Kleine Kämpferin ganz groß

Von Christian Bernhard
Huaiwen Xu
© Getty

München - Es gibt Sportarten, da spielt die Körpergröße im wahrsten Sinn des Wortes eine große Rolle.

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Basketball-Center oder Volleyball-Mittelblocker z.B. freuen sich über jeden Zentimeter, den sie mitbringen. Im Badminton ist das eigentlich nicht so. Die Weltspitze wird von den asiatischen Spielern dominiert, die mit einem tiefen Körperschwerpunkt und enormer Schnelligkeit ausgestattet sind.

Deutschlands beste Badmintonspielerin Huaiwen Xu bringt all diese Komponeten mit, trotzdem verdankt sie den Sprung in die Weltspitze mehreren glücklichen Fügungen - und ihrem unbeugsamen Kampfwillen. In ihrer alten Heimat China wurde ihr nämlich ihre Körpergröße zum Verhängnis, genauer gesagt 160 Zentimeter.

Zu klein für Chinas Nationalmannschaft

Dabei hatte für Xu alles so gut begonnen. Über die Provinzmannschaft von Sichuan war ihr der Sprung nach Peking zum Nationalteam gelungen. Dort trainierte sie wie eine besessene, zu den internationalen Turnieren fuhren aber die anderen. Die Begründung: Sie sei zu klein.

"Ich war sehr enttäuscht, dass ich keine faire Chance bekommen habe", erzählt sie etwas wehmütig. "Es ist hart für etwas kritisiert zu werden, das man nicht ändern kann. Ich kann trainieren, wachsen kann ich aber nicht."

Emails nach Europa

Dabei wusste Xu, dass es so kommen konnte. "Meine Trainerin in der Provinzmannschaft hat mir bereits gesagt, dass ich zu klein sei. Aber ich wollte mich durchbeißen", sagt sie. Ohne Perspektive entschied sie sich für den großen Schnitt und bereitete ihren Abgang nach Europa vor.

"Ich habe E-Mails nach Dänemark, Schweden, England und Deutschland geschrieben, und der VfB Friedrichshafen hat mir geantwortet", so Xu. Das war im Jahr 2000. Vom Bodensee übersiedelte die Rechtshänderin dann ins Olympiazentrum nach Saarbrücken. Seit fünf Jahren besitzt sie den deutschen Pass. Zeit genug, um genau fünfmal den deutschen Meistertitel im Einzel zu holen.

Druck liegt auf den Chinesinnen

Vielleicht geht sie gerade wegen ihrer bewegten Lebensgeschichte so locker an die Spiele heran. "Aufgeregt? Nein, nicht wirklich. Ich habe gut trainiert und muss nicht gewinnen. Das müssen die", so Xu.

Die, das sind ihre ehemaligen chinesischen Trainingskolleginnen, die in Peking an Nummer 1 bis 3 gesetzt sind und von denen ein ganzes Land Gold erwartet. "Im Gegensatz zu den Chinesinnen, habe ich nichts zu verlieren", betont die 33-Jährige.

Fremdenführerin für Team Deutschland

Auf die Unterstützung ihrer Eltern und Freunde musste Xu allerdings verzichten, "die Preise während der Spiele sind so hoch, sogar für europäische Verhältnisse." Doch weder das, noch die Politisierung der Spiele - "Mich interessiert die Politik nicht, das war schon damals in China so" - trübt die Stimmung bei ihren zweiten Spielen.

Xu genießt einfach die schönen Seiten der größten Sportveranstaltung der Welt: "Der Aufenthalt im olympischen Dorf ist super. Und nach dem Badminton-Turnier werde ich mich als Fremdenführerin für andere deutsche Sportler betätigen", erzählt sie lachend.

Und das chinesische Essen genießen, denn "in Deutschland schmeckt es schon anders als in China."

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