Reifeprozess mit Hindernissen

SID
Für Severin Freund (Foto) und Richard Freitag ist noch immer ein Podestplatz möglich
© Getty

Als Tournee-König Gregor Schlierenzauer seinen Party-Marathon begann, saßen die deutschen Skispringer beim gemütlichen Abendessen zusammen. Der geruhsame Ausklang des zehntägigen Schanzenspektakels passte zu den Darbietungen der manchmal flügellahmen Adler, bei denen es wie schon im Vorjahr nur zu ein paar Achtungserfolgen gereicht hat.

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"Für uns ist es nicht mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen. Es ist sehr lehrreich für uns alle gewesen", sagte Bundestrainer Werner Schuster. Dass es zu einer tragenden Rolle in der Gesamtwertung, zu der Severin Freund und Richard Freitag mit ihren Vorleistungen durchaus in der Lage gewesen wären, nicht gereicht hat, trug der Österreicher mit Fassung: "Es wäre sehr bemerkenswert gewesen, wenn wir hier um den Sieg gesprungen wären."

Opfer der Technik

Die Plätze sieben für Freund und zehn für Freitag waren am Ende auf der Ergebnisliste zu lesen. Immerhin hat man damit das blamable Ergebnis des Vorjahres deutlich gesteigert, als es kein deutscher Springer unter die besten Zehn geschafft hatte. Doch zur Spitze fehlen noch Welten. Allein Freund verlor auf den überlegenen Sieger Schlierenzauer in sieben Sprüngen - der Finaldurchgang in Bischofshofen war abgesagt worden - über 50 Meter.

"Mir ist nach der Halbzeit ein bisschen die Luft ausgegangen", sagte Freund. Körperlich sei er zwar topfit, doch mit dem Sprung passe es nicht mehr so ganz zusammen. Schuster analysierte, dass sein bester Mann seiner technischen Instabilität zum Opfer gefallen sei: "Mit Platz sieben ist er am Ende noch gut weggekommen."

Fast gegenteilig verlief die Tournee für Harrachov-Sieger Freitag. Nach schwachem Start kam der 20 Jahre alte Sachse immer besser in Schwung, schon am Bergisel in Innsbruck zeigten die Pfeile wieder nach oben. Freitag war wohl auch ein Opfer des Drucks, den eine Veranstaltung wie die Tournee ganz automatisch auf den Athleten überträgt.

Schlierenzauer brauchte fünf Jahre

Für Schuster bleibt zwar die Erkenntnis, dass sein Team in der Breite immer stärker wird. Doch in Freund und Freitag trainiert er eben nur zwei Springer, die eine Chance auf das Podest haben. "Und wenn die nicht in Höchstform sind, dann geht's nicht", sagte er.

Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis Deutschland wieder einen Tournee-Sieger feiern wird. Das beste Beispiel dafür ist eben Schlierenzauer. Selbst der Ausnahmespringer hat fünf Jahre gebraucht, um sich seinen ersten Titel zu sichern. Dabei musste er nach starkem Beginn mit zwei Siegen doch noch bis zum letzten Sprung zittern.

"Man muss extrem komplett sein. Körperlich, mental, technisch und vom Reifegrad komplett ausgebildet sein, um das zu bestehen", beschrieb es Schuster. Die Österreicher, gibt er zu, sind da schon sehr weit. Schuster und seinen Schützlingen bleiben noch zwei Jahre zur Entwicklung. Erst in Sotschi bei Olympia, so der Masterplan des Deutschen Skiverbandes, sollen die Skispringer wieder die besten der Welt sein.

Die Skispringen-Termine 2011/12

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