Pechstein legt neue Blutwerte vor

SID
Claudia Pechstein kämpft weiter gegen die gegen sie erhobenen Dopingvorwürfe an
© Getty

Vor der CAS-Verhandlung hat Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ihre Blutwerte auf eigene Kosten messen lassen und wertet die Ergebnisse als Indiz für ihr Unschuld.

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Eisschnellläuferin Claudia Pechstein geht neun Tage vor ihrer Verhandlung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS erneut in die Offensive und sieht sich "endgültig" entlastet.

Nach einem Bericht der "Sport Bild" hat die fünfmalige Olympiasiegerin vom 21. Juli bis 25. September auf eigene Kosten Messungen ihrer Blutwerte vom Berliner "Labor 28" durchführen lassen und sieht in den Ergebnissen klare Indizien für ihre Unschuld.

Pechstein stützt sich auf Studie aus Jahr 2000

Zudem stützt sich Pechstein auf eine Studie des australischen Wissenschaftlers Robin Parisotto aus dem Jahr 2000. "Nachdem sich unsere medizinischen Experten diese Studie angesehen und mit meinen Werten verglichen haben, glaube ich, dass nun auch aus medizinischer Sicht endgültig bewiesen ist, dass ich mit Blutdoping nichts zu tun hatte und habe."

Parisotto hatte Probanden das Blutdopingmittel Epo verabreicht und anschließend das Blut auf sieben unterschiedliche Parameter untersucht. Pechsteins Blut weise nach Angaben ihres Managers Ralf Grengel bis zu sechs Parameter auf, die der Studie zufolge gegen Epo-Doping sprechen.

Bei der Mehrkampf-WM in Hamar im Februar 2009 seien laut Pechstein-Seite bei der Untersuchung durch die ISU sämtliche sieben Parisotto-Werte mit untersucht worden - sechs wichen ab, mit Ausnahme des Retikulozyten-Wertes.

Gravierende Schwankungen bei Retikulozytenwerten

Und auch gegen die Messungen dieses Wertes fährt die Pechstein-Seite pünktlich zur Berufungsverhandlung vor dem CAS schweres Geschütz auf. Bei der von ihr in Auftrag gegebenen Testreihe wurden insgesamt 19 Proben jeweils mit den beiden Geräten Advia und Sysmex gemessen, wobei gravierende Schwankungen bei den Retikulozytenwerten aufgetreten seien.

Das Advia-Gerät soll Werte von 1,4 bis 2,9, das Sysmex-Gerät dagegen von 1,1 bis 1,6 Prozent geliefert haben. Alle vier Werte, die vor dem CAS ausschlaggebend sein werden, wurden auf der Advia gemessen.

Am 11. August betrug Pechsteins Retikulozytenwert beispielsweise laut Advia 2,9, laut Sysmex aber nur 1,4. "Diese Werte haben uns auch überrascht und sind medizinisch nicht zu erklären", wurde Labormediziner Lothar Röcker zitiert.

Blutanomalie oder Krankheit nicht als Grund

Pechstein wertete auch die neuen Messergebnisse kurz vor der entscheidenden Verhandlung in Lausanne als willkommenes Indiz für ihre Unschuld, nachdem es ihr bislang nicht gelungen war, eine Blutanomalie oder eine Krankheit als Begründung für ihre erhöhten Werte nachzuweisen.

"Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, anhand von Belastungsstudien gleich mehrfach nachzuweisen, dass meine Retikulozyten, gemessen auf einer Advia 120, auf natürlichem Wege über den ISU-Grenzwert ansteigen können", sagte die 37-Jährige, die wegen zu hoher Retikulozytenwerte - der Grenzwert des Weltverbandes beträgt 2,4 - von der ISU gesperrt worden war.

Pechstein: Warum nicht Sysmex statt Advia?

"Es ist ein Wahnsinn, dass man im Anti-Dopingkampf abhängig davon ist, auf welcher Maschine das Blut gemessen wird. Hätte die ISU auf eine Sysmex statt Advia gesetzt, wäre mir die ungerechtfertigte öffentliche Hinrichtung erspart geblieben", sagte Pechstein.

Allerdings lag Pechsteins Retikulozytenwert vom 17. November 2007 beim Weltcup in Calgary, wegen dem sie unter anderem gesperrt worden war, mit 3,75 Prozent noch deutlich über den nun gemessenen Ergebnissen. Dass eine von Pechstein selbst initiierte Testreihe vom CAS als entlastendes Material gewertet werden kann, ist unwahrscheinlich.

Anti-Doping-experte bleibt dennoch zurückhaltend

Harm Kuipers, Anti-Doping-Experte der ISU, blieb mit Blick auf die neuen Enthüllungen Pechsteins zurückhaltend. "Wir vertrauen darauf, dass wir unsere Arbeit richtig gemacht haben", sagte der Niederländer der "FAZ" (Mittwochausgabe).

Die ISU wolle aber keine Auseinandersetzung mit Pechstein in den Medien führen. "Das muss alles in Lausanne geschehen", sagte Kuipers, äußerte dann aber doch vorsichtige Kritik: Pechsteins Argumente hätten sich im Lauf der Zeit widersprochen.

Wird Gutachten CAS vorgelegt?

Zudem berichtete die "FAZ", dass die Pechstein-Seite die Mitarbeit des angesehenen dänischen Doping-Experten Rasmus Damsgaard gesichert habe, dessen Interpretationen zu den Blutwerten Pechsteins dem CAS vorgelegt werden soll.

"Es ist viel nützliches Material darin, solches das gegen sie, und auch solches, das für sie spricht", sagte Damsgaard der "FAZ". Er wisse deshalb nicht, ob Pechsteins Anwalt sein Gutachten überhaupt beim CAS einreichen werde.

Keine ausreichende Beweise für Doping

Der medizinische Leiter des Frankfurter Triathlons, Klaus Pöttgen, wurde derweil in der "Sport Bild" zitiert: "Die mir vorliegenden Werte geben nach meinem Kenntnisstand unter Berücksichtigung aller anderen Blutparameter keine ausreichenden plausiblen Beweise für Doping mit Epo oder einer anderen Substanz."

Pöttgen gehörte zu den Experten, mit deren Hilfe Pechstein eine Testreihe unter Leitung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) angestrebt hatte. Diese war nicht zustande gekommen, weil eine lückenlose Überwachung über einen längeren Zeitraum nicht gewährleistet werden konnte.

Pechstein war von der Disziplinarkommission der ISU für zwei Jahre gesperrt worden, hatte gegen dieses Urteil jedoch beim CAS in Lausanne Einspruch eingelegt. Die Sache wird am 22. und 23. Oktober vor dem CAS verhandelt.

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