Knüppelhart und überlang

Von Torsten Adams
Chinesische, Mauer, Radsport
© Getty

München - Straßenrennen, Zeitfahren, Bahn, Mountainbike und BMX. Noch nie ging es im Radsport bei Olympia so bunt zu. SPOX stellt die einzelnen Disziplinen vor und hält Ausschau nach deutschen Medaillenchancen.

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Straßenrennen, Männer (Samstag, 9.8., 5 Uhr): Auf die Radprofis kommt beim olympischen Straßenrennen einiges zu. Vielfach ist von einem der schwersten Kurse, der je bei internationalen Meisterschaften gefahren wurde, die Rede. Nach rund 80 Kilometern Einrollphase beginnt ein knüppelharter Rundkurs, der sieben Mal zu bewältigen ist und den Fahrern am Ende rund 3000 Höhenmeter abverlangt.

Heißester Tipp auf die Goldmedaille ist Titelverteidiger Paolo Bettini. Der Italiener hat drei große Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten:

1. Er weiß, wie man die Olympischen Spiele gewinnt.
2. Er ist Spezialist für Eintagesrennen bzw. Klassiker mit hügeligem Profil, vielleicht sogar der beste Eintagesfahrer der letzten fünf Jahre. Hat Puncher-Qualitäten; die Strecke ist für ihn wie maßgeschneidert.
3. Er hat das stärkste Team hinter sich (Marzio Bruseghin, Damiano Cunego, Davide Rebellin, Franco Pellizotti). Und darauf kommt es beim olympischen Straßenrennen an. Deshalb werden die Italiener und die Spanier um die Toursieger der letzten beide Jahre Carlos Sastre (2008) und Alberto Contador (2007) das Rennen dominieren.

"Die Spanier werden traditionell wieder eine starke Mannschaft auf die Beine stellen. Italien ist mit Bettini und Rebellin sicherlich auch ganz vorne dabei", sagte Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer im Gespräch mit SPOX. "Aber auch die Holländer sind bei Eintagesrennen immer extrem stark. Zusammen mit Deutschland sind diese Nationen die heißesten Kandidaten auf die Medaillen."

In einem Testrennen 2007 nahmen unter anderen die beiden Australier Michael Rogers und Cadel Evans die Strecke schon einmal unter Wettkampfbedingungen in Augenschein. Beide fanden den Kurs viel schwieriger als angenommen: "Es geht hoch, dann geht es noch weiter hoch, dann fähst du ab, nur um danach wieder hochzuklettern", sagte Evans damals. "Du klettert zehn Kilometer einige sehr steile Abschnitte hoch, ohne richtige Erholungsphasen. Die Abfahrt war wegen des Gegenwinds nicht einfach."

Teilnehmer 145 (max. 5 pro Nation) 
Streckenlänge248,5 km 
  
GoldfavoritPaolo Bettini (ITA) 
MedaillenkandidatenDavide Rebellin (ITA), Alejandro Valverde, Samuel Sanchez, Oscar Freire (alle ESP), Fränk Schleck, Andy Schleck (beide LUX)
deutsche ChancenJens Voigt und Stefan Schumacher könnten ein Wörtchen mitreden. Letzterer wird sich aber wohl aufs Einzelzeitfahren konzentrieren.

EZF, Männer (Mittwoch, 13.8., 7.30 Uhr): Die 23,65 Kilometer lange Strecke kommt als eine Mischung aus Kletterabschnitten und Abfahrten daher, denn sie führt über zwei der schweren Schlussrunden des Straßenrennens. Die Fahrer beginnen also gleich mit einem rund zehn Kilometer langen Anstieg, gefolgt von einer langen Abfahrt, bis sie wieder den Beginn der anfänglichen Steigung erreichen. Dann geht das Spiel von vorne los.

Große Chancen rechnet sich Alberto Contador aus. "Die Sommerspiele sind mein nächstes Ziel", sagte der 25-jährige Toursieger von 2007 im spanischen Fernsehen. Er werde im Straßenrennen und im Zeitfahren antreten, wobei er sich mehr auf das Zeitfahren konzentrieren werde, so der Spanier.

Im Zeitfahren führt die Medaillenvergabe wohl nur über den Weltmeister Fabian Cancellara aus der Schweiz. Auch wenn Stefan Schumacher den CSC-Profi zweimal bei der Tour besiegte, bleibt Cancellara für Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer der "absolute Topfavorit".

