Dabei sein ist Dreck

Von Alexander Mey
ringer, pankration, antike
© Heinz Schöbel

München - 2008 sind Olympische Spiele in Peking, das weiß mittlerweile fast jedes Kind. 1896 waren die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen - da wird es schon schwieriger. Doch wann gab es eigentlich die ersten Olympischen Spiele überhaupt?

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Jetzt schreien höchstens noch eine Handvoll Humanisten oder Sporthistoriker auf, um zu sagen: Ganz klar, das war 776 vor Christus.

Recht haben sie, aber was ist daran so spannend?

Der Vergleich ist es. Denn wenn man sich Olympische Spiele damals und heute anschaut, stellt man sehr schnell fest, dass der heute so hoch getragene Olympische Gedanke mit dem Ursprung der Spiele rein gar nichts zu tun hat.

"Nahezu jeder Athlet hätte gedopt"

Dabei sein ist alles, heißt es heute so schön blumig. Anno 776 v. Chr. war dabei zu sein Dreck. Es ging ums Gewinnen, und sonst gar nichts. "Kranz oder Tod" war zum Beispiel das Motto der Ring- und Boxkämpfer.

Wie hart die Sitten in der Antike wirklich waren, beschreibt Jörg Weck, Spezialist für antike Sportgeschichte des Deutschen Sport- und Olympiamuseums, im Gespräch mit SPOX.com.

"Der antike Sportler sollte seinem heutigen Pendant lieber nicht als Vorbild dienen. Für den Sieg nahm man damals wirklich alles in Kauf. Dafür hätte nahezu jeder antike Athlet gedopt, einen Fair-Play-Gedanken gab es schlichtweg nicht", sagt Weck.

Spiele sind kaum wiederzuerkennen

Eine ziemlich ernüchternde Erkenntnis für alle, die bei Eröffnungsfeiern andächtig den weißen Friedenstauben beim Davonflattern zusehen und sich an Frieden und Eintracht der Veranstaltung erfreuen.

"Von den antiken Olympischen Spielen haben quasi nur der Name und der Vierjahres-Zyklus überlebt", erklärt Weck. "Manches (Olympischer Eid, Olympischer Frieden) wurde relativ stark verändert übernommen."

Olympischer Frieden bezog sich in den Antike jedoch nur darauf, dass während der Spiele keine Kriege ausgefochten wurden. An Frieden unter den Athleten war nicht zu denken.

All-Star-Spiele

Um wie viel es an der antiken Sportstätte im griechischen Olympia ging, zeigt ein kurzer Blick auf den Ablauf der Spiele.

Nach zahlreichen Qualifikationen kamen in jeder Sportart nur die zehn bis zwölf besten Athleten nach Olympia, um den Besten der Besten zu küren, eine All-Star-Veranstaltung quasi. "Man muss sich das wie eine Zusammenfassung der beliebtesten Sportarten der Welt mit den besten Sportlern der Welt vorstellen", beschreibt Weck.

"Pankration bekäme sehr gute Quote"

Die damals beliebtesten Sportarten waren in einem Fünfkampf zusammengefasst. Er bestand aus dem Stadion-Lauf über knapp 200 Meter, dem Diskuswurf, dem Standweitsprung, dem Speerwurf und dem Ringkampf.

Zudem gab es Boxkampf und Pankration, eine Mischung aus Boxen und Ringen - nur etwas für Hartgesottene. Denn es gab weder Rundenpausen noch Schutzkleidung. Gekämpft wurde, bis einer der Kontrahenten aufgab. Zumeist eine sehr blutige Angelegenheit.

Aber beliebt. So beliebt sogar, dass sich Weck diese Disziplin auch heute noch im Programm vorstellen könnte: "Eine etwas gemäßigte Form des Pankration würde zwar den Fair-Play-Anhängern nicht gefallen, wäre aber sehr spannend und bekäme sicherlich eine sehr gute Quote."

Aus Ringern werden Sprinter

Für die Quote müssen heutzutage stattdessen die 100-Meter-Sprinter um Weltrekordler Usain Bolt, Asafa Powell und Tyson Gay sorgen.

Auch sie sind die Besten der Besten, auch für sie ist dabei zu sein sicher nicht alles. Sie wollen unbedingt gewinnen und später ihren Ruhm zu Geld machen.

Das widerspricht zwar dem hehren Olympischen Gedanken der Neuzeit, hätte ihnen aber im antiken Olympia höchsten Respekt eingebracht.

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