Kanadier Kucera schnappt sich den Abfahrts-Titel

SID
John Kucera stand vor seinem WM-Erfolg in der Abfahrt noch nie auf dem Podest
© Getty

Außenseiter John Kucera hat bei der Ski-WM in Val d'Isere die Abfahrt gewonnen. Der Kanadier verwies Didier Cuche und Carlo Janka auf die Plätze. Stephan Keppler erreichte Rang 15.

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Ein Außenseiter aus Kanada ist sensationell zu Abfahrts-Gold bei der Ski-WM in Val d"Isere gerast. John Kucera aus Calgary schlug auf der äußerst bockigen Piste "Face de Bellevarde" allen Favoriten ein Schnippchen und krönte sich ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Vancouver zum ersten alpinen Weltmeister seines Landes.

"Es ist unglaublich. Das ist mein erstes Abfahrts-Podium", sagte Kucera, der in seiner Karriere in einer Weltcup-Abfahrt nie besser als auf Rang sieben gefahren war.

"Weltmeister zu sein ist das Größte neben Olympia. Ich bin sehr glücklich", ergänzte der 24 Jahre alte Super-G-Spezialist, der nicht nur Glück mit dem Wetter hatte, sondern auch eine goldene Spur fand.

Favorit Cuche hauchdünn geschlagen

Als es Kucera mit Startnummer 2 mit der "Bellevarde" aufnahm, schien die Sonne. Der Kanadier nutzte den Vorteil aus und fuhr dazu im unteren Streckenabschnitt eine Linie, die ihm den entscheidenden Zeitgewinn verschaffte. Nur 0,04 Sekunden lag er schließlich vor Super-G-Weltmeister Didier Cuche, der ebenso im Nebel fuhr wie sein drittplatzierter Landsmann Carlo Janka (0,17 Sekunden zurück).

Auch Stephan Keppler (Ebingen), der sich unmittelbar nach Kucera als Dritter auf die Strecke traute, hatte gute Bedingungen, leistete sich aber einen haarsträubenden und weitere kleine Fehler.

Er belegte einen respektablen 15. Rang (2,30), verpasste aber eine bessere Platzierung angesichts seiner Bedingungen: "Ich hatte mit dem Berg so meine Probleme", gab der einzige deutsche Starter zu.

Einige Favoriten wurden von der tückischen "Bellevarde" gleich abgeworfen wie Didier Defago aus der Schweiz. Die meisten allerdings wurden von der lästigen Nebelbank im Mittelabschnitt verschluckt wie neben Cuche auch Titelverteidiger Aksel Lund Svindal (Norwegen/12.) oder Bode Miller (USA/9.). Von Fahrern mit schlechter Sicht kamen nur Cuche und Marco Büchel aus Liechtenstein (4.) nach vorne.

Walchhofer mit Doppelstart

Kucera verfolgte dies alles mit wachsendem Staunen und einem bisweilen ungläubigen Kopfschütteln in der "Leader Box" im Zielraum.

Dort konnte er auch sehen, wie Ex-Weltmeister Michael Walchhofer ein zweites Mal aus dem Starthäuschen fahren durfte: Bei seinem ersten Versuch wurde der Österreicher angeblich trotz einer Unterbrechung des Rennens auf die Strecke gelassen. Dieses Urteil korrigierte die Jury aber zweieinhalb Stunden nach Rennen.

Walchhofer verbesserte sich bei seinem zweiten Ritt über die extrem wellige und eisige "Bellevarde" innerhalb von nur 50 Minuten sogar um drei Plätze von Rang 12 auf Rang 9 - "für diese Leistung hätte er nicht die goldene, sondern die Platin-Medaille verdient gehabt", sagte Hermann Maier, als von der Sonne Begünstigter auf Rang sechs der beste Österreicher. Allein - die Mühe war vergebens, Walchhofer wurde wieder auf Rang 12 zurückgestuft.

Kanadische Abfahrts-Tradition

Kucera führte unterdessen die große Tradition der kanadischen Abfahrer fort. Früher hieß die Mannschaft um Steve Podborski und Ken Read "Crazy Canucks", Gold aber haben sie nie gewonnen. Dazu musste erst einer aus der aktuellen, von Read geförderten Generation kommen, die sich außerdem "Canadian Cowboys" nennt.

Wesentlich erfolgreicher waren bislang die Frauen mit dem Ahornblatt. Nur sechs Jahre ist es her, dass Melanie Turgeon in St. Moritz die Weltelite düpierte und ebenfalls Abfahrtsgold gewann. Ken Read, zwischenzeitlich Präsident des kandischen Ski-Verbandes, war 1976 beim ersten seiner fünf Abfahrtserfolge immerhin der jüngste Gewinner einer Weltcup-Abfahrt.

"Wir sind hart arbeitende Jungs"

Zu den Cowboys gehören auch Erik Guay, der zwischenzeitlich eine halbe Sekunde vor Kucera lag, dann aber im Zielhang stürzte. Oder Jan Hudec, WM-Zweiter von 2007, der ebenfalls in die Fangnetze flog.

Prominentestes Mitglied ist nun Kucera, der im Weltcup dreimal unter die Top Drei fuhr und dabei einmal siegte, im Dezember 2006 in Lake Louise - jeweils im Super-G.

Der Spitzname "beschreibt uns als Gruppe sehr gut", erklärte Kucera: "Wir sind hart arbeitende Jungs, wir machen das, was wir tun, mit Hingabe, und wir wollen auch gar nichts anderes machen."

Das Logo der "Canadien Cowboys" hat es auch in sich: Ein Totenkopf mit Cowboyhut und Tuch vor dem Mund und zwei gekreuzten Skiern im Hintergrund.

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