in Peking endet, geht es auch um einen ehrenvollen Abschied. "Ich bin sicher, dass wir physisch und mental besser sind als vor vier Jahren. Dies ist der Abschlussball. Da geht man mit Freude hin und zeigt, was man gelernt hat. Weltklasse 2008 war der Maßstab - einige Male sind wir Weltklasse gewesen, an anderen Stellen waren wir Bezirksklasse."

Wenn Südkoreas Weltmeister Tae Hwan Park im Kampf mit dem Australier Grant Hackett nach Gold über 400 Meter Freistil greift, will Paul Biedermann (Halle/Saale) wenigstens im Finale dabei sein.

Diskussionen um "Wunder-Anzug" sind beendet

"Ich mag dieses Becken, es ist etwas ganz Besonderes. Ich bin wahnsinnig motiviert", meinte Biedermann, der am Donnerstag 22 Jahre alt wurde. Die Anzug-Diskussion ist für ihn beendet: "Das geistert nicht mehr in unseren Köpfen rum. Es ist kein Thema mehr."

Doch das Gerede um den "Wunder-Anzug" des australischen Herstellers Speedo wird die Deutschen, die in einem neuen Produkt von DSV-Ausstatter adidas starten müssen, nach den ersten Niederlagen wieder einholen.

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