Olympia: Weiter Streit um Internet-Zensur

SID
Olympia, Zensur
© DPA

Peking - Eine Woche vor Eröffnung der Olympischen Spiele wird die Internet-Zensur in China zur internationalen Belastungsprobe. Chinas Präsident Hu Jintao warnte vor einer "Politisierung der Spiele", ohne direkt auf Zensur, Tibet, Menschenrechte und andere strittige Fragen einzugehen.

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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) "empfahl" der Pekinger Regierung bei einem Telefonat mit seinem chinesischen Amtskollegen, die Maßnahmen zu "überdenken".

Im olympischen Pressezentrum wurde die Zensur zwischenzeitlich gelockert, doch viele Webseiten blieben gesperrt. Die chinesische Armee brachte unterdessen in und um Peking ein militärisches Großaufgebot von 34 000 Soldaten in Stellung - einschließlich Spezialtruppen zur Abwehr nuklearer, chemischer und biologischer Waffen.

"Spiele sind ein Beitrag Chinas für die Welt"

Präsident Hu sagte beim ersten Treffen seiner sechsjährigen Amtszeit mit ausländischen Reportern, eine Politisierung widerspreche dem olympischen Geist und den Wünschen der Menschen. "Am Ende werden solche Versuche auch die olympische Bewegung untergraben." Die Spiele seien "ein Beitrag Chinas für die Welt". Fragen nach Zensur, Menschenrechten oder Tibet ließ der Moderator des Gruppeninterviews nicht zu.

Das nach einem Krisentreffen mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gegebene chinesische Versprechen ungehinderten Zugangs zum Internet entpuppte sich als falsch.

Das IOC bleibt damit in Erklärungsnot, weil es den Zugang zu allen Webseiten garantiert hatte. Am Wochenende wird sich die IOC-Exekutive mit dem Thema befassen.

Positiver Schritt vorwärts

Die Zensoren machten am Freitag die chinesischen Webseiten der britischen BBC und der Deutschen Welle zugänglich, was das IOC positiv bewertete. "Wir sehen das als gute Nachricht und einen positiven Schritt vorwärts", sagte IOC-Sprecherin Emmanuelle Moreau.

Doch sehr viele Informationen blieben gesperrt: die Webseiten der Tibet-Aktivisten Freetibet.org, der Menschenrechtsorganisation Human Rights in China und der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung.

Steinmeier strebt umgehende Lösung an

Außenminister Steinmeier äußerte sich diplomatisch: Er habe bei dem Telefonat mit dem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi seine Überzeugung "unterstrichen", dass eine umgehende Lösung "im Interesse Chinas und einer unbeeinträchtigten Berichterstattung" liege, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.

Weit deutlichere Kritik kam in der "Berliner Zeitung" vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke: "Das ist ein klarer Bruch der Absprachen und ein unhaltbarer Zustand."

Verstoß gegen die Pressefreiheit

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf dem IOC vor, den chinesischen Behörden durch eine nachgiebige Haltung sogar bei der Internet-Zensur behilflich zu sein.

Der Verband deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) forderte das IOC und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zum Handeln auf. "Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit und den olympischen Geist", kritisierte VDZ-Geschäftsführer Wolfgang Fürstner.

IOC-Präsident Jacques Rogge hatte der Presse freien Zugang zum Netz zugesichert. In den vergangenen Tagen gab es widersprüchliche Angaben von IOC- Funktionären.

Sicherheitsmaßnahmen verschärft 

Die Pekinger Behörden verschärfen unterdessen weiter die Sicherheitsmaßnahmen. Spezialtruppen werden auch auf dem Olympia-Gelände präsent sein, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua einen ranghohen Offiziellen des Hauptquartiers für die Sicherheit während der Spiele.

Als Hauptgefahren nannte Oberst Tian Yixiang die uigurische Unabhängigkeitsbewegung, die tibetische Opposition gegen das chinesische Regime und andere Gruppen. "Diese Kräfte stören und sabotieren die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele in Peking", sagte Tian.

In Peking sind bereits viele tausend Sicherheitskräfte präsent. Der Olympia-Park ist hermetisch abgeriegelt und für die Pekinger Bevölkerung und Touristen bisher nicht zugänglich.

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