"Ich lasse die Zukunft offen"

SID
Nowitzki, Olympia
© Imago

München - Nach dem enttäuschenden Abschneiden mit den Dallas Mavericks in der NBA richtet Dirk Nowitzki sein Hauptaugenmerk nun auf die Olympia-Qualifikation mit der deutschen Nationalmannschaft.

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Vom 14. bis 20. Juli kämpfen Nowitzki und Co. in Athen um eines der drei letzten Tickets nach Peking. Im Interview spricht der 30-jährige Superstar über die Faszination Olympia, aber auch über seine Anfänge in den USA, seine Pläne für die Zeit nach der Karriere und seine in Kürze erscheinende Biografie.

Frage: Herr Nowitzki, vor genau zehn Jahren sind sie in die USA gegangen. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Neuanfang?

Dirk Nowitzki: Am Anfang war alles neu für mich. Da habe ich mich gar nicht wohlgefühlt. Zum ersten Mal so weit weg von der Familie: Ich kannte da keinen, hatte quasi gar nichts. Es hat schon ein paar Jahre gedauert, bis ich mich in den USA eingelebt und heimisch gefühlt habe. Mittlerweile ist es aber mein zweites zu Hause. Ich fühle mich in den Staaten sehr, sehr wohl.

Frage: Dennoch kommen Sie jeden Sommer zurück nach Deutschland, verbringen viel Zeit bei Ihrer Familie in Würzburg.

Nowitzki: Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich mich an beiden Plätzen, in den USA und in Deutschland, sehr wohl fühle. Ich komme sehr gerne wieder nach Deutschland zu meiner Familie und zu den Jungs von der Nationalmannschaft. Aber wenn ich dann ein paar Monate hier bin, freue ich mich auch wieder auf Dallas, mein eigenes Haus, meine Leute dort und dann auch wieder auf die NBA.

Frage: Im Gegensatz zu anderen, wie zum Beispiel Detlef Schrempf haben Sie sich nicht so amerikanisieren lassen, oder täuscht der Eindruck?

Nowitzki: Nein, das stimmt. Detlef ist einfach viel, viel früher rübergegangen als ich. Er war 16, war dann noch zwei Jahre an der High School, dann vier Jahre am College und ist dann direkt in die NBA gegangen. Auch seine Frau ist, glaube ich Amerikanerin. Er hat sich dadurch doch ein bisschen weggelebt. Anders als bei mir, ich bin einfach näher dran geblieben.

Frage: Die Gründung einer eigenen Familie ist auch ein großer Wunsch von Ihnen. Auch das wird sicher eine Rolle spielen, wo Sie nach der Karriere leben werden, oder?

Nowitzki: Na klar, es wird sehr viel davon abhängen, wo meine zukünftige Frau sich am wohlsten fühlt. Und wo es am einfachsten ist, mit der Familie zu leben und Kinder groß zu ziehen. Das muss man einfach mal abwarten, was sich in den nächsten Jahren so entwickelt. Im Moment ist es dafür noch zu früh.

Frage: In den kommenden Wochen erscheint das erste Buch über Sie, an dem Sie selbst mitgewirkt haben. Wie war das und was dürfen die Leser davon erwarten?

Nowitzki: Das Buch war ne Menge Arbeit, schließlich mussten wir in den Gesprächen 20,30 Jahre zurückgehen und ich mich an alles wieder erinnern. Zum Teil hatten meine Eltern und Geschwister auch andere Erinnerungen als ich. Ich denke, es ist sehr gelungen. Es gibt schon einige sehr gute und vertraute Einsichten in mein Leben. Aber es ist nicht so, dass die beiden Autoren mir in die Unterhose gekrabbelt sind.

Frage: Sie leben quasi in zwei Welten. Wie schwer ist es bei der Entfernung, Freundschaften aufrecht zu erhalten? Sie verstehen sich zum Beispiel sehr gut mit dem Handballer Christian Schwarzer. Wie kam es dazu?

Nowitzki: Angefangen hat es eigentlich mit Stefan Kretzschmar. Mit dem hatte ich vor fünf, sechs Jahren im Sommer einen gemeinsamen Sponsorentermin in Berlin. Da haben wir uns auf Anhieb super verstanden. Der Kontakt ist dann über E-Mails geblieben, das ist der einfachste Weg. Irgendwann ist dann auch Christian Schwarzer dazu gekommen. Im vergangenen Sommer war er dann das erste Mal in Dallas, das war ne super Sache. Dass er dann bei der WM in Deutschland mit meiner Rückennummer 41 so toll gespielt hat, war natürlich fantastisch. Solche Leute trifft man einfach und es klappt.

