Schlieri und der Flug für die Ewigkeit

Von Jochen Rabe
Gregor Schlierenzauer zieht mit dem ewigen Rekord von Matti Nykänen gleich
© Getty

Gregor Schlierenzauer ist auf dem Olymp der Skispringer angekommen und zieht mit einer Legende gleich. In Kitzbühel fährt ein erfrischend unkonventioneller Nobody allen davon. Der Italiener Christof Innerhofer kann derweil seine Zunge nicht zügeln - kriecht dann aber reumütig zu Kreuze.

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Ein Flug für die Ewigkeit: Matti Nykänen war 25 Jahre alt, als er seinen letzten Weltcupsieg klar machte. Es war Nummer 46, bis zu diesem Wochenende einsamer Weltrekord. Doch Gregor Schlierenzauer rüttelt nun mit aller Macht an dem Denkmal des Finnen. Mit gerade einmal 23 Jahren gewann der Vierschanzen-Tournee-Sieger am Wochenende in Vikersund ebenfalls zum 46. Mal und zog damit mit der Skisprung-Legende gleich. "Das ist natürliche eine geile Geschichte. Es ist irgendwo ein Meilenstein in der Karriere, trotzdem ist immer mein ganz großes Ziel 47. Aber bleiben wir einmal am Boden", gibt sich Schlierenzauer zurückhaltend. Dass Skispringer es allerdings nicht so mit dem am-Boden-Bleiben haben, liegt ja auch irgendwie in der Natur der Sache, oder?

Der König von Kitzbühel: Über 3000 Meter lang, Eisplatte an Eisplatte - die Streif in Kitzbühel gilt als schwierigste Skipiste der Welt. Eigentlich eine klare Sache für einen erfahrenen Athleten. Doch am Samstag lieferte überraschend ein 23-Jähriger eine Topleistung ab. Der Italiener Dominik Paris fuhr mit 142 km/h die schnellste Zeit und gewann die Abfahrt schließlich sensationell vor Weltmeister Erik Guay. "Ich find's saugut, dass da ein Junger auftaucht und die Alten ärgert", sagt Deutschlands Doppel-Olympiasieger Markus Wasmeier zur "Bild am Sonntag". Ein Typ, erfrischend für den Wintersport wie kaum ein anderer. Damit er so richtig auf Touren kommt, macht er sich vor den Rennen mit Heavy Metal heiß: "Abfahrtsrennen sind hart. Da braucht man auch harte Musik." Na dann.

Machtdemonstration: Die deutschen Kombinierer gewinnen erstmals seit vier Jahren wieder im eigenen Land - und wie! Eric Frenzel, Tino Edelmann und Johannes Rydzek sorgten für einen Dreifachsieg. Bundestrainer Hermann Weinbuch ist eher ein ruhiger Zeitgenosse. Nach dieser dominanten Vorstellungen seiner Mannen war er dann aber doch aus dem Häuschen: "Es läuft zurzeit wie geschmiert. Wir haben momentan einen Lauf. Wir haben auch lange dafür gekämpft. Ich hoffe, wir können das jetzt halten." Für den Sieger Frenzel war es irgendwie unheimlich, wie souverän er vorausfahren konnte: "Ich weiß gar nicht, warum es derzeit so gut klappt. Heute dachte ich, es wird deutlich enger." Und als wäre der Sonntag nicht ohnehin ein Feiertag für die deutschen Kombinierer gewesen, setzte sich Frenzel auch in der Gesamtwertung an die Spitze.

Flops

Mit blauem Auge davongekommen: Wegen regelwidrigen Verhaltens wurde Christof Innerhofer nach einem Trainingssturz in der Startliste für die Abfahrt in Kitzbühel strafversetzt. Damit wollte sich der Italiener allerdings nicht abfinden. In einem Interview mit dem "ORF" beschimpfte er die Rennleitung übel, teilweise mit Kraftausdrücken. FIS-Renndirektor Günter Hujara echauffierte sich über das Verhalten des 28-Jährigen, sagte, es seien Rechte von Personen der Jury angegriffen und diese diffamiert worden. Hujara drohte Innerhofer mit einer zivilrechtlichen Klage, im schlimmsten Falle hätte er sogar seine Rennlizenz verlieren können, wenn dieser sich nicht "klar und deutlich" entschuldige. Die Entschuldigung kam auch postwendend: "Es war sicher ein großer Fehler. Ich war einfach so aufgewühlt, die Emotionen waren da. Ich möchte mich für jedes Wort bei jenen entschuldigen, die ich falsch angegriffen habe - direkt oder indirekt. Ich habe aus dem Fehler gelernt und kann nur sagen, dass es mir leidtut." Letztlich kam Innerhofer mit einem blauen Auge davon. Huraja bestätigte, dass er sich dafür einsetzen werde, "dass das Verfahren keine Folgen hat."

Das war knapp: Beim Weltcupspringen in Sapporo sorgte ein Lokalmatador mit einem Missgeschick für eine echte Schrecksekunde. Vor seinem letzten Sprung musste der Japaner Daiki Ito den schlechten Bedingungen Tribut zollen. Also wollte er vom Zitterbalken zurücksteigen. Und dann wurde es dramatisch: Ito verlor den Halt und rutschte ab, zuerst auf dem Rücken, dann auf dem Bauch rutschte er die Schanze runter. Erst unmittelbar vor dem Schanzentisch kam der 27-Jährige zum Stillstand. Die gute Nachricht für den Japaner: Er blieb unverletzt. Doof nur, dass die Organisatoren das Reglement scharf auslegten, einen zweiten Versuch gab es nicht. Da bringt es Ito auch nichts, dass er vor dem finalen Sprung auf Rang zwei lag. Ist das jetzt Glück im Unglück oder Unglück im Glück?

Spannung ade: Es hätte der große Showdown zwischen dem Weltmeister und dem Olympiasieger werden sollen, ein Duell auf Augenhöhe. Im Vorklapp der X-Games in Aspen fokussierten sich die Medien schon wochenlang auf einen Zweikampf zwischen Shaun White und Iouri Podladtchikov. Besonders weil letzterer sich in der Qualifikation überraschend an die Spitze gesetzt hatte und mit Kampfansagen nicht sparte: "Am Samstag beim Finale gehe ich all in." Daraus wurde aber nichts, da der Schweizer "I-Pod" - den deutsche Medien dieser Tage kurzerhand zum Russen gemacht hatten - mit einem Grippevirus passen musste. "Ich war deprimiert. Iouri hat mir ein SMS geschrieben, dass er nicht starten kann. Ich wäre gerne gegen Iouri gefahren", zeigte sich White enttäuscht. Jammern auf hohem Niveau, denn unter dem Strich bedeutete die Absage von Podladtchikov freie Bahn für den Olympiasieger von Turin und Vancouver. Für die Organisatoren war es schade, wirklich spannend war es dadurch nicht mehr...