"Süße Gold-Lena? Darauf stehe ich nicht"

Von Interview: Daniel Börlein
Magdalena Neuner hat nicht immer Lust, Everybody's Darling zu sein
© Imago

Magdalena Neuner zwischen Olympia-Vorbereitung und Starkult. Deutschlands Biathlon-Queen steht vor der bisher wichtigsten Saison ihrer Karriere. Nach sechs WM-Titeln muss sie sich erstmals bei Olympia beweisen. Im SPOX-Interview erklärt sie, wie sie das macht, warum sie nun auch schießen kann und warum sie trotz Fan-Horden vor der Haustür nie in eine Großstadt umziehen würde.

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SPOX: Frau Neuner, lassen Sie uns doch gleich mal ein bisschen euphorisch sein. Sie sind bereits sechsfache Weltmeisterin. Im Februar nehmen Sie - wenn alles normal läuft - an Ihren ersten Olympischen Spielen teil. Wie vielmalige Olympiasiegerin sind Sie nach dieser Saison?

Magdalena Neuner: (lacht) Naja, einmal würde mir schon vollkommen reichen. Ich würde mich aber auch über ein paar mehr Titel nicht beschweren. Nein, im Ernst: Ich hoffe, dass es in Vancouver mit einer Goldmedaille klappt. Olympiasiegerin Magdalena Neuner ist schon etwas, das mir gefallen würde. Das muss ich zugeben.

SPOX: Olympiasiegerin Magdalena Neuner - klingt toll, aber vielleicht auch etwas nüchtern. In den Medien wird dann wohl eher wieder vom "blonden Gold-Engel" oder der "süßen Gold-Lena" zu lesen sein.

Neuner: Das befürchte ich auch.

SPOX: Klingt nicht wirklich begeistert.

Neuner: Ich finde das immer nicht besonders. "Blonder Gold-Engel" oder "die süße Gold-Lena" - darauf stehe ich nicht so. Das brauche ich nicht. Aber gut, ich stehe in der Öffentlichkeit. Wenn es allerdings irgendwann nicht mehr so ist, dann werde ich damit ganz sicher kein Problem haben.

SPOX: Auch, weil dann nicht mehr jeden Tag Fans bei Ihnen zuhause vor der Tür stehen?

Neuner: Ja, es war auch in diesem Sommer so, dass es ständig an meiner Tür geklingelt hat. Ich habe dann meistens aus dem Fenster geschaut und geguckt, wer vor der Tür steht. Ich bin aber nicht immer runter gegangen.

SPOX: Ist es Ihnen schwer gefallen, die Fans zu enttäuschen?

Neuner: Na klar tut mir das leid. Aber ich habe mir gesagt, ich muss zuallererst schauen, dass es mir gut geht. Dadurch gab es sicher die eine oder andere Situation, wo ich Fans enttäuschen musste. Aber ich habe gemerkt, dass ich nicht immer für alle da sein kann. Es ist einfach so, dass immer irgendjemand enttäuscht sein wird, weil ich keine Zeit für ihn habe, oder einer kein Autogramm kriegt. Vor ein paar Jahren war ich da noch viel naiver und dachte, ich schaffe das alles, ich kann alle Wünsche erfüllen. Nun habe ich gemerkt: Das geht nicht, sonst überfordere ich mich selbst.

SPOX: Haben Sie auch mal darüber nachgedacht, weg aus Wallgau zu ziehen und in die Anonymität einer Großstadt zu flüchten?

Neuner: Ich will nicht weg von zuhause, weil ich mich daheim einfach unheimlich wohl fühle. Für mich gibt es dazu überhaupt keine Alternative. Deshalb muss ich mich mit Fanbesuchen und dem ständigen Klingeln einfach abfinden.

SPOX: Mit Ihren vielen Terminen der letzten Jahre wollten Sie sich allerdings nicht abfinden und haben Ihre öffentlichen Auftritte zuletzt deutlich reduziert.

Neuner: Ich musste einfach etwas ändern. Ich habe diesen Sommer nur die Termine gemacht, die ich musste und wollte, und habe sonst sehr viel abgesagt. Das war das Beste, was ich machen konnte.

SPOX: Warum?

Neuner: Ich war im letzten Jahr ständig krank - in diesem Sommer überhaupt nicht. Ich konnte genau das trainieren, was ich mir vorgenommen habe. Im letzten Jahr habe ich mich einfach übernommen. Ich hatte keine freien Tage, habe praktisch täglich gearbeitet. Irgendwann geht das eben nicht mehr gut und der Körper nimmt sich eine Pause. Nun habe ich einen ganz guten Mittelweg gefunden, und schon fühle ich mich auch vom Kopf her wesentlich besser.

SPOX: Und prompt klappt's auch mit dem Schießen.

Neuner: Ich wusste ja auch in den letzten Jahren schon aus dem Training, dass ich es kann. Im Wettkampf konnte ich es aber fast nie umsetzen. Im Sommer hat es nun endlich auch mal im Wettkampf so geklappt wie im Training. Das hat unheimlich gut getan.

SPOX: Weil Sie bereits an sich gezweifelt haben?

Neuner: Gezweifelt nicht, aber dadurch, dass ich im Training gezeigt habe, dass ich es kann, habe ich gemerkt, dass das Problem irgendwo anders liegen muss. Deshalb habe ich auch mit einem Mentaltrainer gearbeitet. Das gehört mittlerweile im Leistungssport dazu, auch wenn ich mich in den letzten Jahren noch etwas dagegen gesträubt habe.

SPOX: Beste Voraussetzungen also für einen erfolgreichen Olympia-Winter?

Neuner: Ich muss nun schauen, dass ich gut in die Saison komme und mich erstmal für die Spiele qualifiziere. Eins ist auch klar: Wenn ich bei den Weltcups schlecht bin, dann sieht es auch für Olympia nicht gut aus. Aber eigentlich bin ich ziemlich gut drauf.

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