Diethart setzt sich auf Tournee-Thron

SID
Vor der Tournee kannte kaum einer der jungen Athleten, nun kann er seinen größten Triumph feiern
© getty

Skispringer Thomas Diethart hat die 62. Vierschanzentournee gewonnen und Österreich den historischen sechsten Gesamtsieg in Folge beschert. Der 21-Jährige setzte sich nach dem letzten Springen in Bischofshofen in der Gesamtwertung vor seinem Landsmann Thomas Morgenstern und dem viermaligen Olympiasieger Simon Ammann durch.

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"Das ist so geil. Ein Kindheitstraum ist in Erfüllung gegangen. Es wird noch eine Zeit dauern, bis ich das begreifen kann", sagte der 21 Jahre alte Diethart, der noch vor wenigen Wochen ein unbeschriebenes Blatt war. "So schnell kann es manchmal im Skispringen gehen", sagte Diethart.

Auch Österreichs Cheftrainer war stolz: "Ich habe eine richtige Gänsehaut. Hut ab", sagte Alexander Pointner nach dem sechsten Tournee-Triumph eines Österreichers in Folge.

Endstand der 62. Tournee

Als bester Deutscher beendete der 18 Jahre alte Wellinger die Tournee als Zehnter des Gesamtwertung. "Wir sind nur in der erweiterten Spitze. Das hatten wir uns natürlich ganz anders vorgestellt", sagte Bundestrainer Werner Schuster und gab zu: "Das war definitiv enttäuschend. Wir haben Deutschland nicht so repräsentiert, wie wir es wollten."

"Das ist unglaublich"

Mann des Tages war aber "Didl" Diethart, der sich den Tagessieg vor Peter Prevc und Thomas Morgenstern holte und für eine der größten Überraschungen der Tournee-Geschichte sorgte. "Ich habe den gesamten Tag genossen. Das ist unglaublich", sagte der "Flachland-Tiroler" aus Niederösterreich. Diethart war erst kurz vor der Tournee in das A-Team aufgerückt, in Bischofshofen bestritt er seinen erst achten Weltcup.

Vor 20.000 begeisterten Zuschauern ließ der Senkrechtstarter nichts mehr anbrennen und führte dank eines Fluges auf 138,5 Meter schon nach dem ersten Durchgang. In der Gesamtwertung lag er am Ende mit 1012,6 Punkten vor Morgenstern (994,3) und Simon Ammann (992,4).

"Er hat das alles vom Herrgott geerbt", sagte Vater Gernot Diethart, der mit Tränen in den Augen und Glücksschwein in der Hand an der Schanze stand. Dietharts Eltern hatten sich für die Karriere ihres Sohnes verschuldet, nun sammelte der Filius alleine bei der Tournee ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Schweizer Franken (ca. 40.000 Euro).

Ammann schafft es wieder nicht

Der Schweizer Ammann musste dagegen seinen großen Traum vom Gewinn der Vierschanzentournee wieder einmal begraben. Damit bleibt der 32-Jährige vorerst der "Unvollendete": Ammann hat alle großen Titel des Skispringens gewonnen, nur die Tournee fehlt ihm noch. Auch der Österreicher Thomas Morgenstern, der vor drei Wochen in Titisee-Neustadt schwer gestürzt war, war am Ende ohne Chance auf der Paul-Außenleiter-Schanze.

Das deutsche Team verabschiedete sich derweil mit einem durchschnittlichen Ergebnis. "Wir hatten uns das alles natürlich anders vorgestellt", sagte Wellinger, der im ersten Durchgang auf 134 Meter kam und zur Halbzeit den siebten Platz belegte: "Leider hatten sich bei den vorherigen Springen kleine Fehler eingeschlichen." Freund, der vor einem Jahr in Bischofshofen den zweiten Durchgang verpasst hatte, meinte: "Das heute war wichtig. Ich glaube an mich."

Marinus Kraus und Michael Neumayer belegten in Bischofshofen die Plätze 15 und 17. Richard Freitag musste sich dagegen mit einem schwachen 29. Platz begnügen, erst gar nicht in den zweiten Durchgang schafften es Karl Geiger und Andreas Wank.

Ernüchternde Bilanz

Die Bilanz der deutschen Skispringer ist dann auch ernüchternd. Kein DSV-Adler schaffte es bei einer der vier Stationen auf das Podest, mehr als Rang fünf von Wellinger in Garmisch-Partenkirchen sprang nicht heraus. Sogar Lichtjahre entfernt war das Team vom insgeheim erhofften Tagessieg.

Damit geht die Durststrecke weiter: 4026 Tage und 47 Springen sind seit jenem 29. Dezember 2002 vergangenen, an dem Sven Hannawald in Oberstdorf für den bislang letzten deutschen Tagessieg bei einer Tournee sorgte.

Während die deutschen Adler am Abend die Koffer packten und die Heimreise antraten, begann im kleinen Michelhausen die Party erst so richtig. Fast alle der 3000 Einwohner hatten sich in dem Städtchen in der Nähe von Wien vor einer Videoleinwand versammelt, um ihrem berühmtesten Sohn Thomas Diethart die Daumen zu drücken. Es half: Um 17.54 Uhr war das Happy End in einem der unglaublichsten Märchen der Tournee perfekt.