Springreiter mit halber Kraft

SID
Olympia, Peking, Pferdesport, Springen, Ahlmann
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Hongkong - Der Tag nach dem dritten Gold begann für die deutschen Pferdesport-Fans mit einer bösen Überraschung.

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Christian Ahlmann (Marl), der erste deutsche Starter im Springparcours, sammelte mit Cöster gleich zehn Strafpunkte und sorgte bei den deutschen Anhängern unter den 18 000 Zuschauern in Hongkong für einige lange Gesichter. Dass auch seine Kollegen bei der ersten Qualifikation für die Einzelwertung eifrig Strafpunkte sammelten, lag an einer äußerst gewagten Taktik.

Statt schon alles zu geben, sollten die Pferde geschont und Kräfte gespart werden. "Das sehen wir eher lässig, denn das zählt nicht für eine Medaille", kommentierte Meredith Michaels-Beerbaum das Ergebnis.

Salopp formulierte Delegationsleiter Reinhard Wendt die Vorstellung: "Nach dem Vorspiel kommt der Höhepunkt." Die meisten Reiter sahen den Auftakt mit purzelnden Stangen ebenfalls gelassen, denn die Strafpunkte der Prüfung am Freitag zählen nicht für den Team-Wettbewerb. Daher wählten die favorisierten Deutschen diese ungewöhnliche Strategie.

"Das haben wir gemeinsam mit dem Bundestrainer Kurt Gravemeier abgesprochen", erklärte Michaels-Beerbaum, die mit Shutterfly sechs Strafpunkte kassierte. "Wir haben uns entschieden, vorsichtig zu reiten und den Druck rauszunehmen." Und sie kündigte an: "Am Sonntag und Montag mit der Mannschaft reiten wir ganz anders."

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Eine Spur zu lässig?

Ein bisschen skeptischer klang ihr Schwager Ludger Beerbaum, der mit All Inclusive zehn Strafpunkte sammelte. "Wir haben es relaxt angehen lassen, vielleicht war es aber eine Spur zu lässig", sagte der deutsche Vorreiter: "Der Grat ist schmal, die Pferde können so auch die Spannung verlieren."

Dass Meredith Michaels-Beerbaum im Klassement nach der ersten von drei Qualifikationen für das Einzel-Finale auf Platz 46 liegt, störte die gebürtige Amerikanerin nicht. "Ich bin sehr zufrieden. Das war mein erster Olympia-Ritt, und ich habe einen Rekord aufgestellt als erste Frau im deutschen Team", sagte die 39-jährige Weltranglisten- Erste, mit "Schmetterlingen im Bauch" ritt.

Alles für die Mannschaft

"Wir haben ein Ziel, das ist die Mannschaft", erklärte Marco Kutscher (Riesenbeck), der mit Cornet Obolensky ebenfalls ein langsame Runde ritt und wie seine Teamkollegin auf sechs Strafpunkte kam.

Gelassenheit demonstrierte auch Ahlmann nach zwei Abwürfen und zwei Strafpunkten wegen Zeitüberschreitung. "Missglückt will ich das nicht nennen", kommentierte der Doppel-Europameister von 2003. "Das war zwar einerseits die erste Qualifikation für das Einzel, aber auch das Warm up. Erstmal zählt die Mannschaft, das steht deutlich im Vordergrund", sagte der wie Ludger Beerbaum an Position 56 geführte Ahlmann:

"Das war heute mehr Vorbereitung." Gleichwohl gab er zu, dass "zwei Abwürfe ein bisschen viel sind, ohne wäre besser gewesen", und kündigte an: "Das muss natürlich besser werden."

Das komplizierte Reglement sieht vor, dass die beiden Team-Springen zugleich zweite und dritte Einzel-Qualifikation sind. Nach Addition der Strafpunkte aus den drei Runden erreichen die besten 35 das Einzelfinale. Zugelassen sind allerdings nur drei pro Nation. Die Deutschen glauben, dass sie sich in der zweiten und dritten Qualifikation noch für das Einzelfinale qualifizieren.

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