Frage: Das Zusammenkommen mit anderen Sportlern macht ja auch den Reiz der Olympischen Spiele aus, an denen Sie in diesem Jahr unbedingt teilnehmen wollen.

Nowitzki: Ja, alle mit denen man redet, schwärmen von dieser einzigartigen Atmosphäre im Dorf. Auch Stefan Kretschmer und Blacky Schwarzer haben mir davon erzählt. Man isst gemeinsam in der Kantine, knüpft Kontakte, deshalb will ich da unbedingt hin.

Frage: Was macht für Sie noch die Faszination Olympia aus?

Nowitzki: Seitdem ich mich erinnern kann, habe ich immer Olympische Spiele geschaut. Meine ersten richtigen Erinnerungen habe ich an die Spiele 1988 in Seoul. Die Eröffnungsfeier, das olympische Feuer, einfach das gesamte Flair der Spiele ist es, was mich so begeistert. Das muss man einfach einmal in seiner Karriere miterlebt haben. Von daher will ich unbedingt einmal in das Stadion einlaufen. Ich bin jetzt 30 Jahre alt, viele Chancen habe ich also nicht mehr.

Frage: 2012 in London wären Sie 34, das wäre doch noch locker zu schaffen.

Nowitzki: Das stimmt. Aber daran denke ich noch nicht. Wir müssen schauen, dass wir es in diesem Jahr schaffen. Ich habe jetzt noch rund drei Wochen Zeit, mich mit der Mannschaft auf das große Turnier vorzubereiten. Und dann heißt es alles oder nichts.

Frage: Seit dem erneut frühen Playoff-Aus mit den Mavericks ist jetzt etwas mehr als ein Monat vergangen. Wie haben Sie die Zeit genutzt und in welcher Verfassung sind Sie?

Nowitzki: Ich habe zweimal am Tag trainiert. Eine Einheit in der Halle mit meinem Individualtrainer Holger Geschwindner und eine Cardio-Einheit am Abend. Es war schon schwierig nach nur zwei Wochen Pause wieder das intensive Training aufzunehmen. Aber mittlerweile habe ich meinen Rhythmus wieder gefunden und im Trainingslager haben wir jetzt die Möglichkeit, als Mannschaft zusammenzufinden.

Frage: Sie haben angedeutet, dass Sie nach den Olympischen Spielen auf jeden Fall eine Pause im deutschen Team machen wollen. Ist das nur eine Auszeit oder das Ende ihrer Nationalmannschaftskarriere?

Nowitzki: Das würde ich nie sagen. Ich lasse immer die Zukunft offen. Ich hoffe, dass ich mir den Traum Olympia jetzt in Peking erfüllen kann und dann täte mir eine Pause im nächsten Sommer einfach sehr gut. Ich denke, da hat nach rund zehn Jahren im Nationalteam auch jeder Verständnis für. Aber dass ich mich damit international komplett zurückziehe oder aufhöre, das möchte ich nicht sagen. Vielleicht macht es mir ja weiterhin Spaß und der Körper hält mit, dann kann man in ein paar Jahren immer noch zurückkehren.

Frage: Wie geht es denn ohne Dirk Nowitzki mit dem deutschen Basketball weiter. Sehen Sie überhaupt jemanden in Deutschland, der dann nachfolgen könnte?

Nowitzki: Ja, es gibt schon ein paar, die viel Talent haben. Joe Herber, Steffen Hamann oder Jan Jagla zum Beispiel. Es gibt schon noch gute Spieler. Aber klar, nach diesem Sommer wird der Verjüngungsprozess kommen und er ist dann auch fällig. Wir sind mit dieser Mannschaft jetzt schon lange zusammen und hatten auch schon schöne Erfolge, keine Frage. Aber irgendwann muss die Verjüngung kommen. Vor diesem wichtigen Turnier war aber sicher nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Frage: Wie wichtig ist für diesen Neuanfang, dass Dirk Bauermann seinen Vertrag als Nationaltrainer verlängert hat?

Nowitzki: Sehr wichtig. Er ist in ein absolut kompetenter Mann, ein Motivationskünstler. Seine Ansprachen als Coach sind einzigartig. Er holt immer das beste aus seinen Spielern heraus. Die Teams, die er coacht, sind in der Defensive immer perfekt eingestellt. Er ist der optimale Mann für diesen Job.

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