Bundespräsident verabschiedet Olympioniken

SID
Bundespräsident, Horst, Köhler
© Getty

Berlin - Bei schwüler Hitze wie in Peking geriet auch Horst Köhler mächtig ins Schwitzen - trotz stechender Sonne genoss der Bundespräsident aber sichtlich das Beisammensein mit deutschen Olympia-Teilnehmern.

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Bei der Verabschiedung in Berlin mischte Köhler in die Plaudereien auch politische Töne: "Sie als Sportler mögen ein wenig darunter gelitten haben, dass die Diskussionen über die Menschenrechtslage in China und Tibet die Gespräche über den Sport zeitweilig überlagert haben", sagte der Bundespräsident, der nicht zur Eröffnungsfeier nach Peking kommen wird und am Samstag im Garten des Schlosses Bellevue eine gute Reise wünschte - angesichts des geplanten Streiks bei der Lufthansa auch keine Floskel.

Flüge ohne lange Wartezeiten

Generaldirektor Michael Vesper vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ist aber optimistisch: "Wir befürchten nicht, dass die Athleten tagelang auf Flughäfen sitzen und sind sehr sicher, dass die Lufthansa diese Flüge schützt", sagte Vesper mit Blick auf die Verbindungen nach China.

Bundespräsident Köhler bezeichnete es in seiner Rede als gut, dass der Sport politische Diskussionen befördert. Wer friedlich für seine politische Überzeugung auf die Straße gehe, lebe damit immer auch die Werte, die sich der Sport auf die Fahne geschrieben habe - nämlich Respekt, Fairness und Miteinander.

Die Boykott-Diskussionen hätten die Athleten belastet, erklärte DOSB-Präsident Thomas Bach, der auch Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ist. Der Sport wolle jedoch Brücken schlagen und nicht Mauern errichten. "Ich fahre nach Peking, um meine sportliche Leistung abzurufen.

Die Politik lasse ich andere machen", sagte Judo-Olympiasiegerin Yvonne Bönisch. Siebenkämpferin Sonja Kesselschläger erklärte: "Ich werde auf keinen Fall Regeln missbrauchen, sondern meinen Wettkampf durchbringen."

Es sei falsch, von den Sportlern politische Stellungnahmen zu verlangen, sagte Willi Lemke, der Sport-Sonderbeauftragte von UN- Generalsekretär Ban Ki Moon, am Samstag in Berlin auf dem 1. Deutschen Olympischen Sport-Kongress.

Bach erhielt dort T-Shirts mit englischen Protest-Botschaften, die der frühere DDR-Radsportler Uwe Trömer im Namen einer Gruppe ehemaliger Spitzenathleten übergab. Dazu zählen Sprinterin Ines Geipel und Olympiasieger Dieter Baumann. Die T-Shirts mit Aufschriften wie "Freies Tibet" und "Sport für Menschenrechte" sollen im Deutschen Haus zum Tragen angeboten werden.

Köhler nimmt sich Zeit

Köhler streifte trotz Temperaturen um 30 Grad tapfer eine weiße Trainingsjacke aus der deutschen Olympia-Kollektion über, die ihm Bach überreicht hatte. Sie trug unter dem schwarzen Bundesadler den Schriftzug "Horst Köhler - Bundespräsident".

Ruder-Olympiasiegerin Kathrin Boron versprach: "Diese Verabschiedung ist für uns Auszeichnung und Ansporn zugleich. Sie können sicher sein, dass wir Menschlichkeit, Freundschaft, Teamgeist und Fairplay in die Welt tragen werden." Seglerin Petra Niemann fügte hinzu: "Das war eine besondere Ehre, dass er sich Zeit genommen hat, und ist für uns als Mannschaft unheimlich wichtig."

Viele der etwa 45 zum Schloss Bellevue gekommenen Sportler durften persönlich gute Wünsche von Köhler mitnehmen, der als erster Bundespräsident ein Olympia-Team verabschiedete. So erkundigte er sich nach dem leuchtenden Veilchen und dem geschwollenen Auge von Judo-Schwergewicht Sandra Köppen-Zuckschwerdt.

Die Segler erläuterten dem staunenden Staatsoberhaupt ihre hohen Geschwindigkeiten. Umrahmt von Paralympics-Teilnehmern plauderte Köhler mal heiter, mal ernst auch mit deutschen Behindertensportlern.

Bei Vesper erkundigte sich Köhler nach der Größe der Mannschaft, die nach der Absage von Diskuswerferin Franka Dietzsch nur noch 439 Athleten umfasst. Der DOSB kämpft weiterhin darum, Wimbledon-Halbfinalist Rainer Schüttler vier Jahre nach Silber im Doppel mit Nicolas Kiefer noch ins Team zu bekommen. "Wir wollen ihn unbedingt dabei haben", sagte Vesper, der zuvor erneut mit Schüttler telefonierte.

Der Tennis-Weltverband ITF beharrt darauf, dass Schüttler zum Stichtag am 9. Juni nicht zu den besten 56 der bereinigten Weltrangliste gehörte. Nur wenn genügend Spieler absagen, will die ITF das Ticket noch gewähren.