Zerrung stoppt Tyson Gay

SID
Tyson Gay, Trials
© Getty

Eugene - Sein Traum vom Doppel-Olympiasieg im Sprint dauerte genau 14 Schritte, dann wurde daraus für Tyson Gay ein Trauma.

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Eine Zerrung im linken Oberschenkel beendete im 200 Meter-Viertelfinale der US-Leichtathletik-Meisterschaften die Hoffnungen des Weltmeisters, mit seinem Idol Jesse Owens gleichzuziehen und in Peking Olympia-Gold über 100 und 200 Meter zu gewinnen.

Den 20.000 Zuschauern im Hayward-Field von Eugene/Oregon stockte der Atem, als Gay nach knapp 40 Metern plötzlich zuckte, stürzte und sich mit beiden Händen an den Oberschenkel griff.

Keine Chance mehr auf die 200 Meter

"Ich habe beim Aufwärmen gemerkt, dass die Muskulatur etwas hart war. Deshalb hatte ich schon ein ungutes Gefühl. Die ersten zwei Schritte in der Kurve waren noch gut, aber dann habe ich ein Ziehen gespürt. Erst als ich auf der Bahn lag, tat es nicht mehr so weh", beschrieb Gay den bislang schmerzhaftesten Moment seiner glanzvollen Karriere.

Im Vorjahr hatte er auf dem sogenannten Mondo-Kunststoffbelag in Osaka noch einen "flotten Dreier" hingelegt und war zu drei Weltmeistertiteln gestürmt. Am vergangenen Sonntag ließ er eine weitere Gay-Gala folgen, sprintete mit Hilfe eines Rückenwindes von 4,1 Metern/Sekunde über die 100 Meter auf weltweit noch nie erreichte 9,68 Sekunden und wurde so zum "Hero im Hayward-Field".

Diesmal hingegen landete er hart auf dem roten Untergrund - und zwar im doppelten Sinn. Da sich nur die drei Erstplatzierten der Trials für Olympia qualifizieren, hat Gay keine Chance mehr, in Peking über die 200 Meter anzutreten.

Olympia-Start nicht in Gefahr

Er sei zwar sehr enttäuscht, aber das seien halt Sachen, die einfach passieren, meinte der Sprintstar, der sich in den nächsten Tagen intensiv behandeln lassen will. Eine erste Untersuchung ergab bereits, dass keine tieferliegenden Muskelgruppen verletzt wurden. Somit ist sein Olympia-Start über die 100 Meter und in der 4 x 100 Meter-Staffel nicht in Gefahr.

"So sind die Trials. Das ist hier ein knallhartes Programm für die Sprinter. Wenn du über die 100 und 200 Meter startest, sind das acht Läufe. Und bei der Konkurrenz hier musst du fast immer alles geben", sagte Dan O'Brien.

Der Zehnkampf-Olympiasieger von 1996 ist bei den Trials für die Athleten-Interviews im Stadion zuständig und war beim Sturz seines Landsmanns ebenso geschockt wie Gays Gegner.

Eine Warnung an alle

"Es tut mir sehr leid für Tyson. Andererseits nimmt das etwas den Druck, denn jetzt ist ein zusätzlicher Platz für Peking frei", meinte Olympiasieger Shawn Crawford. Es sei immer schade, wenn sich ein großartiger Athlet verletze. Allerdings sei dies vielleicht auch eine Warnung an alle, sich Zeit fürs Aufwärmen zu nehmen, betonte der WM- Dritte des Vorjahres, Wallace Spearmon.

"Ich wusste, dass er leichte Beinschmerzen hat - das haben wir alle. Es sind anderthalb lange Wochen. Jetzt hat ein anderer die Chance, nach Peking zu fahren und diese Chance will jeder nutzen", ergänzte Walter Dix, der sich in 20,05 Sekunden als Zweitschnellster hinter Rodney Martin (20,04) für das Finale qualifizierte.

Michelle Carter sorgte für ein weiteres Olympia- Kapitel ihrer Kugelstoß-Familie. Die 22-jährige Junioren- Weltmeisterin von 2004 gewann mit amerikanischer Jahresbestleistung von 18,85 Metern und qualifizierte sich für die Spiele - 24 Jahre nachdem ihr Vater Michael Carter 1984 in Los Angeles Silber gewann.