WM-Auftakt: "Ernüchternd und blöd"

SID
Severin Freund hat nach der Hälfte der WM kaum noch Chancen auf eine Titelverteidigung
© getty

Erst verlor Severin Freund seinen Schanzenrekord, dann wohl seine letzte Medaillen-Chance: Der Titelverteidiger aus Bayern hat nach einem schwachen Start in die Skiflug-WM am Kulm als Siebter kaum noch Chancen auf das erhoffte Edelmetall.

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"So ist Skifliegen. Entweder es läuft - oder eben nicht", sagte der Weltmeister, dem zum Podest bereit umgerechnet knapp 20 Meter fehlen.

Freund flog vor 11.000 Zuschauern auf 209,5 und 203,0 Meter, deutlich zu wenig für die Spitze. Auf Gold-Kurs steuert überraschend Kenneth Gangnes, der auf 236,0 und 216,0 m kam. Mit 419,4 Punkten liegt der Norweger knapp vor Topfavorit und Tourneesieger Peter Prevc (418,1).

Der Slowene verbesserte mit 243,0 m zunächst zwar Freunds Schanzenrekord aus dem Vorjahr um stolze 5,5 m, verlor mit einem Satz auf 213,5 m aber noch seine Führung. "Ich bleibe dennoch der Herausforderer, Prevc der Favorit. Aber diese Nacht werde ich gut schlafen", sagte der 26 Jahre alte Gangnes.

Rang drei belegt Stefan Kraft aus Österreich (415,6) knapp vor Johann Andre Forfang aus Norwegen (415,0). Damit deutet sich für die entscheidenden zwei Durchgänge am Samstag (14.00 Uhr im LIVETICKER) ein echter Krimi an. Freund kommt dagegen mit deutlichem Rückstand nur auf 370,5 Zähler. "Die Abstände sind gewaltig. Ich werde trotzdem noch einmal angreifen", sagte der 27-Jährige.

Wellinger: "Cooler Flugtag"

Zweitbester DSV-Adler ist Richard Freitag mit 350,2 Zählern und Rang elf. Ebenfalls am Samstag noch dabei sind Team-Olympiasieger Andreas Wellinger (347,2), WM-Debütant Stephan Leyhe (305,4) und Andreas Wank (257,4) auf den Rängen 13, 19 und 28.

"Das war ein cooler Flugtag, ich hab zwei 200er-Sprünge mitnehmen dürfen. Ein bisschen mehr hatte ich mir aber schon erwünscht", sagte Wellinger.

Mitfavorit Freund wurde besonders im ersten Durchgang auch ein Opfer der wechselhaften Bedingungen. Vor dem Sprung des Weltmeisters verkürzte die Jury zunächst den Anlauf, nahm die Entscheidung aber schnell wieder zurück.

"Das war etwas unglücklich, er musste da mit sämtlichem Material rumstapfen", sagte Bundestrainer Werner Schuster, betonte aber: "Das war nicht optimal, hat das Ergebnis aber nicht beeinflusst."

Kasai überragend

Viel mehr habe Freunds körperlicher Zustand zwei Wochen nach dem Sturz in Innsbruck eine Rolle gespielt. "Er ist nicht mehr so frisch, wie er mal war. Er kämpft wie ein Löwe, aber er kommt nicht ins Fliegen", sagte Schuster, der die Medaille sogar schon abgehakt hat: "Man muss sagen, dass die Lücke zu groß ist. Das ist ernüchternd und blöd."

Für Aufsehen sorgte derweil einmal mehr Japans Skisprung-Methusalem Noriaki Kasai. Der 43-Jährige kam im ersten Durchgang auf starke 240,5 m und stellte seine persönliche Karriere-Bestmarke ein.

Der Skiflug-Weltmeister von 1992 hat als Fünfter mit 409,0 Punkten noch alle Chancen auf eine Medaille. "Er kann einfach gut fliegen, da kann man nur gratulieren", sagte auch Schuster.

Müller: Inkomplette Querschnittslähmung

Begonnen hatte der Tag mit einer schlimmen Nachricht aus Graz. Bei dem Österreicher Lukas Müller, der am Mittwoch beim "Einfliegen" schwer gestürzt war, wurde eine inkomplette Querschnittslähmung festgestellt. "Derzeit kann er seine Beine nicht bewegen", teilte das Universitätsklinikum in Graz auf einer Pressekonferenz mit. Ob der 23-Jährige je wieder gehen kann, ist offen.

Der "Tanz auf der Rasierklinge" dürfte sich auch am Samstag fortsetzen. Für den Kulm sind starker Wind und Schneefall vorhergesagt. "Das wird ein interessanter Tag. Ich bin gespannt, wie wir ihn bewältigen", sagte Schuster. Severin Freund hat dagegen ein ganz anderes Ziel: "Hoffentlich geht es für mich dann ein bisschen später runter als heute."

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