Crying Lindsey und der Wunderheiler

Von Alexander Mey
Lindsey Vonn beklagte sich über die Pistenverhältnisse bei der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen
© Getty

Die alpine Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen hat Helden und Verlierer produziert. Das deutsche Team leider mehr Verlierer als Helden. Und was bringt die WM eigentlich für die Olympia-Bewerbung? Die Tops und Flops.

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+ Wunderheiler und Gesundbeter

Nach einer WM in Deutschland fangen wir auch mit dem deutschen Lichtblick an. Die beiden einzigen Medaillen holte unser Superstar Maria Riesch. Bronze im Super-G und Bronze in der Abfahrt. Das war besonders bemerkenswert, weil sie wegen ihrer Grippe eigentlich gar nicht starten sollte. Toller Kampfgeist, auch wenn im Endeffekt zweimal Bronze sicher nicht ihr Traumergebnis bei der Heim-WM war.

Dass sie nicht schon nach dem ersten Rennen am Ende war, verdankte sie der medizinischen Abteilung des DSV und ihrem Immunsystem. Oder hat sie doch heimlich auf Wunderheiler und Gesundbeter vertraut? Die "tz" zitiert ihren Vater Sigi Riesch mit den Worten: "Bei mir im Büro haben mehrere Wunderheiler und Gesundbeter angerufen. Einer hat ernsthaft behauptet, er könne Grippe durchs Telefon heilen."

- Alle schlecht, außer den Jungen

Kommen wir zum weniger erfreulichen Teil des DSV-Teams - dem Rest. Das heißt dem Rest der etablierten Athleten, denn den ganz jungen Leuten wie Lena Dürr, Veronique Hronek, Fritz Dopfer oder Stefan Luitz ist nichts vorzuwerfen. Sie haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten überzeugt.

Felix Neureuther, Susanne Riesch und Viktoria Rebensburg nicht. Ebenso wenig der Rest der einst so hoch gelobten Slalom-Mannschaft der Damen. Rebensburgs fünfter Platz im Riesenslalom war kein Beinbruch, aber eben nicht die eigentlich eingeplante Medaille. Auf der Olympiasigerin ruhten umso mehr Hoffnungen, da Kathrin Hölzl aufgrund ihrer Rückenschmerzen chancenlos war.

Die beiden anderen Podesthoffnungen scheiterten dagegen auf ganzer Linie. Neureuther lag schon nach dem ersten Slalomdurchgang auf seinem Hausberg aussichtslos zurück, nur um dann im zweiten auszuscheiden. Gleiches Bild bei Riesch. Ihre Slapstick-Einlage beim Ausfall, bei dem sie erst am Hang entlang taumelte, um dann in Zeitlupe so blöd einzufädeln, dass sich die Bindung öffnete, war leider bezeichnend.

DSV-Alpin-Direktor Wolfgang Mayer erklärte das schlechte Abschneiden damit, dass seine Läufer dem Druck nicht gewachsen waren. Zitat: "Ich hatte den Eindruck, dass alle lieber auf der Rückseite des Berges runter gefahren wären als ins Stadion hinein."

+ Miss Austria

Wer ist denn nun die große Heldin des österreichischen Damen-Teams? Die Auswahl ist riesig, denn mit Ausnahme von Tina Maze im Riesenslalom haben nur Österreicherinnen die Goldmedaillen gewonnen. Allen voran Elisabeth Görgl in Super-G und Abfahrt. Aber auch Marlies Schild (Slalom) und die junge Anna Fenninger (Super-Kombi) ließen sich nicht lumpen.

Viermal Gold und dazu noch einmal Silber durch Kathrin Zettel. Noch nie war eine ÖSV-Damen-Mannschaft bei einer WM so erfolgreich. Überhaupt gab es nur zwei Teams, die noch besser waren. Die Schweiz 1987 in Crans Montana (5/2/1) und Frankreich 1966 in Portillo (4/3/1).

