"Bin mehr als ein Fantasy-Game-Monster"

Von Für SPOX beim US-Team: Haruka Gruber
Kevin Love in der Kabine des US-Teams nach dem Sieg über Großbritannien
© Getty

Die Statistiken sind so absurd wie die Charakterzüge einzigartig. Kevin Love von den Minnesota Timberwolves ist der ungewöhnlichste Superstar der NBA. Nur eines will er nicht sein: der nächste Christian Laettner. Der Power Forward/Center nach dem 118:78-Testspielsieg des US-Teams bei Gastgeber Großbritannien über die Olympischen Spiele, seinen Werdegang und seine Wut auf die Wolves.
 
 

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SPOX: In der TV-Sendung von Jimmy Kimmel sagten Sie im Scherz, dass Sie automatisch bei Olympia dabei seien, weil das US-Team mindestens einen Weißen bräuchte. Sie sind demnach der neue Christian Laettner?

Kevin Love: Ohne ihn beleidigen zu wollen: Aber ich hoffe nicht, dass ich der neue Christian Laettner bin. Ich plane, eine größere Rolle zu spielen als er 1992. (lacht)

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SPOX: Sie sind als Backup für Tyson Chandler eingeplant. Wie schwer ist es, anders als in Minnesota ausschließlich als Center eingesetzt zu werden?

Love: Es stimmt, ich muss mich umstellen. Es ist schon ein großer Unterschied, hauptsächlich als Power Forward zu spielen und ein paar Minuten als Center auszuhelfen, oder komplett auf der Fünf eingesetzt zu werden. Ich mache dennoch alles, was nötig ist, um Gold zu holen. Ich bin froh, dass ich nach den Ausfällen überhaupt für das US-Team in Betracht kam.

SPOX: Das US-Team spielt häufig Small Ball. Ist es überhaupt nötig, dass Sie als Center klassisch am Brett spielen? Oder können Sie nicht wie in Minnesota etwas flexibler agieren?

Love: Bei Olympia werden wir die meiste Zeit einen traditionell spielenden Center auf dem Court brauchen, weil die besten internationalen Mannschaften sehr groß aufstellen. Vor allem die Spanier mit den beiden Gasols und Serge Ibaka sind sehr gut aufeinander abgestimmt und werden jede Lücke am Korb ausnützen wollen.

SPOX: Sie nahmen bereits an der WM 2010 in der Türkei teil. Bleibt die Umstellung von NBA- auf FIBA-Basketball trotzdem schwierig?

Love: Auf jeden Fall, vor allem am Anfang. Nur weil man es vor zwei Jahren schon einmal erlebt hat, heißt nicht gleich, dass es in Fleisch und Blut übergeht. Am Ende ist es allerdings unerheblich, ob die Regeln anders sind oder die Schiedsrichter weniger abpfeifen. Wenn wir auf das Court gehen und unser Ding durchziehen, wird der Erfolg von alleine kommen.

SPOX: Zu Beginn der Vorbereitung mühten sie sich ziemlich gegen Brasilien.

Love: Stimmt, das Spiel war ziemlich tough für uns. Gegen Großbritannien sah das hingegen schon viel besser aus. Selbst an die Zeitumstellung haben wir uns schnell gewöhnt.

SPOX: Was wissen Sie von Spanien abgesehen über Ihre anderen Konkurrenten?

Love: Wir werden erst direkt vor einem Spiel über den Gegner aufgeklärt. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir jemanden unterschätzen. Es geht nur darum, dass wir unseren Gameplan und unser Spiel durchdrücken wollen.

SPOX: Wegen des ausgeglichen besetzten Kaders werden Sie bei Olympia nicht die fast schon absurd guten Statistiken aus der NBA wiederholen können. Bedauern Sie das?

Love: Ganz im Gegenteil: Ich finde es sogar mal ganz nett.

SPOX: Warum? Dank Leistungen wie die 51-Punkte-12-Rebounds-Performance in Oklahoma City oder die 30-Punkte-21-Rebounds-Performance im Spiel darauf gegen Denver gehören Sie zu den beliebtesten Spielern unter den NBA-Fans, weil Sie im Fantasy Game so wertvoll sind.

