Boll und Co.: Heimspiel für deutsche Asse

SID
eigler, nürnberg
© Getty

Frankfurt/Main - Tischtennis-Europameister Timo Boll wurde im Reich der Mitte schon mal zum Europäer mit dem größten Sexappeal und zum attraktivsten Sportler der Welt gewählt.

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Fecht-Weltmeisterin und China-Kennerin Britta Heidemann genießt im Land des Olympia-Gastgebers ebenfalls ungeahnte Popularität. Und für Badminton-Ass Huaiwen Xu aus Bischmisheim gerät der Flug nach Peking zu einer Reise in die alte Heimat. In Deutschland daheim, in der chinesischen Welt zu Hause: Einige deutsche Olympia-Teilnehmer haben bei den Sommerspielen Heimvorteil.

Der Düsseldorfer Boll ist einer der härtesten Rivalen der dortigen Asse. Vor zwölf Jahren war er erstmals im Reiche der Mitte. "In dieser Zeit ist China viel liberaler geworden", urteilte der 27-jährige Düsseldorfer.

Als Gastspieler schlug er schon zweimal im Sommer für einen Klub in der chinesischen Superliga auf. Er freut sich seit langem auf das Olympia-Turnier und hat sich klar gegen einen Boykott ausgesprochen. "Ich habe keine Provokationen in Peking vor", sagte Boll.

Heidemanns zweite Heimat

Für Fechterin Heidemann ist China so etwas wie die zweite Heimat. Mit 15 Jahren war sie zum ersten Mal dort, für drei Monate. Von ihren Gasteltern bekam sie damals den Namen "Kleiner Mond" verliehen.

Auf etwa 20 China-Aufenthalte kann die Leverkusenerin inzwischen zurückblicken, und sie ist dort neben Boll die populärste deutsche Sportlerin. Heidemann studiert nicht nur chinesische Regionalwissenschaften in Köln, sondern gelegentlich auch die Lebensgewohnheiten der Asiaten. "In China wird nicht über Politik gesprochen, das ist eine eiserne Regel", sagt sie und verspricht ihren Sportler-Kollegen für die Sommerspiele: "Der chinesische Bürger an sich geht freundlich auf uns zu. Wir werden viel Spaß haben."

Xu zu klein für China

Auf die Rückkehr in ihr Geburtsland freut sich die zweifache Badminton-Europameisterin Huaiwen Xu (Bischmisheim). "Dort habe ich noch viele Fans", sagte die deutsche Olympia-Hoffnung.>

Wegen ihrer geringen Körpergröße (1,60 Meter) wollten die Chinesen sie vor acht Jahren nicht mehr fördern. "Da habe ich einige E-Mails in europäische Länder verschickt. Aus Friedrichshafen kam die erste Antwort", berichtete die 33-jährige Rechtshänderin.

Seit November 2003 besitzt Huaiwen Xu den deutschen Pass, 2004 in Athen feierte die ungewöhnlich offen und sehr freundliche Asiatin ihre Olympia-Premiere. "In Peking zähle ich zu den Medaillenanwärtern. Die Chinesinnen sind zwar favorisiert, stehen aber unter großen Druck", sagte die Medaillenkandidatin im Damen-Einzel. Über Glückskekse in China-Restaurants schüttelt sie den Kopf: "Das ist nur für Touristen, so etwas gibt es in China nicht."

Wu in China Ausländerin

Auch Tischtennis-Nationalspielerin Jiaduo Wu (Kroppach) steht vor einer Reise in die Vergangenheit. "Ich möchte nach den Spielen noch ein paar Tage dortbleiben, weil meine Eltern in China leben", sagte Deutschlands derzeitige Nummer eins.

Die 30-Jährige hatte vor zwei Jahren den deutschen Pass erhalten und musste danach erstmal lernen, sich auf chinesischen Flughäfen in die richtige Schlange zu stellen: Dort gilt sie jetzt als Ausländerin.

"Ich glaube, in China kennen mich mehr Menschen als in Deutschland", kann Wasserspringer Sascha Klein aus Aachen von sich behaupten. Seit seinem Weltcupsieg im Februar in Peking ist der Aachener in seiner Sportart als "Chinesenschreck" bekannt.

Weltmeisterinnen ohne Sentimentalitäten

Die deutschen Fußballfrauen wurden im vergangenen Jahr in China Weltmeister, kehren aber ohne große Sentimentalitäten an die Stätte des Triumphs zurück. Regisseurin Renate Lingor: "Natürlich haben wir in China gute Erfahrungen gemacht, aber wo die Olympischen Spiele stattfinden, ist uns eigentlich egal. Wir wollen am Ende ganz oben stehen, das ist wichtig."

Torjägerin Birgit Prinz urteilt - wie es ihre Art ist - gewohnt nüchtern über die olympischen Gastgeber mit ihren 1,3 Milliarden Einwohnern: "Ein bisschen voll das Land."

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