Seinem Schützling Schumacher traut der 54-Jährige allerdings ebenfalls einiges zu: "Ich halte eine Medaille oder die Medaillennähe für realistisch. Je mehr es in Richtung Gold geht, desto überraschter und glücklicher sind wir dann", so Holczer im Gespräch mit SPOX.

Teilnehmer 40 (max. 2 pro Nation) 
Streckenlänge23,6 km
GoldfavoritFabian Cancellara (SUI)
MedaillenkandidatenStefan Schumacher (GER), Kim Kirchen (LUX), Laszlo Bodrogi (HUN), Levy Leipheimer (USA), Michael Rogers (AUS), Marzio Bruseghin (ITA), Christian Vandevelde (USA), Stef Clement (NED), Alberto Contador (ESP)
deutsche ChancenEin wenig Glück und gute Tagesform und Stefan Schumacher landet den Volltreffer und holt Gold!

Straßenrennen, Frauen (Sonntag, 10.8., 9 Uhr): Bei den Frauen gibt es nur 67 Starterinnen, maximal drei pro Nation. Hanka Kupfernagel gehört zur Weltspitze im Straßenradsport und fährt mit ehrgeizigen Zielen nach Peking: "Ich bereite mich ganz intensiv vor. Dieses Mal will ich mit einer Goldmedaille nach Hause kommen, möglichst im Straßenrennen", sagt die 34-Jährige. In Judith Arndt, Olympiazweite von Athen, sowie Trixi Worrack verfügt der BDR zudem über ein starkes Helferduo an Kupfernagels Seite.

Einzelzeitfahren, Frauen (Mittwoch, 13.8., 5.30 Uhr):

Im 25-Starterinnen-Feld gehört Hanka Kupfernagel ebenfalls zu den Favoritinnen auf Edelmetall, auch wenn die Vorbereitung mit einer achtwöchigen Pause aufgrund einer Bronchitis holprig verlief. Sie selbst würde ja am liebsten eine Medaille beim Straßenrennen abstauben, aber ihre Paradedisziplin ist der Kampf gegen die Uhr. Viele Experten sehen in ihr die große Peking-Favoritin in dieser Disziplin. "Ich fühle mich selbst auf jeden Fall stark genug, auf den ersten Rang zu fahren", sagt die amtierende Zeitfahr-Weltmeisterin.

Mountainbike, Frauen (Freitag, 22.8., 9 Uhr): Im Mountainbike-Wettbewerb der Frauen wird es erneut zum Showdown der beiden Superstars kommen: Sabine Spitz holte bereits Bronze in Athen und führt die aktuelle Weltrangliste an. Bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Juni in Italien musste sich die 36-Jährige nur ihrer derzeit größten Kontrahentin geschlagen geben,  Marga Fullana aus Spanien. Obwohl Spitz das Rennen dominierte, musste sie sich mit der Silbermedaille zufrieden geben. Das soll sich in Peking ändern. Ihr neues Bike, das bei der WM erstmals im Einsatz und das leichteste im ganzen Teilnehmerfeld war, soll bis zum olympischen Rennen von den Mechanikern optimiert werden. Vielleicht der entscheidende Unterschied im Kampf um wichtige Sekunden gegenüber Fullana.

Bahn (ab Freitag, 15.8.): Die deutschen Bahnrad-Athleten haben ihren Ruf als sichere Medaillenkandidaten verloren. Der Bahn-Vierer beispielsweise, das einstige Aushängeschild, verpasste erstmals seit 1952 die Olympia-Qualifikation. In der Disziplin Madison bilden Roger Kluge und Olaf Pollack eine Ausnahme. Bei der WM im Frühjahr kamen nur die übermächtigen Mark Cavendish und Bradley Wiggins vor den beiden Cottbusern ins Ziel. An den beiden Briten kommt auch auf dem Holzoval in Peking keiner vorbei. Zusammen mit den Franzosen sind die britischen Bahnradsportler die dominierenden Athleten in den Olympischen Bahnrad-Disziplinen.

BMX (ab Mittwoch, 20.8.): Mit zwei Wettbewerben stellen sich die BMWer in Peking einer breiten Öffentlichkeit vor. Deutsche Fahrer sind allerdings nicht am Start. Amerikaner und Chinesen gelten als die großen Medaillenfavoriten.

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