Love: Einerseits ist es schön zu wissen, dass derart viele Leute so aufmerksam werden, was ich leiste. Ich werde in den Fantasy Drafts sogar vor den ganzen Superstars gezogen, das hätte ich nie für möglich gehalten. Andererseits möchte ich betonen, dass ich mehr bin als ein Fantasy-Game-Zahlen-Monster. Ich hoffe, dass die Leute mich nicht nur wegen den Statistiken, sondern wegen meiner Art des Basketballs mögen.

SPOX: Sie wurden einmal so beschrieben: "Love ist ein Hybrid aus dem modernen europäischen Big Man und dem hart arbeitenden Old-School-Routinier aus der NBA." Stimmt das?

Love: Schwer zu sagen, ob ich wirklich eine Kreuzung bin. Es soll nicht überheblich klingen, nur ich kenne selbst keinen Basketballer, der so spielt wie ich. Daher fallen mir solche Vergleiche sehr schwer.

SPOX: Sie erzielten in der Vorsaison 26,0 Punkte, holten 13,3 Rebounds, trafen 37,2 Prozent der Dreier und führten die Liga mit 48 Double-Doubles in 55 Einsätzen an. Wo können Sie sich überhaupt noch verbessern?

Love: Eindeutig in der Defense. Die Reboundzahlen stimmen, dennoch muss ich besser mitspielen und aushelfen. Ebenso könnte ich körperlich noch zulegen. Wenn ich das alles schaffe, bin ich zuversichtlich, dass es weiter nach oben geht. Ich bin erst 23 Jahre alt und habe noch paar Saisons vor mir.

SPOX: Sie sind nicht nur wegen des Spielstils ungewöhnlich. In Ihrer Karriere trafen Sie einige Entscheidungen, die für Kontroversen sorgten: Sie verärgerten Nike, weil sie zu Reebok wechselten. Sie verärgerten die Studenten der University of Oregon, die Alma Mater Ihres Vaters, weil Sie UCLA die Zusage gaben. Woher kommt Ihr Streben nach Selbstbestimmung?

Love: Die Erklärung ist ziemlich simpel: Wenn ich denke, dass eine Entscheidung richtig ist, dann treffe ich sie. Und damit habe ich bisher alles richtig gemacht. Vor allem zu UCLA zu gehen, war ein voller Erfolg. Ich wurde perfekt für die NBA vorbereitet und fand mit John Wooden (Trainerlegende am College, Anm.d.Red.) und Bill Walton tolle Mentoren.

SPOX: Sie gelten als Spaßvogel - umso überraschender kam es, als Sie sich zuletzt zu Wort meldeten und die Timberwolves kritisierten. Woher kommt die Wut?

Love: Ich wollte die Leute im Front Office einfach motivieren, in der Offseason aktiver zu sein und neue und vor allem bessere Spieler zu verpflichten, damit wir endlich einen Sprung machen. Ich wurde 2008 von Minnesota gedraftet - und in den vier Jahren hatten wir immer eine negative Bilanz. Insgesamt sind es sogar sieben Jahre in Serie. Das zu akzeptieren fällt mir sehr schwer. Daher ist es für mich okay, die Position auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.

SPOX: Das spektakuläre Duo Kevin Love/Ricky Rubio ist zu wenig?

Love: Wir harmonieren gut. Dennoch müssen wir erstmal sehen, wie lange Ricky benötigt, um wieder richtig fit zu sein. Ich hoffe, es geht schnell. Nichtsdestotrotz können wir zwei nur die Basis sein. Wir benötigen noch ein paar gute Spieler mehr, um auf der Basis richtig aufzubauen.

SPOX: Einer der Rivalen um den Playoff-Einzug wird Dallas sein. Wie bewerten Sie den neuen Frontcourt der Mavs mit Chris Kaman und Elton Brand, die Dirk Nowitzki zur Seite stehen sollen?

Love: Es sind klasse Deals. Den Mavs wird es gut tun, dass ein frischer Wind weht. Sie haben ein komplett neues Team und werden sich eindrucksvoll zurückmelden, davon gehe ich aus.

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