Wer krönt sich zum König von Nove Mesto?

Von Michael Stadtler / Christoph Köckeis
Wer krönt sich bei der Biathlon-WM im tschechischen Nove Mesto zum Weltmeister?
© Getty
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Herren im Check: Die besten Vier der Welt

Martin Fourcade: Fourcade ist für das starke Geschlecht, was Tora Berger im Damen-Zirkus ist: Er trägt das Gelbe Trikot sämtlicher Wertungen, hält bei vier Erfolgen. Der Zweikampf mit Emil Hegle Svendsen, seinem schärfsten Widersacher, elektrisiert die Massen. In Ruhpolding bejubelte der 24-Jährige zuletzt ein "Perfect Weekend". Der Aufbau passt - für die Konkurrenten fast schon beängstigend.

Fazit: Seit 2009 gehört Fourcade zur Elite. Dort setzte er in kürzester Zeit neue Maßstäbe. Im Vorjahr dominierte er wie kein Zweiter, räumte bei der WM und im Weltcup alles ab. Bruder Simon hat er längst überflügelt. "Er hat das erreicht, was ich mir erträumt habe", betont der vier Jahre Ältere. Die anfängliche Missgunst wich der gegenseitigen Förderung. Das macht ihn noch stärker.

Prognose: Wer, wenn nicht er? Keiner ist prädestinierter dafür, erneut zum Superstar zu avancieren. Martin, mach Platz in der Vitrine - du reist aus Nove Mesto mit vollen Koffern ab: Je zwei Mal Gold und Silber!

Emil Hegle Svendsen: Svendsen galt früh als legitimer Erbe von Ole Einar Björndalen. Nahtlos setzte er die große Tradition norwegischer Biathleten fort. Seit 2005 jagt er mit seinem unermüdlichen Idol über die Loipen dieser Welt. "Mich mit dem Besten aller Zeiten zu messen und mit ihm verglichen zu werden, ist eine große Ehre." Mittlerweile ist der zweifache Olympionike selbst ein Großer.

Fazit: Sieben WM-Titel, dazu 15 Medaillen - die Vita des 27-Jährigen hinterlässt Eindruck. In dieser Saison scheint er sich die überragenden Vorstellungen aufzusparen. Einen Sieg holte Svendsen bislang, sein 26. im Einzel. Für die eigenen Ansprüche enttäuschend. Selten vereinte er Zielsicherheit und Laufstärke zugleich.

Prognose: Rechtzeitig läuft Svendsen zur Paradeform auf. Er ist eben Ausnahmekönner. Und solche präsentieren bei Großereignissen ihre Schokoladenseite: Eine Goldene, zwei Mal Silber.

Anton Shipulin: Er hätte sich eine bessere Generalprobe nicht erträumen können. Beim letzten Schaulaufen der Skijäger im italienischen Antholz durfte er doppelt das oberste Treppchen erklimmen. In Sprint und Verfolgung war er eine Klasse für sich. "Das ist meine Lieblingsstrecke. Bis zur WM muss ich weiter hart arbeiten, aber ich bin schon sehr zuversichtlich."

Fazit: Obwohl nur Siebtplatzierter im Gesamtweltcup, gehört er zum engsten Favoriten-Kreis. Der 25-Jährige führt die russische Armada an. Zwar liegen drei Landsleute vor ihm, doch für ihn spricht der Aufwärtstrend. Wenn er jenen über die Wettkampfpause retten konnte, ist alles möglich.

Prognose: Vollgepumpt mit Selbstvertrauen kommt Shipulin nach Nove Mesto. Wie seine Kollegen darf er berechtigt auf Edelmetall im Einzel hoffen. Im Team sind sie ohnehin schwer zu schlagen: Je einmal Gold und Bronze!

Andreas Birnbacher: Er ist der große deutsche Hoffnungsträger. Als einziger heimischer Athlet darf er mit Medaillen spekulieren. Als Einziger ist der 31-Jährige dem Druck gewachsen. Denn die glorreiche Vergangenheit lastet schwer auf der jungen Garde. In Schlagdistanz zu den Top 10 kommt niemand mehr. "Ein früher Erfolg wäre wichtig für das Team."

Fazit: Zuletzt plagte Birnbacher ein Magen-Darm-Infekt, weshalb Antholz für ihn keine Reise wert war. Oftmals spüren Profi-Sportler noch Wochen danach die Erkrankung. "Ich hoffe, dass ich wieder gut in Form komme. Wenn ich an den Dezember anknüpfen kann, ist etwas in Reichweite." Damals lächelte er drei Mal vom Podium, gleich zwei Mal von der Spitze.

