Kleptomanen, bitte vorgetreten

SID
Dirk Bauermann
© Getty

Athen - In zehn Minuten lässt sich einiges bewerkstelligen. Zum Beispiel 59 Hotdogs essen, wie es jüngst Titelträger Joey Chestnut bei der Weltmeisterschaft der Hotdog-Wettesser vormachte.

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Oder einfach, man schreibt in der Zeit ein neues Kapitel deutscher Basketball-Historie. "Auf einmal ist unsere Leistung explodiert. Das zweite Viertel war sicher mit das beste, was eine deutsche Nationalmannschaft jemals gespielt hat", so Bundestrainer Dirk Bauermann.

Die Freude ist angemessen wie verständlich, zwischen Minute 11 und 20 legte die DBB-Auswahl - unter anderem dank eines 22:2-Runs - die Grundlage für den 78:65-Sieg über Brasilien und damit den Halbfinal-Einzug bei der Olympia-Qualifikation in Athen.

Bauermann warnt

Dort geht es gegen Kroatien (17.45 im SPOX-TICKER). Die erste von zwei Chancen, um das Ticket nach Peking zu lösen. "Gegen die Kroaten wird es eher schwerer als leichter", sagt Bauermann.

Einerseits, weil sie einen unangenehmen Stil spielen, sehr aggressiv verteidigen und über einen vom Namen her eher unbekannten, aber nichtsdestotrotz tiefen Kader verfügen.

Andererseits aber auch, weil die Kroaten nach drei Spielen einen Eindruck davon haben, wie Deutschland womöglich beizukommen ist. Denn trotz dreier deutlicher Siege: Die Mannschaft hat hier und da noch Luft nach oben. Drei Beispiele:

1. Turnover

Ist das nur die fehlende Konzentration? Gegen die Kapverden fabrizierten die Deutschen bereits 20 Ballverluste, gegen Brasilien waren es noch einmal 16. Alleine sechs in der ersten Hälfte, als die Spannung eigentlich noch vorhanden hätte sein müssen. Nur gegen Neuseeland (insgesamt 7) gaben sie besser acht auf den Ball.

Mit 14,3 Turnover pro Spiel rangiert Deutschland als einziges Spitzenteam unter den Top fünf der nachlässigsten Mannschaften, Griechenland - das ebenfalls alle drei Spiele ohne Probleme gewann - hingegen vertändelt zum Beispiel nur 9,3 Mal den Ball.

2. Taktik

Im letzten Viertel gegen Brasilien schrumpfte eine 23-Punkte-Führung schnell auf 11 Zähler zusammen. Der Hauptgrund: "Wir sind nicht damit zurechtgekommen, dass die Brasilianer auf einmal Zonen- und Mannverteidigung gemischt und konsequent ein Pressing über das ganze Feld aufgebaut haben", so Roller (das komplette Interview). Konsequenz: etliche Turnover.

Gegen dieses taktische Mittel, so gab auch Bauermann zu, sei die Mannschaft unvorbereitet gewesen, "die drei Wochen Vorbereitung haben dafür einfach nicht gereicht". Aber: "Die Kroaten spielen anders als Brasilien, fast nur Manndeckung", sagt Bauermann.

"Daher: Solange sie nicht 25 Punkte zurückliegen, werden sie nicht darauf zurückgreifen, über das komplette Spielfeld zu pressen - so wie es die Brasilianer machen musste, weil ihnen nichts mehr übrig blieb."

3. Steals

Die Deutschen vertändeln häufig den Ball (zur Erinnerung: 14,3 Turnover im Schnitt). Das ist das eine. Das andere: Die Gegner vertändeln eher selten den Ball (11).

Einer der Gründe: Dem DBB-Team gelingen nur sehr wenige Steals. Mit 3,7 geklauten Bällen pro Spiel ist Deutschland die mit Abstand schlechteste Spitzenmannschaft des Turniers. Griechenland ist durchschnittlich 9 Mal als Balldieb als erfolgreich, Kroatien immerhin 6,3 Mal.

Zur Verdeutlichung: Das Kapverden-Match (9 Steals) außen vorgelassen, klauten die Deutschen gegen Neuseeland und Brasilien insgesamt nur zweimal den Ball.

Steffen Hamann, "europaweit nach wie vor einer der besten Verteidiger auf der Spielmacherposition" (Co-Trainer Volker Stix), ging etwa komplett leer aus. Genauso wie alles seine anderen Backcourt-Kollegen.

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