"Nicht auf lustig machen"

SID
Auch Aljona Savchenko und Robin Szolkowy können sich eine WM in Japan schwer vorstellen
© Getty

Angesichts der in Japan drohenden Nuklearkatastrophe stehen die Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften, die am 21. März in Tokio beginnen sollen, vor der Absage. Auch die Paarlauf-Europameister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy können sich nur schwer vorstellen, in der Yoyogi-Halle "auf lustig zu machen".

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Japan droht eine Nuklearkatastrophe, den Sportlern steht nicht der Sinn nach Eiskunstlaufen, nur der Weltverband ISU kann sich noch nicht zu einer Absage der Weltmeisterschaften, die am 21. März in Tokio beginnen sollen, durchringen und spielt auf Zeit.

"Natürlich ist durch die Reaktorexplosion eine neue Situation entstanden. Aber wir benötigen weitere Informationen", sagte ISU-Präsident Ottavio Cinquanta bei der Eisschnelllauf-WM in Inzell. Es gebe viele Interessen zu berücksichtigen, meinte der Italiener weiter und hatte dabei wohl auch die Verbandssponsoren im Kopf.

"Würde uns sehr schwer fallen, auf lustig zu machen"

Zwar ergab eine Untersuchung, dass die Yoyogi-Sporthalle das Erdbeben in der japanischen Hauptstadt nahezu unbeschädigt überstanden hat, doch das interessiert die Aktiven überhaupt nicht mehr.

"Es würde uns sehr schwer fallen, jetzt in Tokio auf lustig zu machen. Die Menschen haben ganz was anderes im Kopf und ganz andere Sorgen als Eiskunstlaufen", sagte Paarlauf-Trainer Ingo Steuer am Rande einer Nachwuchsveranstaltung in Chemnitz.

Der Coach sprach damit auch seinen Schützlingen Aljona Savchenko und Robin Szolkowy aus der Seele. Die in dieser Saison noch ungeschlagenen Europameister wollten im fernöstlichen Kaiserreich eigentlich nach ihrem dritten WM-Titel greifen.

Speziell Savchenko ist seit ihrer Kindheit mit den Risiken vertraut, die durch technische Probleme in einem Kernkraftwerk entstehen können.

DEU orientiert sich am kanadischen Verband

Die 27-Jährige kam am 19. Januar 1984 in Kiew zur Welt und verbrachte dort ihre ersten 18 Lebensjahre. In der Hauptstadt der Ukraine war nach dem nuklearen Super-GAU am 26. April 1986 in Tschernobyl eine erhöhte Radioaktivität gemessen worden.

Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) orientiert sich derzeit am kanadischen Verband, der es seinen Läufern freistellt, ob sie die Reise nach Japan wagen wollen. Einen Schritt weiter ging bereits die französische Föderation, die ihren Europameister Florent Amodio in die Heimat zurückbeorderte. Andere bereits nach Japan eingereiste Athleten wie die russischen Paarläufer Tatjana Wolososchar und Maxim Trankow wollen vorerst bleiben.

DEU-Vizepräsidentin Elke Treitz räumte eine Nervosität unter den deutschen Sportlern ein, geschürt auch durch eine Reisewarnung, die das Auswärtige Amt am Wochenende ganz dezidiert für den Großraum Tokio aussprach.

WM-Absage vor 50 Jahren

Ein spezieller Problemfall ist die deutsche Meisterin Sarah Hecken. Die 17 Jahre alte Mannheimerin ist noch minderjährig und bräuchte für den zweifelhaften WM-Trip eine Zustimmung ihrer Eltern.

Vor genau 50 Jahren waren schon einmal Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften wegen eines tragischen Unglücksfalls gecancelt worden. Beim Landeanflug auf Brüssel stürzte ein aus New York kommendes Linienflugzeug ab.

Unter den 73 Todesopfern war auch das 18-köpfige WM-Aufgebot der USA, die in Prag geplanten Titelkämpfe wurden daraufhin abgesagt. Kriegsbedingt fanden zwischen 1915 und 1921 sowie 1940 und 1946 keine Weltchampionate statt.

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