- Crying Lindsey

Lindsey Vonn ist ja relativ häufig ein echter Sonnenschein, ein richtiges All-American-Girl. Aber eben nur, wenn sie gewinnt. Wenn nicht, nervt sie mitunter ganz schön. Psychologische Kriegsführung ist dann auch ihr Metier. In Garmisch ging es damit los, dass sie fortwährend über die angeblich viel zu gefährliche Piste jammerte. Dann noch die Kopfschmerzen als Nachwirkungen ihres Sturzes kurz vor der WM, die sie nach eigener Aussage daran hinderten, Bestleistungen zu bringen.

In der angeblich so gefährlichen Abfahrt war sie dann plötzlich trotzdem zur Stelle und holte immerhin die Silbermedaille. Danach beendete sie kurzerhand ihre Titelkämpfe. Fazit: Ein sportlich nicht allzu erfolgreicher und vom Verhalten her teilweise fragwürdiger Auftritt von Vonn. Dann doch bei den nächsten Weltcups lieber wieder das strahlende All-American-Girl, bitte!

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+ Südtirol 5, Italien 0

So richtig groß ist Südtirol im Norden Italiens ja nicht. Aber Skifahren kann man da. Sehr gut sogar. Nachzufragen vor allem bei Christof Innerhofer, der in Garmisch einen kompletten Medaillensatz voll gemacht hat. Gold im Super-G, Silber in der Super-Kombi, Bronze in der Abfahrt. Erfolgreicher war bei den Herren keiner.

Um das Herren-Debakel für den Rest der Nation perfekt zu machen, gingen auch noch die beiden Bronzemedaillen in Super-Kombi und Slalom mit Peter Fill und Manfred Mölgg an Südtiroler. Zur Ehrenrettung der Italiener musste eine Frau her. Federica Brignone, die Silbermedaillengewinnerin im Riesenslalom, wurde in Mailand geboren.

- Hoppla, Schwiiz!

Die Medaillenausbeute des deutschen Teams bei der WM war ja schon nicht toll, aber die der Schweizer war noch schlechter. Es gab nur eine jämmerliche Medaille für die Alpin-Macht. Didier Cuche verhinderte mit Silber in der Abfahrt das totale Debakel.

Es war aber auch jede Menge Pech dabei. Die Schweiz landete viermal auf dem vierten Platz. Allein zweimal musste sich Lara Gut mit der Blechmedaille bzw. der "Ledernen", wie es in der Schweiz heißt, begnügen.

+ 1, 2, 3: Stimmung!

Egal, welchen Offiziellen man fragt, egal, welches deutsche Medium man liest, alle loben die Stimmung und die Organisation bei der Ski-WM in höchsten Tönen. Die "tz" druckte sogar eine komplette Doppelseite mit positiven Kommentaren von Promis, Fahrern und Garmischern. Alles super, sollte man meinen, vor allem der Teamwettbewerb mit direkten Duellen kam bei Fans und Öffentlichkeit sehr gut an.

Nur in Österreich wollte man die Euphorie nicht ganz teilen. Das Sportportal "laola1.tv" schrieb: "Wenn beim Teambewerb, der nicht einmal ausverkauft ist, die Stimmung am besten ist, dann sagt das schon alles. Das Publikum in Garmisch war zwar immer sehr fair, so richtig laut wurde es aber nur bei den deutschen Läuferinnen und Läufern - und da meist nur bis zur ersten Zwischenzeit."

Naja, ganz so kritisch wollen wir mal nicht sein. Alles in allem war die Stimmung gut und die Tribünen waren gut gefüllt. Dass dazu die Organisation gepasst ist, erwartet man von einer WM in Deutschland.

Ob die WM jetzt aber so gut war, dass man von einem wichtigen Fingerzeig in Richtung Olympiabewerbung für 2018 sprechen kann, ist fraglich. Schlecht war sie für das Image von Garmisch und Bayern auf keinen Fall.

So war es auch nicht verwunderlich, dass OK-Chefin Kati Witt bei der Abschlussparty im Deutschen Haus gelöst auf der Tanzfläche herumsprang und sich zu Gassenhauern wie "La Bamba" oder "Hang on Sloopy" über die gelungene Werbeveranstaltung für München 2018 freute.

Die Ergebnisse der alpinen Ski-WM

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