Schwere Stürze überschatten ersten US-Sieg

SID
Travis Ganong konnte sich über seinen ersten Sieg nicht richtig freuen
© getty

Travis Ganong wusste nicht so recht, ob er sich freuen sollte. Als erster Amerikaner gewann der Vizeweltmeister von 2015 am Freitag eine Abfahrt auf der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen, doch sein Sieg und das Rennen auf der extrem anspruchvollen und tückischen Piste vom Kreuzeck wurden überschattet von mehreren schweren Stürzen.

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Am Schlimmsten erwischte es den Franzosen Valentin Giraud Moine, vor einer Woche Zweiter in Kitzbühel: Er erlitt eine Knieluxation an beiden Beinen sowie Bänderverletzungen. Die Kniegelenke wurden ihm unter Narkose in der Unfallklinik Murnau wieder eingerenkt.

Nachdem die Abfahrt vergangenen Samstag auf der berühmt-berüchigten Streif ohne schwere Stürze zu Ende gegangen war, gab es auf der Kandahar gleich mehrere. Vor Giraud Moine war zunächst am Kramersprung Steve Nyman heftig in die Fangzäune geflogen: Er erlitt nach Angaben des Organisationskomitees Bänderverletzungen "höheren Grades", vermutlich einen Kreuzbandriss. Erik Guay, bei der WM 2011 und dazu zweimal im Weltcup Sieger auf der Kandahar, flog am Seilbahnsprung gut und gerne 50 Meter weit durch die Luft, blieb aber wie durch ein Wunder unverletzt - auch, weil er einen Airbag trug. Der Franzose Guillermo Fayed zog sich ohne Sturz eine Knochenstauchung zu.

Hauptgrund für die Probleme: Die Rennläufer fanden die ohnehin schwierig zu fahrende Kandahar am Freitag plötzlich wesentlich eisiger und schneller vor als beim einzigen Training am Donnerstag. "Es ist ein schwieriger Berg", sagte Kjetil Jansrud aus Norwegen, mit 0,38 Sekunden Rückstand auf Ganong Zweiter, diesmal sei die Kombination aus hoher Geschwindigkeit, weiter Sprüngen und einer ruppigen Piste gefährlich gewesen. "Das ist am Limit. Ich denke, sie müssen am Kurs arbeiten", vor allem der Kramersprung müsse entschärft werden, sagte er. Die Abfahrt am Samstag wird um 12.00 Uhr gestartet.

Markus Waldner, Renndirektor des Internationalen Skiverbandes FIS, erwiderte aufkommende Kritik an den Pistenbedingungen mit dem Hinweis, er habe die Kandahar noch nie in einem so guten Zustand gesehen. "Natürlich sind wir nicht happy", sagte er zu den Stürzen und ergänzte: "Wir waren nicht über dem Limit. Ich glaube, dass diese Kitzbühel-Woche enorm viel Energie gekostet hat, ich habe die Läufer müde gesehen. Man kommt hierher, hat es vielleicht ein bisschen auf die leichte Schulter genommen ... aber die Kandahar verzeiht nicht." Den Kramersprung versprach er trotzdem nochmals zu entschärfen.

Deutsche mit Problemen

"Der Kramersprung war brutal, ansonsten war es ein schönes Rennen", sagte der Drittplatzierte Peter Fill. Nicht so gut zurecht wie erhofft kamen aber auch nicht die besten deutschen Rennläufer. "Top sechs oder sieben war auf jeden Fall möglich, ich habe ein paar Fehler gemacht, die sind aber den Umständen geschuldet", sagte Andreas Sander, am Ende noch respektabler 14. Josef Ferstl, der Platz 20 belegte, gab indirekt zu, nicht alles riskiert zu haben. "Wenn ich viel riskiert hätte und mich hätte es auf die Papp'n gehau'n, hätte man auch wieder gesagt, warum macht er das?"

Auch Sieger Ganong übte nach seinem erst zweiten Weltcupsieg seit dem Erfolg im Dezember 2014 in Santa Caterina/Italien Kritik an der Piste. "Das Problem ist", sagte er, "dass zu viel Wasser für den Riesentorlauf verwendet wurde." Die Abfahrtsstrecke quert zweimal den Kurs für den Riesentorlauf am Sonntag, dieser war für das Rennen bereits präpariert worden. "Im Mittelteil haben sie für den Riesentorlauf vereist, dadurch wird es gefährlich. Es wäre besser, wenn es gleichmäßig präpariert wäre", sagte Olympiasieger Matthias Mayer aus Österreich.

An der Präparierung, betonte Waldner mehrfach, habe es allerdings nicht gelegen. Die sturzerprobte Lindsey Vonn hatte trotzdem genug: "Ich kann nicht mehr hinsehen. Soviele Stürze und Verletzungen. Das ist verrückt", schrieb sie aus Cortina d'Ampezzo bei Twitter.

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