Die geilste Schanze der Welt

Von SPOX
Die Schanze in Innsbruck befindet sich auf dem 746 Meter hohen Bergisel
© getty

Die 63. Vierschanzentournee findet vom 27. Dezember 2014 bis zum 6. Januar 2015 statt. Wie immer entscheiden die vier Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen über Sieg und Niederlage. SPOX präsentiert vor jedem Event die wichtigsten Daten und Fakten auf einen Blick. Im dritten Teil des Audi Schanzenchecks ist die Bergiselschanze in Innsbruck (Springen, So., 14 Uhr im LIVE-TICKER) an der Reihe.

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Bergiselschanze (HS 130)

  • Erbaut 2001 (alte Schanze 1964)
  • Zuschauerplätze 26.000

Anlauf

  • Anlauflänge 90,7 m
  • Anlaufgeschwindigkeit 92,88 km/h

Aufsprung

  • Hillsize 130 m
  • Konstruktionspunkt 120 m
  • Juryweite 134 m

Rekorde

  • Schanzenrekord 134,5 m - Sven Hannawald GER), 4. Januar 2002
  • Rekordsieger: 3x Helmut Recknagell (GER), Matti Nykänen (FIN), Bjorn Wirkola (NOR), Andreas Goldberger (AUT), Kazuyoshi Funaki (JPN)
  • Rekordnationensieger: 15x Finnland
  • Letzter Sieger: Anssi Koivurantar (FIN)

Der Schanzenrekord

"Ich kapiere das alles gar nicht. Trotz des ganzen Nervendrucks gelingen mir einfach phänomenale Sachen", jubelte Sven Hannawald am 4. Januar 2002 nach seinem Sprung im ersten Durchgang. 134,5 Meter bedeuteten für den 27-Jährigen einen neuen Schanzenrekord. Am Ende trennten ihn acht Meter auf den ersten Verfolger und deshalb hatte er allen Grund zur Freude: "Das war Genießen pur. Ich habe mich richtig schön in die Latten gelegt. Ein Übersprung!"

Absprung millimetergenau erwischt, perfekte und ruhige Flugphase, nur auf den Telemark verzichtete Hannawald verständlicherweise, klatschte aber direkt nach der Landung zufrieden in die Hände, ging in die Hocke und reckte den Arm noch beim Auslauf jubelnd in die Luft. Auf der modernisierten Bergiselschanze landete er nach dem Fabelsprung aus einem Guss im Anschluss den ersten deutschen Sieg seit Jens Weißflog 1984. Damit trennten ihn fast 43 Punkte vom ersten Verfolger Adam Malysz.

Der Innsbruck-Liebling

Einen wirklichen Liebling sucht man bei der Bergiselschanze vergebens. Maximal drei Siege konnten Springer in Innsbruck holen - das gelang dafür aber gleich fünf Akteuren. Darunter ist auch der deutsche Helmut Recknagel, der als erster Springer seinen Sieg in Innsbruck 1959 verteidigen konnte und im Jahr darauf sogar noch einen Triumph anhängte. Der Titel-Hattrick gelang seitdem niemandem mehr, dem Japaner Kazuyoshi Funaki 1998 aber immerhin der dritte Sieg in vier Jahren.

Trotzdem zeichnet sich eine Tendenz ab: Die österreichischen Lokalmatadoren hatten nur im Vorjahr niemand im Team dabei, der siegfähig war. Seit 2007 hatte sonst kein Ausländer mehr in Innsbruck gewonnen, bis Anssi Koivuranta kam. 2008 wurde wegen Föhnsturm erstmals in der Geschichte abgesagt - trotzdem sind fünf Siege in Folge ein riesiger Zaunpfahl. Vor allem, weil Gregor Schlierenzauer im selben Zeitraum fünf Mal Platz eins oder zwei belegte.

Das letzte Jahr

Das Springen des letzten Jahres wurde vom aufkommenden Föhn geprägt, viele Unterbrechungen waren die Folge. Da nur der erste Durchgang gewertet wurde, konnte von einem normalen Springen keine Rede sein. Nutznießer war der Finne Koivuranta, der verhältnismäßig angenehme Bedingungen erwischte. Aber die äußeren Verhältnisse allein krönen noch keinen Sieger.

Koivuranta lieferte einen hervorragenden Sprung über 132,5 Meter, ehe er vom Abbruch profitierte. Zufrieden war sonst kaum einer. Der österreichische Cheftrainer Alexander Pointner fand klare Worte: "Als Sportler fühlst du dich vorgeführt und verarscht."

Kuriosität

Lange Zeit hatte die Schanze auch nach der Landung ein besonderes Highlight parat: Der Auslauf war zu steil, regelmäßig rutschten die Athleten wieder zurück, stolperten auf den Skischuhen an der Seite Richtung Ausgang und machten sich zum Gespött der Zuschauer. Leider vorbei! Der Gegenhang wurde im Rahmen einer umfangreichen Modernisierung abgeflacht.

Zur 50. Vierschanzentournee 2002 wurde die Schanze gesprengt, wieder neu aufgebaut und mit Matten belegt. Der Bau der Anlage kostete rund 15,4 Millionen Euro. Durch ihre schlangenartige Form wurde die modernisierte und architektonisch interessante Schanze endgültig zum Wahrzeichen der Stadt.

Zitat

Eine Liebeserklärung der besonderen Art erhielt die Bergiselschanze von keinem Geringeren als Schlierenzauer: "Sie ist die schönste Schanze der Welt, mit einer tollen futuristischen Bauweise - sie ist die geilste Schanze." Schlierenzauer hat eine ganz besondere Bindung an Innsbruck - immerhin war es die erste 120-Meter-Schanze, auf die er sich "mit sehr viel Herzflattern" wagte. Kein Wunder: Er war damals erst 14 Jahre alt.

"Wenn man auf einer 120er-Schanze trainiert in Österreich, dann am Bergisel", fügte er an. Seitdem er das erste Mal auf der Schanze war, wollte er vor vollem Haus springen - und diesen Traum erfüllte er sich: "Wenn man oben sitzt am Balken, hört man den Sound der Fans, der mit keiner anderen Anlage der Welt vergleichbar ist. Es ist ein toller Effekt, der nach oben streut", so Schlierenzauer.

Weitere Fakten

  • In jüngster Vergangenheit war Schlierenzauer in Innsbruck der erfolgreichste Springer und triumphierte 2010 und 2013, 2009 und 2012 landete er immerhin auf dem zweiten Rang.
  • Der letzte deutsche Erfolg liegt schon über zehn Jahre zurück: Hannawald ließ bei seinem Rekordsprung 2002 Malysz und Martin Höllwarth hinter sich.
  • 2009 schaffte mit Martin Schmitt immerhin mal wieder ein Deutscher den Sprung aufs Podium. Es war das erste Springen mit dem neuen Windnetz. Kosten: 100.000 Euro.
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