Stephan Hocke will endlich ankommen

SID
Stephan Hocke gewann im 2002 im olympischen Teamwettbewerb die Goldmedaille
© Getty

Im Sommer flog Stephan Hocke aus dem deutschen Nationalkader. Nach seinem fünften Platz am Sonntag in Engelberg reist er als nominell bester deutscher Skispringer zur Vierschanzentournee.

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"Momentan habe ich eine Mordsgaudi", sagt Stephan Hocke und lacht laut, als wolle er seine positive Stimmung unterstreichen.

Gute Laune war für den Skispringer Hocke in den vergangenen Jahren nicht alltäglich: Seit seiner Debütsaison 2001/02 mit Weltcup-Sieg und Olympia-Gold hat er kaum mehr Höhen, dafür aber viele Tiefen erlebt.

"So wollte ich nicht abtreten"

Die wohl schwärzeste Episode musste er nach der vergangenen Olympia-Saison verkraften: Wegen anhaltend schwacher Sprünge verlor er seinen Kader-Status.

"Als ich es erfahren habe, habe ich mich bei einem Bundeswehr-Lehrgang in einen Kraftraum verzogen und aus Frust Gewichte gestemmt", sagt Hocke.

Kurz habe er dabei ans Aufhören gedacht, doch dann kam sein sportlicher Ehrgeiz noch mal durch. "So wollte ich nicht abtreten, noch ist es nicht soweit."

Gedanken dieser Art hat sich Hocke in den zurückliegenden neun Jahren immer mal wieder gemacht.

Ständiges Up and Down

Mit 18 startete er im Weltcup durch, bei seinen ersten vier Springen war er nie schlechter als Siebter, das fünfte gewann er, in Engelberg. Am Saisonende war er in den Top 10 des Gesamtweltcups, Zehnter der Tournee und Olympiasieger mit dem Team - dann stürzte er jäh ab.

Es begann ein stetiges Auf und Ab, Hocke pendelte zwischen Welt- und zweitklassigem Continentalcup.

"Nach dem ersten Sieg ist es für mich nicht einfacher geworden. Ich musste mich neu finden und definieren. Zu begreifen, dass es nicht mehr so läuft wie zuvor, ist mit 18 recht schwierig", sagt er.

Schwere Stürze, Verletzungen und Erwartungsdruck erschwerten ihm in den folgenden Jahren das Springerleben, bis er nach dem Verlust des Kaderstatus' am toten Punkt angekommen schien.

"Ich bin relaxter geworden"

Bei der deutschen Meisterschaft belegte er Ende Juli Rang 18 - auf seiner Heimschanze in Oberhof. Das Ende?

"Ich bin relaxter geworden, weil ich das schon öfter mitgemacht habe", sagt Hocke.

Er machte einfach weiter. Nebenbei machte er seinen B-Trainerschein und schloss den Feldwebel-Lehrgang bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr mit der Note 1,5 ab. Das Springen aber blieb seine Leidenschaft.

Hocke investierte 2600 Euro aus eigener Tasche für neues Material, der Thüringer Skiverband steuerte Geld für Unterkünfte, der DSV einen Anzug bei.

Vater Wilfried coachte seinen Sohn wie in frühen Tagen, Freundin Nadine, mit der er kurz nach dem Coup von Engelberg zusammengekommen war, stand ihm bei.

Hocke mit neuen Ski

Wichtig auf seinem Weg zurück war auch eine neue Skisprungmarke (fluege.de). "Als Kaderloser war es eine Chance für mich, an Ski heranzukommen", sagt Hocke über die Zusammenarbeit mit dem neuen Produzenten, der dem Beinahe-Monopolisten (Fischer) Konkurrenz machen will.

Die Lattenmacher produzieren in Schmalkalden, eine halbe Autostunde von Oberhof entfernt.

Ende November testete Hocke seine neuen Ski erstmals, Anfang Dezember flog er damit zu drei Siegen im Conticup.

In Engelberg, auf seiner Schanze, kam Hocke mit den blauen Ski auf Platz fünf - so gut war in dieser Saison kein anderer deutscher Springer.

"Mein Gesamt-Niveau ist stabiler"

Der letzte Teil der Tournee-Generalprobe war zwar vom Wind beeinflusst und ein "verrückter Wettkampf", wie Bundestrainer Werner Schuster betonte.

Doch auch der Coach hat Hochachtung vor Hockes Comeback: "Stephan hat hier ganz tolle Sachen gemacht."

Vor zwei Jahren kam Hocke gar mit vier Siegen aus dem Conticup zur Tournee, die er dann als guter 15. beendete.

"Mein Gesamt-Niveau ist jetzt aber stabiler als damals", sagt er. Stephan Hocke hofft, dass er nun endlich angekommen ist.

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