Kronzeuge belastet Mutko schwer

SID
Witali Mutko wird in der russischen Staatsdoping-Affäre schwer belastet
© getty

In der Affäre um staatsgelenktes Doping in Russland sind neue Dokumente öffentlich geworden, in denen der frühere Sportminister und heutige Vizepremier Witali Mutko schwer belastet wird. In zwei eng und von Hand beschriebenen Tagebüchern des Whistleblowers und Kronzeugen Grigorij Rodtschenkow, welche die New York Times exklusiv einsehen konnte und am Dienstag in Auszügen veröffentlichte, wird Mutkos Rolle als zentrale Figur der Manipulationen bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi beschrieben.

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Laut Rodtschenkows Aufzeichnungen ist Mutko bis ins Detail in das russische Doping- und Manipulationssystem eingeweiht gewesen. Dies wäre ein weiterer Beweis dafür, dass auch der russische Staat bis in höchste Kreise in den Skandal verwickelt war. Bisher hatte Russland jede staatliche Verwicklung abgestritten.

Das IOC entscheidet am 5. Dezember in Lausanne über Sanktionen gegen die Russen. Rodtschenkow, ehemaliger Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, wurde in der am Montag veröffentlichen Begründung der lebenslangen Olympiasperre gegen Langlaufstar Alexander Legkow als glaubwürdiger Zeuge eingestuft.

Rodtschenkow notierte kurz vor dem Beginn der Spiele in seinem Tagebuch, dass er Mutko eine Liste mit Dutzenden russischer Sportler überreicht habe, die einen eigens entwickelten Doping-Cocktail erhalten hatten und deren Urinproben während der Spiele gegen sauberen Urin auszutauschen seien.

Saubere Proben in Babynahrungs-Gläsern

Zuvor hatte Rodtschenkow in seinen Aufzeichnungen seinen Unmut geäußert, dass die Offiziellen um Mutko offensichtlich keinen genauen Plan hatten, um den Transport der Proben zwischen Moskau und Sotschi zu organisieren. Hunderte Proben sauberen Urins der betreffenden Topathleten seien laut Rodtschenkow über Monate in alten Babynahrungs-Gläsern und Wasserfläschchen gehortet worden.

"Es gibt keine genaue Auslegung des Plans, es ist einfach ein Albtraum", schrieb Rodtschenkow am 29. Januar 2014, einen Tag nachdem zwei russische Top-Biathletinnen mit positiven Tests aufgefallen waren. "Mutko dreht wegen Biathlon durch, die Dinge geraten außer Kontrolle und sind chaotisch", so Rodtschenkow.

Später schrieb der Kronzeuge, dass das olympische Labor in Sotschi auf Anweisung Mutkos nach den Spielen weiter betrieben werden solle, als ein Ort für Experimente mit neuen Dopingmethoden. "Wir haben alle Probleme gelöst", schrieb Rodtschenkow am 3. Februar 2014, vier Tage vor Beginn der Spiele: "Er (Mutko, d. Red.) möchte Sotschi als Backup-Einrichtung behalten." Fünf Tage später habe Mutko Rotdschenkow angewiesen, diesbezüglich einen schriftlichen Antrag zu stellen.

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