Verletzter Bob-Pilot Angerer zittert

SID
Karl Angerer beginnt 2003 seine Karriere als Bob-Pilot
© Getty

Sonntagnacht, gegen ein Uhr, wenn in Whistler die siebte Weltcup-Entscheidung im Viererbob ansteht, wird Karl Angerer in seinem Wohnzimmer in Marktschellenberg sitzen. Dort wird es warm sein, um die 20 Grad - aber der 32-Jährige wird trotzdem zittern. Auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Kanada hält Angerer den Geschwindigkeitsweltrekord.

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154,3 Kilometer pro Stunde fuhr er bei der olympischen Entscheidung vor zwei Jahren: "Und diese Marke steht auf der Kippe, auch heuer", sagt er der Nachrichtenagentur "dapd".

Die Stunden an diesem Wochenende werden hart. Schon seit Beginn der Saison ist der Vize-Weltmeister des vergangenen Winters zum Zusehen verdammt.

Verletzung in der rechten Hand

Eine Verletzung in der rechten Hand (Karpaltunnelsyndrom) hinderte Angerer bis vor wenigen Wochen sogar daran, überhaupt wieder in einen Bob zu steigen.

"Tatenlos zuschauen fällt mir echt schwer", gibt der Familienvater zu. Schon bei den vergangenen Weltcups nahe der Heimat juckte es Angerer als Besucher - besonders undankbar ist es aber, wenn die Konkurrenz "seinen" Rekord jagt.

Er will der Schnellste Bobfahrer der Welt bleiben.

Whistler ist "anderes Bobfahren" - eine Zwickmühle

Angerer mag die Bahn in Whistler, auch wenn sie umstritten ist. "Das ist anderes Bobfahren. Allein die Stimmung im Starthaus zeigt das", sagt er. Statt Heiterkeit und Spaß herrschen auf der Olympia-Bahn von 2010 Anspannung und Konzentration. Ein Fahrfehler am Speed-Limit und der Schlitten kippt.

"Die Gefahr ist immer da. Auch ich habe mal darüber nachgedacht, ob ich da noch fahren soll", gibt Angerer zu. Immerhin hat er sich vor sieben Jahren bei einem heftigen Sturz den Halswirbel gebrochen. Dennoch spricht der Olympia-Siebte von "einem besonderen Kick in Whistler. Es ist für uns eine Zwickmühle".

Ein bisschen Hoffnung zieht Angerer aus den vergleichsweise milden Temperaturen dieser Tage in Kanada. Nur knapp unter null Grad soll die Luft am kommenden Weltcup-Wochenende in Übersee sein. "Dann wird es schon schwer, so schnell zu werden", sagt er.

Nur, wenn man auf der schnellsten Bahn der Welt einen "perfekten Lauf" erwische, sei seine Rekordmarke in Gefahr. Dass den deutschen Top-Piloten wie dem Weltcup-Führenden Maximilian Arndt (Oberhof) und Weltmeister Manuel Machata (Berchtesgaden) dieser Traumlauf zuzutrauen ist, weiß Angerer so gut wie kein anderer.

"Wieder ins Team zu kommen wird so schwer wie nie"

"Die Jungs sind wie jede Saison gut drauf. Wieder zurück ins Team zu kommen wird so schwer wie nie zuvor", sagt der dreimalige Weltcup-Sieger. Schon ohne Angerer war das Gedränge um die Startplätze eng: "Und schlechter werden die nicht bis zur kommenden Saison." Angerer blieb in seiner Verletzungszeit daher nichts anderes übrig, als das Positive zu sehen - und aufzurüsten.

"Wir testen seit ein paar Wochen. Ich habe jetzt Möglichkeiten, die andere unter der Saison nicht haben", sagt er. Ideen habe er, Skizzen dazu entworfen: "Und jetzt kann ich einfach mal ein paar Fahrten hintereinander machen und schauen, ob es klappt." Die kommende Saison mit der WM in St. Moritz ist Angerers Ziel.

Zumindest ein Rennen ist er nach monatelanger Pause aber auch in diesem Winter gefahren. Vergangene Woche wurde Angerer auf seiner Heimatbahn am Königssee bayerischer Meister. Top-Geschwindigkeit: 112,849 km/h. "Ganz stark, ich weiß", scherzt er und muss lachen.

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