Prognose: Hinter dem Leistungsvermögen steht nach der Erkrankung ein dickes Fragezeichen. Ganz Biathlon Deutschland drückt die Daumen. Am Ende steht eine Bronzemedaille.

Die weiteren Medaillen-Kandidaten

Evgeny Ustyugov (RUS): Ustyugov hat sich im Spitzenfeld der Biathleten etabliert. Der Russe liegt auf Platz drei im Gesamtweltcup und ist Stammgast in den Top 10 der Einzelwettbewerbe. Seine besten Ergebnisse feierte er im Sprint. In seiner Lieblingsdisziplin kann er eine Medaille erlaufen.

Jakov Fak (SLO): Fak wandelt zwischen den Extremen. Einerseits feierte der Slowene in diesem Winter zwei Weltcupsiege und stand insgesamt sechs Mal auf dem Podest, andererseits kam er auch vier Mal jenseits des 30. Platzes ins Ziel. An einem guten Tage ist ihm alles - auch eine Goldmedaille - zuzutrauen.

Alexis Boeuf (FRA): Boeuf hat in diesem Winter bereits bewiesen, dass er ganz nach vorne laufen kann. Mit der Staffel holte er im vergangenen Jahr Silber. In Nove Mesto könnte - sofern der Franzose mehr Konstanz in seine Leistungen bringt - die erste Einzelmedaille folgen.

Die weiteren Deutschen: Erik Lesser, Simon Schempp, Arnd Peiffer und Florian Graf haben diesen Winter bereits ihr Potenzial angedeutet. Immer wieder war einer für einen Ausreißer nach oben gut. Ein konstant hohes Niveau konnte allerdings keiner der vier aufbieten. Vor allem Lesser und Peiffer sind aber durchaus für eine Überraschung gut. Eine Medaille ist zwar nicht zu erwarten, aber auch nicht kategorisch auszuschließen.

Die Favoriten der Teamwettbewerbe

Damen-Staffel: Bei der Heim-WM 2012 in Ruhpolding schnappte sich die deutsche Staffel die Goldmedaille. Damals war aber auch noch Magdalena Neuner ein Teil des Teams. Ein Verlust der in der laufenden Saison anfangs nicht zu kompensieren war. Vierter, Dritter, Vierter und Erster lautet die Bilanz der deutschen Damen-Staffel in diesem Winter bisher.

Dementsprechend scheint auch in Nove Mesto wieder alles möglich zu sein. Präsentieren sich die deutschen Damen ähnlich stark wie bei der Generalprobe in Antholz, so ist auch Platz eins drin. Als Topfavorit gelten dennoch die Norwegerinnen. Ebenfalls in den Goldkampf eingreifen werden wohl die Staffeln aus Frankreich, Russland und der Ukraine. Ein spannender und enger Wettbewerb wird erwartet.

Herren-Staffel: Die Bilanz der deutschen Herren-Staffel fällt in diesem Winter bisher weitestgehend ernüchternd aus. Nur einmal schaffte man den Sprung auf das Podest (Platz drei in Oberhof). Demenstprechend ist von der deutschen Staffel auch bei der WM nur wenig zu erwarten. Abgesehen von Birnbacher fehlen die überragenden Athleten in der Mannschaft. Mit Glück kann der Sprung auf Platz drei gelingen.

Die größten Hoffnungen auf die Goldmedaille darf sich aber Frankreich machen. Zweimal triumphierte die französische Staffel in diesem Winter bereits, einmal wurde man Zweiter. Als größte Mitstreiter um Gold gelten Titelverteidiger Norwegen und Russland. Dass diese drei Nationen die Verteilung des Edelmetalls unter sich ausmachen werden, ist wahrscheinlich.

Mixed-Staffel: Die norwegische Staffel um Tora Berger, Synnove Solemdal, Ole Einar Björndalen und Emil Hegle Svendsen holte im vergangenen Jahr WM-Gold. Da die Skandinavier wohl auch in diesem Jahr ähnlich stark besetzt sein werden, wird Platz eins auf dem Podest erneut nur über das Team Norwegen führen.

Der deutschen Staffel dürfen in der Besetzung mit Miriam Gössner, Andrea Henkel, Andreas Birnbacher und Simon Schempp aber ebenfalls realistische Medaillen-Chancen ausgerechnet werden.

Biathlon-WM in Nove Mesto: Der Zeitplan